| # taz.de -- Kommentar SPD-Vorsitz: Späte Erkenntnis | |
| > Wer noch ein Herz hat für diese Partei, ist wütend über die | |
| > Vorstandsdebatte. So wie Simone Lange, die jetzt kandidiert. Gut so! | |
| Bild: Eine Gegenkandidatin gehört zur demokratischen Kultur: Simone Lange nimm… | |
| Warum nicht gleich so? Martin Schulz ist endgültig zurückgetreten. Statt | |
| Andrea Nahles übernimmt die Aufgaben des SPD-Vorsitzenden erst mal ein | |
| Stellvertreter, [1][aller Wahrscheinlichkeit nach Olaf Scholz], bis die | |
| neue Parteichefin auf dem nächsten Parteitag im April gewählt wird. Ist ja | |
| nur logisch, denkt man da, wozu gibt es denn sonst stellvertretende | |
| Vorsitzende, wenn nicht für diesen Fall? | |
| Aber mit Logik, zumal mit einer, der die meisten Leute folgen können, hat | |
| es die SPD derzeit nicht so. Das Chaos der letzten Wochen ließ bald auch | |
| die Hauptstadtpresse ratlos zurück, von WählerInnen ganz zu schweigen. Auch | |
| die Partei selbst verstand nicht mehr, was ihre Spitze da eigentlich | |
| veranstaltete, sah Schulz’ Herumpurzeln zwischen Gut gemeint und Schlecht | |
| gemacht hilflos zu. | |
| Und so musste erst [2][die Oberbürgermeisterin von Flensburg kommen] und | |
| ein Machtwort sprechen, das da lautete: “Die da oben entscheiden einfach – | |
| das gab es zuletzt zu oft“, so schlicht sagte Simone Lange es [3][im Zeit | |
| Online-Interview] – und kandidierte folgerichtig selbst. | |
| Dass es wenigstens eine Konkurrentin zu Andrea Nahles geben wird, | |
| wenngleich auch eher mit symbolischen Chancen, ist eigentlich eine | |
| demokratische Selbstverständlichkeit. Aber wenn man vor einem Jahr noch | |
| einen Vorsitzenden mit 100 Prozent gekürt hat, gerät das womöglich schnell | |
| in Vergessenheit. | |
| Langes Worte machten deutlich, was die grundfalsche SPD-Politik der letzten | |
| Zeit war und vor allem das grundsätzliche Problem von Martin Schulz: | |
| Entscheidungen treffen, den Laden mal richtig aufräumen, so dachte er sich | |
| das wohl. Es funktionierte nicht. Es ehrt Schulz, dass er den Gewaltritt, | |
| der das letzte Jahr für ihn gewesen sein muss, so lange durchgehalten hat. | |
| Aber seinen Rücktritt anzukündigen, diesen dann lange nicht zu vollziehen, | |
| die Nachfolgerin mit gutmütigem Stolz aber gleich mitzuliefern, das mag in | |
| Brüssel oder im Bowlingverein gehen, aber nicht in der SPD. Zumindest nicht | |
| mehr im Jahr 2018. | |
| ## Eine von vielen | |
| Denn es bewegt sich was, die SPD erneuert sich tatsächlich – aber nicht, | |
| weil jemand im Willy-Brandt-Haus sich einen tollen Hashtag ausgedacht hat, | |
| sondern weil dort vieles so dermaßen falsch lief, dass man richtiggehend | |
| wütend werden muss, wenn man noch ein Herz hat für diese Partei. Simone | |
| Lange ist eine von vielen. | |
| Denn das Absurde ist ja: Schulz hatte mit seinem Rückzug vom | |
| Kabinettsposten ablenken wollen von Personaldebatten. Das ging schief, weil | |
| es kein kompletter und kein durchdachter Rückzug war. Auf Postenebene hatte | |
| Schulz in den Koalitionsverhandlungen erstaunlich viel für die SPD | |
| herausholen können, das hat womöglich auch den personalpolitischen Elan der | |
| SPD-Spitze in Sachen Parteiämter etwas zu sehr beflügelt. Die Basis | |
| interessiert viel eher, was die SPD beim Inhaltlichen durchsetzen konnte. | |
| Dass dieses Mitgliedervotum jetzt noch für eine Regierungskoalition mit | |
| SPD-Beteiligung ausfällt, dafür werden Nahles und Co sich sehr, sehr | |
| anstrengen müssen. Unter einer flächendeckenden Deutschlandtournee geht | |
| jetzt nichts mehr. Es war ein eher unauffällig wirkender Satz, in dem sich | |
| die ganzen inneren Missverständnisse der SPD spiegelten: Er lautete: „Die | |
| SPD kann nicht führungslos bleiben“ und kam von Malu Dreyer. Die SPD war ja | |
| zum Zeitpunkt von Dreyers Aussage gar nicht führungslos, aber sie verhielt | |
| sich schon so, obwohl Schulz ja noch im Amt war, wenngleich er es besser | |
| nicht mehr gewesen wäre. | |
| Die nächsten (möglichen!) Schritte schon zu denken, ist ja nicht falsch. | |
| Aber sie dann gleich auszusprechen, auch noch entsprechend zu handeln, | |
| während die Menschen im Land mit einmal am Tag Tagesschau gucken unmöglich | |
| hinterher kommen können – und man sich noch dazu gar nicht sicher sein | |
| kann, ob das Organisationsstatut der Partei es überhaupt hergibt! –, das | |
| geht nicht. Merkt jetzt auch Malu Dreyer: Laut Wahltrend von Spiegel Online | |
| liegt die SPD [4][nur mehr bei 17 Prozentpunkten Zustimmung]. | |
| Andrea Nahles wird all das anders machen müssen. Und sie wird es gut machen | |
| – aber sie muss dafür gewählt werden. Nicht von Martin Schulz, nicht vom | |
| Parteivorstand, sondern von der Basis beziehungsweise deren Delegierten. | |
| Diese Erkenntnis erreichte SPD jetzt dann doch. Wie schade, dass es mal | |
| wieder zu spät war. | |
| 14 Feb 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Parteivorsitz-der-SPD/!5484912 | |
| [2] /SPD-Politikerin-Simone-Lange/!5481460 | |
| [3] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-02/simone-lange-spd-parteivorsi… | |
| [4] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spon-wahltrend-umfrage-sieht-spd-… | |
| ## AUTOREN | |
| Johanna Roth | |
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