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# taz.de -- Sozi für Cannabis-Freigabe: Der Dampfplauderer
> Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh fordert die Freigabe von
> Cannabis. Recht hat er – aber warum tut er das? Ein Kommentar – und eine
> Chronologie.
Bild: Hat auch ohne Kiffen immer gute Ideen: Raed Saleh
## Ein gut platziertes Statement
Es gibt mehr als einen guten Grund für die Legalisierung von Cannabis und
Haschisch. Zum Beispiel den, dass diese Drogen ohnehin von einem nicht
unerheblichen Teil der Bevölkerung seit Jahr und Tag genossen werden. Oder
den, dass die andauernde Kriminalisierung einen mafiösen Schwarzmarkt
befördert, den man auf einen Schlag loswerden würde.
Da kommt aus heiterem Himmel Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der Berliner
SPD, und erklärt am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa, auch er sei für
den freien Verkauf von Cannabis in Apotheken.
Keine Frage, das Statement ist gut platziert: Am heutigen Donnerstag wird
im Bundestag auf Antrag von Linken, Grünen und FDP über die Freigabe
diskutiert. Mediale Aufmerksamkeit ist dem SPD-Mann aus Spandau daher
sicher. Zumal er mit der Position quer zur Mehrheitsmeinung in seiner
Partei liegt und auch sein Regierender Bürgermeister die Sache anders
sieht. Aber das hat ihn ja noch nie gestört – im Gegenteil, möchte man
meinen.
Dennoch würde es zu weit gehen zu behaupten, dass sich Saleh, der selbst
nicht im Verdacht steht, Anhänger verbotener Substanzen zu sein, nur aus
Mediengeilheit beim linksalternativen Milieu anbiedern will. Im Gegenteil
führt er ein Argument an, das ihn weniger als Genussmenschen oder
libertären Geist outet denn als Ordnungspolitiker und Freund der Polizei,
als der er sich bekanntlich schon lange geriert. „Es ist verrückt, dass
Polizisten kiffenden Touristen in Berlin hinterherlaufen, statt sich auf
die Kriminalitätsbekämpfung zu konzentrieren“, sagt Saleh. Polizisten
würden für andere Aufgaben gebraucht.
Dieses Argument haben inzwischen sogar die Polizisten selbst entdeckt. Der
Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte kürzlich ebenfalls ein Ende
des Cannabis-Verbots in Deutschland. Und auch die Berliner Polizei dürfte
erleichtert gewesen sein, als Rot-Rot-Grün vor nicht allzu langer Zeit das
Projekt „Null Toleranz“ im Görlitzer Park für beendet erklärte, wo Aufwa…
und Ergebnis weiß Gott in keinem günstigen Verhältnis standen.
Man mag zu Saleh stehen, wie man will: Die Debatte, ob und welche
Bagatelldelikte sanktioniert gehören oder nicht, muss geführt werden. Nicht
nur, aber auch weil dies Polizei (und Justiz) die Arbeit erleichtern würde.
Dazu können sich ruhig ungewöhnliche Bundesgenossen wie Kiffer und
Polizisten(freunde) zusammentun. (sum)
Der Kampf um den Hanf – eine Chronologie
August 1997 Mehrere Zehntausend Menschen ziehen bei der ersten Hanfparade
durch die Hauptstadt der Kiffer. Sie fordern die Abschaffung des
Betäubungsmittelgesetzes und Nutzung von Hanf als Rohstoff, Arzneimittel
und Genussmittel.
August 2002 Grünen-Urgestein Hans-Christian Ströbele ruft auf der
Hanfparade: „Gebt das Hanf frei! – Und zwar sofort!“ Stefan Raab
verarbeitet die Forderung zu einem Song und schafft es damit bis auf Platz
4 der Charts.
Dezember 2014 Die innen- und gesundheitspolitischen Sprecher der SPD, Frank
Zimmermann und Thomas Isenberg, senden erste Rauchzeichen und fordern den
Einstieg in die Legalisierung. Die Fraktion fragt kurz darauf in einem
Hearing: „Eine neue Cannabispolitik ist nötig?“
März 2015 Entgegen der Berliner Praxis, Verfahren bei einem Eigenbesitz bis
zu 15 Gramm einzustellen, erklärt die CDU den Görlitzer Park zur
Null-Toleranz-Zone. Jeder, der dort von der Polizei mit Cannabis
angetroffen wird, wird von der Staatsanwaltschaft verfolgt.
Juni 2015 Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg will einen regulierten
Marihuana-Verkauf und stellt einen entsprechenden Antrag an das
Bundesinstitut für Arzneimittel.
Juli 2015 Die Grünen-Fraktion reicht einen Antrag zur kontrollierten Abgabe
von Cannabis ein. Die regierende CDU sagt in Person des Generalsekretärs
Kai Wegner dagegen: „Mit uns als Union wird der Staat niemals zum Dealer.“
Oktober 2015 In Xhain wird es keine Coffeeshops geben. Das Bundesinstitut
für Arzneimittel weist den Antrag zurück.
November 2015 Die SPD befragt ihre Mitglieder. Eine knappe Mehrheit spricht
sich gegen eine Cannabis-Freigabe aus.
November 2016 Grüne und Linke setzen im Koalitionsvertrag mit der SPD ein
wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von
Cannabis durch. „Ein Meilenstein“, kommentiert der Sprecher des
Hanfverbandes.
Februar 2017 Erneutes Hearing der SPD-Fraktion, diesmal ohne Fragezeichen:
„Eine neue Cannabispolitik ist nötig!“
März 2017 Der Bundestag beschließt, dass Ärzte Cannabis verschreiben
dürfen. In Apotheken kommt es zu Engpässen.
März 2017 Günther Jonitz, Präsident der Berliner Ärztekammer, spricht sich
für eine Liberalisierung aus, die nicht mehr aufzuhalten sei: „Der Turning
Point ist überschritten.“
Oktober 2017 Die rot-rot-grüne Landesregierung schafft die
Null-Toleranz-Zone im Görli ab; der Besitz kleinerer Mengen Cannabis ist
wieder straffrei. (epe, plu)
22 Feb 2018
## AUTOREN
Susanne Memarnia
Erik Peter
Plutonia Plarre
## TAGS
Cannabis
Hanf
Prohibition
SPD Berlin
Raed Saleh
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Umsatz
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Raed Saleh
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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