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# taz.de -- EuGH-Urteil zu Schiedsgerichten: Lieber keine Paralleljustiz
> Private Schiedsgerichte für Investoren aus EU-Staaten passen nicht zum
> EU-Recht. Der EuGH hat mit seinem Urteil einen langen Streit beendet.
Bild: Darf nicht beim Schiedsgericht zum Einsatz kommen
Freiburg taz | Abkommen zwischen EU-Staaten zum Investitionsschutz sind
unzulässig, wenn sie eine Streitschlichtung durch Schiedsgerichte vorsehen.
Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt in einem Grundsatzurteil
entschieden und damit einen langen Streit beendet.
Derzeit bestehen 196 bilaterale Investitionsschutzverträge zwischen
EU-Staaten (sogenannte Intra-EU-BITs), an zehn davon ist Deutschland
beteiligt. Diese Abkommen wurden in der Regel Anfang der 1990er Jahre
geschlossen, als die osteuropäischen Staaten die Marktwirtschaft
einführten, aber noch nicht zur EU gehörten. Sie sehen vor, dass ein
ausländischer Investor ein privates Schiedsgericht anrufen kann, wenn er
sich von dem Staat, in dem er investiert hat, unfair und ungerecht
behandelt fühlt.
Die EU-Kommission setzt sich schon seit einigen Jahren dafür ein, diese
Abkommen abzuschaffen. Es sei eine Diskriminierung, wenn sich in den neuen
EU-Staaten nur Unternehmen aus manchen alten EU-Staaten auf speziellen
Investorenschutz berufen können. Die Kommission hat sogar
Vertragsverletzungsverfahren gegen einige Staaten eingeleitet, auf die es
nun aber nicht ankam. Der EuGH entschied in einem ganz konkreten Fall, in
dem es um ein Investitionsschutzabkommen ging, das die Niederlande 1991
noch mit der Tschechoslowakei geschlossen hatte und an das auch die heutige
Slowakei gebunden ist.
Als die Slowakei 2004 in der Regierungszeit des liberalen Mikuláš Dzurinda
ihren Markt für in- und ausländische private Krankenversicherungen öffnete,
gründete der niederländische Versicherungskonzern Achmea (früher Euroko)
dort eine Niederlassung.
## Der EuGH gab nun der Slowakei recht
Doch 2006 gewann der Linkspopulist Robert Fico die Parlamentswahlen und
nahm die Liberalisierung teilweise zurück. Gewinne aus der
Krankenversicherung durften nun nicht mehr ins Ausland transferiert werden.
Dagegen klagte Achmea – und berief sich auf das Abkommen von 1991. Über die
Klage entschied zunächst ein privates Schiedsgericht in Frankfurt am Main.
Die dortigen Richter sprachen Achmea Schadenersatz in Höhe von 22,1
Millionen Euro plus Zinsen zu.
Die Slowakei akzeptierte das nicht und griff den Schiedsspruch vor
staatlichen deutschen Gerichten an. Dabei stellte sie das ganze
Schiedsverfahren infrage. 2016 legte der Bundesgerichtshof den Streit dem
EuGH vor.
Der EuGH gab nun der Slowakei recht: Die bilateralen Schiedsklauseln
verstoßen gegen EU-Recht. Die EU-Regeln zur Freizügigkeit für Kapital und
Unternehmen müssen einheitlich durch den EuGH ausgelegt werden. Ein
privates Schiedsgericht könne dem EuGH aber keine Streitfragen vorlegen.
Auch die Kontrolle der Schiedsgerichte durch staatliche Gerichte sei nur in
manchen Staaten und auch dort nur begrenzt möglich.
Indirekt hat damit nun auch die EU-Kommission ihren Kampf gegen die
Intra-EU-BITs gewonnen. (Az.: C-284/16)
6 Mar 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
EuGH
Europäische Union
Investitionsschutz
Schiedsgericht
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CETA
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