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# taz.de -- Hausbesetzer in Leipziger Bahngebäude: Keine Räumung um jeden Pre…
> Seit fast zwei Jahren ist ein früheres Umspannwerk besetzt. Für den Fall,
> dass die Polizei zur Räumung anrückt, drohen die Aktivisten mit Gewalt.
Bild: Mit markigen Sprüchen gegen die Räumung – bisher funktioniert diese S…
Leipzig taz | Wenn in den vergangenen Jahren in Leipzig politische
Aktivisten eine Besetzung starteten, dann war diese meist nach wenigen
Tagen beendet. Im März 2016 beispielsweise nahmen die Unterstützer der
„Social Center“-Kampagne die ehemalige Führerscheinstelle in der
Platostraße in Besitz, um dort selbstverwalteten Raum für Geflüchtete und
marginalisierte Gruppen zu schaffen. Nach einem Gespräch mit
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) verließen sie das Haus wieder.
Ähnlich unspektakulär endete im vergangenen Juli eine Besetzung in
Plagwitz: Dort waren einige Wagenbewohner mit ihren Fahrzeugen auf ein
ungenutztes Gelände gefahren; als nach etwa einer Woche die Polizei kam,
verließen sie den Ort widerstandslos.
Was sich momentan auf einem etwa 10.000 Quadratmeter großen Grundstück der
Deutschen Bahn im Leipziger Süden abspielt, ist daher für hiesige
Verhältnisse eine Besonderheit. Seit mehr als anderthalb Jahren wohnt eine
unbekannte Zahl von Personen im ehemaligen Umspannwerk in der
Arno-Nitzsche-Straße. Das Areal umfasst ein großes und mehrere kleine
Gebäude sowie eine größere Freifläche.
Die Bahn hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr um ihr
Eigentum gekümmert. In einem Brief an die Besetzer vom Sommer 2016
bezeichnete das Staatsunternehmen die Gebäude als „desolat, marode und
teilweise einsturzgefährdet“. Unter anderem deshalb forderte die Bahn die
unerwünschten Gäste zur Räumung auf.
## Zivilrechtlicher Weg ohne Erfolg
Doch diese weigern sich bis heute, das von ihnen „Black Triangle“ genannte
Grundstück zu verlassen. Stattdessen wollen sie es sanieren, um Wohn- und
Kulturraum zu schaffen. Kino, Sauna, Umsonstladen und Bandproberaum
existieren bereits. Regelmäßig finden Veranstaltungen wie Konzerte und
Kochabende statt.
Seit etwa einem halben Jahr ist es wieder etwas ruhiger um das „Black
Triangle“ geworden. Damals hatten die Besetzer damit gerechnet, dass die
Polizei das Gelände bald räumen könnte. Ein „Räumungs-Ticker“ informier…
potenzielle Unterstützer im Internet über Solidaritätsaktionen und die
Polizeipräsenz in der Nähe des Grundstücks. Doch seitdem passierte –
nichts.
Die Deutsche Bahn äußerte sich von Anfang an nur sehr zurückhaltend über
ihren Umgang mit den Besetzern. Ob sie sich mittlerweile eine Duldung
vorstellen könne oder weiterhin eine Räumung anstrebe, ließ die Bahn auf
Anfrage offen. „Grob gesagt gibt es zwei Wege, auf denen der Eigentümer
eines Grundstücks die Besetzung beenden kann“, erklärt Ralph Zimmermann,
der an der Universität Leipzig Staats- und Verwaltungsrecht lehrt. „Den
zivilrechtlichen und den öffentlich-rechtlichen Weg.“
Den zivilrechtlichen Weg ist die Deutsche Bahn bereits gegangen – ohne
Erfolg. Bereits im Sommer 2016 hatte sie eine einstweilige Verfügung zur
Räumung erwirkt. Die Gerichtsvollzieherin lehnte die Zustellung jedoch ab.
Sie begründete ihre Weigerung damit, dass die Besetzer nicht zweifelsfrei
zu identifizieren seien, also dass etwa zwischen dauerhaft Anwesenden und
Besuchern nicht unterschieden werden könne. Zuletzt bestätigte der
Bundesgerichtshof diese Sichtweise und wies eine Rechtsbeschwerde der Bahn
zurück.
## Mit martialischen Botschaften gegen die Räumung
Da zivilgerichtliche Hilfe nicht mehr zu erwarten sei, dürfen laut
Zimmermann nun die Polizeibehörden einschreiten. Ob das tatsächlich
passieren wird, ist aber offen. Während die Dauer der Besetzung und das
sozialpolitische Anliegen der Besetzer keine Rolle spielen, könnte ein
anderer Faktor entscheidend sein: „Die Polizei muss von einer zwangsweisen
Räumung absehen, wenn diese mit massiven Ausschreitungen verbunden ist und
damit nur unter Leibes- und Lebensgefahren für die handelnden Beamten
durchzuführen wäre“, erklärt Zimmermann.
Bislang haben die Besetzer stets betont, dass sie das Grundstück nicht
freiwillig verlassen wollen. Auf Twitter verbreiten sie martialische
Botschaften wie „Räumt – wenn ihr wollt, dass die Stadt brennt!“. Schon
2016 verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf Bahneigentum, um sich nach
eigener Darstellung mit dem „Black Triangle“ zu solidarisieren.
Entscheidend für die Zukunft des Projekts könnte also die Frage sein, wie
gewaltbereit die Polizei die Besetzer und deren Unterstützer einschätzt.
25 Feb 2018
## AUTOREN
René Loch
## TAGS
Schwerpunkt taz Leipzig
Hausbesetzung
Linke Szene
Deutsche Bahn
Räumung
Kreuzberg
Friedel54
Häuserkampf
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