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# taz.de -- Bundeshack und Sicherheitsdiskurs: Danke, russische Hacker!
> Die Regierung lässt sich von der AfD vor sich her treiben, wenn es um
> „Sicherheit“ geht. Nun muss sie zugeben: Absolute Sicherheit gibt es
> nicht.
Bild: Liebt auch Hack: deutscher Schäferhund
Ist im Fall des „Bundeshack“ irgendwas sicher? Ja: Dass absolute Sicherheit
ein Fetisch ist, mehr nicht. Genau das zeigt die mutmaßlich russische
Hackergruppe „Snake“, wenn sie, wie es nun heißt, wohl schon seit Monaten
das deutsche Regierungsnetz attackiert, das bisher als besonders sicher
galt.
Nun zu den Unsicherheiten: „Mutmaßlich russische Hacker“, „wohl schon se…
Monaten“, „das Regierungsnetz, das als besonders sicher galt“. Die
bisherigen Erkenntnisse beim Bundeshack erschöpfen sich in Mutmaßungen,
Spekulationen, Andeutungen und Vermutungen.
Aus der zunächst verdächtigten Hackergruppe „APT28“ wurde nun nach Angaben
nicht näher spezifizierter deutsche „Sicherheitskreise“ „Snake“, eine
Gruppe, die auch unter dem Namen „Turla“ [1][oder „Uruburos“] bekannt s…
soll und die, je nach Quellenlage, dem russischen Geheimdienst FSB
[2][nahesteht] oder [3][ein Teil davon ist].
Im Dezember soll bekannt geworden sein, dass es einen Angriff aufs deutsche
Regierungsnetz gibt, zu diesem Zeitpunkt lief er aber wohl [4][schon einige
Zeit]. Ein „ausländischer Partnerdienst“ soll die Bundesregierung
informiert haben, die wiederum bis zum Donnerstag dieser Woche wartete, um
die Abgeordneten des Bundestages und des Geheimdienstausschusses ins Bild
zu setzen.
Unklar bleibt zudem, ob in all dieser Zeit Daten aus dem Regierungsnetzwerk
entwendet wurden und wenn ja, welche es sind. Ein Dokument mit
Russland-Bezug aus dem Auswärtigen Amt soll betroffen sein. Klar hingegen
ist nach alldem, dass die Behauptung des Innenministeriums, die deutsche
Regierungs-IT sei „besonders sicher“ [5][in den Bereich der Mythen gehört].
Der attackierte Informationsverbund entspreche zwar halbwegs dem Stand der
üblichen IT-Security. „Aber der ist insgesamt nicht gut“, [6][sagte Frank
Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs]. „Die IT-Systeme sind derzeit
wie eine Wasserleitung, bei der an unendlich vielen Stellen das Wasser
rausspritzt. Und es wird viel darüber gestritten, ob man die Lecks mit
blauem oder rotem Heftpflaster abdichtet. Wir benötigen aber eine neue
Leitung.“
## Mit Unsicherheit leben
Eine neue Leitung ist gut, im Sicherheitsdiskurs nicht länger auf der
Leitung zu stehen wäre besser. Es ist an der Zeit, den russischen Hackern
(sofern sie es überhaupt waren) zu danken. Danke für den Hack. Danke für
die Aufregung. Danke auch für all die Nachbesserungen, die nun kommen
werden. Vor allem aber: Danke dafür, dass ihr gezeigt habt, dass ein Staat,
der im seit Jahren anhaltenden Überbietungswettbewerb um „Sicherheit“ stets
glaubte, politisch etwas gewinnen zu können, in seinen heiligsten Hallen,
den Ministerien und Bundesämtern, angreifbar ist und nicht mal dort
Sicherheit garantieren kann.
Die Unionsparteien und die SPD lassen sich seit Monaten von der AfD vor
sich her treiben, wenn es um „Sicherheit“ geht. Egal ob bei der
[7][Terrorabwehr], beim [8][Grenzschutz], bei der neuerlichen
[9][Aufrüstung von Polizei und Militär] inklusive dem „[10][Cyber-Kommando�…
der Bundeswehr] – kaum erwacht ein AfD-Hinterbänkler mal wieder voller
Furcht vor der gefährlichen Welt, die ihm im Traum erschien, und krakeelt
sein gefühltes Sicherheitsbedürfnis frühmorgens zum Fenster heraus, schon
ist die Bundesregierung da, plant Neuerungen, [11][verteilt Ressourcen um],
[12][verschärft Gesetze].
Alles andere könnte ja „die Bevölkerung verunsichern“, sagte Innenminister
Thomas de Maizière in einer vielzitierten und [13][oft verspotteten
Pressekonferenz] im Jahr 2015 nach einem Terroralarm in Hannover. Schon
damals war klar: Wer so redet, erreicht genau das Gegenteil.
„Bevor ihr den Menschen predigt, wie sie sein sollen, zeigt es ihnen an
euch selbst,“ schrieb einst der russische Dichter Fjodor Dostojewski.
Russische Hacker (sofern sie es überhaupt waren) haben es in diesem Sinne
der Bundesregierung leicht gemacht, von nun an mit gutem Beispiel
voranzugehen und das zu sagen, was ohnehin alle wissen: Es gibt keine
absolute Sicherheit.
2 Mar 2018
## LINKS
[1] http://www.bundeswehr-journal.de/2018/lange-geplant-hacker-angriff-auf-das-…
[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/hackerangriff-behoerden-vermuten…
[3] https://twitter.com/pmaldre/status/961622698907652097
[4] /Domscheit-Berg-zu-Hackerangriff/!5488581/
[5] /IT-Experte-ueber-Cyberangriff/!5488598/
[6] http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2018-03/deutscher-bundestag-spionage…
[7] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-11/innere-sicherheit-deutsche-p…
[8] http://www.handelsblatt.com/my/politik/international/geschacher-um-beitraeg…
[9] /!5382372/
[10] http://www.zeit.de/digital/internet/2017-04/cyber-armee-bundeswehr-ursula-…
[11] /!5387916
[12] /!5290780/
[13] /!5249732/
## AUTOREN
Maik Söhler
## TAGS
Sicherheit
Hackerangriff
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