# taz.de -- Kommentar Dieselverbrecher: Schlimmer als die Atomindustrie | |
> Die Auto-Bosse sind Verbrecher. Der Bund könnte sie zwingen, in einen | |
> Fonds zur Absicherung der durch sie produzierten Risiken einzuzahlen. | |
Bild: Interesse am „Weiter so“: VW vor dem Kieler Rathaus | |
Wahrscheinlich hätte die Stadt Kiel sich aus freien Stücken für die | |
PTV-Group entschieden, als sie ein Verkehrsgutachten brauchte. | |
Wahrscheinlich ist PTV ein total honoriges Unternehmen, mit geballter | |
Fachkompetenz und allein den Interessen seiner Auftraggeber verpflichtet. | |
Das einzige Problem ist allerdings ein doppelt- bis dreifaches: dass PTV | |
zum VW-Konzern gehört – und von eben diesem beauftragt und bezahlt wird. | |
Wie gerade bekannt wurde, sind Diesel-Abgase für geschätzt 50.000 verlorene | |
Lebensjahre verantwortlich – in einem Jahr, und allein in Deutschland. 2014 | |
starben 6.000 Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die auf die | |
dauerhafte Überbelastung mit Stickoxiden zurückgehen. Und die deutsche | |
Autoindustrie hat beim Stickoxid-Ausstoß über Jahre gezielt betrogen. Die | |
Autobosse sind Verbrecher, die zur Rechenschaft gezogen werden müssen. | |
Da ist es schon fast ulkig, wenn die Bundesregierung zulässt, dass sie sich | |
stattdessen als Wohltäter der notleidenden Kommunen gerieren dürfen, indem | |
sie ihnen Verkehrsstudien „schenken“. Dass sie die an eigene Firmen | |
vergeben, also das auf der einen Seite ausgegebene Geld auf der anderen | |
selbst wieder einnehmen, ist dabei das kleinste Übel. | |
Das größere ist, dass niemand glaubt, die Ergebnisse könnten seriös sein, | |
und Kiel deswegen eine weitere Studie selbst finanzieren muss. Teile der | |
Kosten werden wiederum an die VW-Tochter gehen, die die nötige Software | |
entwickelt hat. Ein Bombengeschäft. | |
## Fonds-Modelle wären weniger verdächtig | |
Wäre es auch anders gegangen? Klar. Die Autoindustrie hätte einen Fonds | |
auflegen können, aus dem Kommunen Mittel für Studien durch Firmen ihrer | |
Wahl abrufen könnten. Dann wäre zumindest der Verdacht vom Tisch, schon die | |
Vergabe sei interessengeleitet. | |
Aber natürlich hätte die Bundesregierung die Autobauer auch zwingen können, | |
in einen Fonds zur Absicherung der durch sie produzierten Risiken | |
einzuzahlen, den der Staat verwaltet – wie bei der Atomindustrie. Die hat | |
bisher in Deutschland noch nicht mal Tote zu verantworten. | |
9 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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