# taz.de -- Barrierefreier Nahverkehr: Sprechende Busse und Bahnen | |
> Die BVG will blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zum | |
> öffentlichen Personennahverkehr erleichtern. Dazu sollen die Fahrzeuge | |
> sprechen. | |
Bild: Wann kommt die Bahn? Ansagen für Blinde und Sehbehinderte bald per Druck… | |
Sprechende Fahrzeuge und Haltestellen sollen in Zukunft blinden und | |
sehbehinderten Menschen helfen, sich im öffentlichen Nahverkehr zu | |
orientieren. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) testen ab Montag | |
akustische Informationssysteme auf den Linien M4 und 186. Ein Jahr lang | |
werden verschiedene technische Lösungen von einer Gruppe blinder, | |
sehbehinderter und sehender Personen im alltäglichen Betrieb getestet. | |
Selbstbestimmte Mobilität sei Grundvoraussetzung für Teilhabe an der | |
Gesellschaft, erklärte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) auf | |
einer Pressekonferenz der BVG. Gemeinsam mit der Senatsverwaltung für | |
Integration wolle man daher in den kommenden zwei Jahren 70 Millionen Euro | |
für den Ausbau der Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr zur | |
Verfügung stellen. | |
Bis Ende April werden insgesamt zehn Busse und zehn Straßenbahnen sowie 13 | |
Haltestellen mit den Testsystemen ausgestattet, teilte | |
BVG-Vorstandsvorsitzende Sigrid Nikutta mit. An den ausgewählten | |
Haltestellen werde es einen Informationsknopf geben, über den ankommende | |
Bahnen und Wartezeiten abgefragt werden können. | |
Die Fahrzeuge verkünden zusätzlich über Lautsprecher Fahrtrichtung und | |
Liniennummer. Darüber hinaus liest eine Smartphone-App auf Wunsch die | |
Informationen erneut vor. Welche der Lösungen am Ende flächendeckend | |
eingesetzt werden kann, sei noch unklar, so Nikutta. Dies herauszufinden | |
müsse Ziel des zwölfmonatigen Tests sein. | |
Tester*innen in eigener Sache | |
Christine Braunert-Rümenapf, Landesbeauftragte für Menschen mit | |
Behinderung, hält eine Kombination aus verschiedenen Systemen für sinnvoll. | |
Während eine App Touristen ermögliche, sich im Vorfeld über Anbindungen und | |
Fahrzeit zu informieren, seien die Haltestellen notwendige Fixpunkte für | |
regelmäßige Fahrgäste in ihrem Alltag. Sehr erfreut zeigte sich | |
Braunert-Rümenapf über die „Tester und Testerinnen in eigener Sache“. Nur | |
sie könnten letztlich entscheiden, ob die Lösungen für sie auch | |
funktionieren. | |
Einer dieser ehrenamtlichen Tester ist Manfred Scharbach. Er ist | |
Geschäftsführer des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin | |
(ABSV) und saß bereits in der Arbeitsgruppe des Modellprojekts. Als | |
wichtigstes Lösungssystem sieht Scharbach das sprechende Fahrzeug. | |
Technische Systeme an den Haltestellen seien immer auch der Gefahr von | |
Vandalismus ausgesetzt. | |
Weniger relevant ist für Scharbach die Smartphone-App. Ziel sei eine | |
freihändige Mobilität, zumal sich in einer Hand oftmals der weiße Langstock | |
befindet. Außerdem erfordere eine App sowohl den Besitz eines Smartphones | |
als auch technisches Verständnis, es zu bedienen. Und schließlich wolle man | |
auch mal das Handy daheim vergessen können. | |
Bei den Tests in den kommenden Monaten spielen Sprachqualität und | |
Lautstärke eine wichtige Rolle. Ansagen müssen gut hörbar und klar | |
verständlich sein, jedoch nicht so laut, dass sie Anwohner*innen belästigen | |
könnten. Für Scharbach muss daher eine Lösung her, die auf Verständnis von | |
allen Seiten angelegt ist. Gleichzeitig betont er: „Ich möchte nicht | |
dauerhaft um Verständnis bitten müssen.“ | |
12 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniel Stoecker | |
## TAGS | |
Blinde Menschen | |
Sehbehinderte | |
BVG | |
Gesellschaftliche Teilhabe | |
Straßenbahn | |
Barrierefreiheit | |
Mobilität | |
S-Bahn Berlin | |
Verkehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bündnis Pro Straßenbahn: Aufbruch in den Westen | |
Kommende Generationen sollen mit der Tram durch ganz Berlin fahren. Das | |
Bündnis Pro Straßenbahn hat dazu ein „Zielnetz 2050“ vorgelegt. | |
Inklusion im Internet: Jede Barriere sperrt Behinderte aus | |
Einer unserer Autoren ist blind, der andere gehörlos. Wie viele andere | |
bewegen sie sich viel im Netz. Zwei Erfahrungsberichte. | |
Mobilität in Kreuzberg: Mit der Rikscha durch den Kiez | |
Ehrenamtliche Radler sollen Menschen mit eingeschränkter Mobilität Wege im | |
Alltag erleichtern. Unser Autor ist mitgefahren. | |
Interview zur Zukunft der Berliner S-Bahn: „Am besten in öffentlicher Hand“ | |
Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz plädiert dafür, dass ein neues | |
landeseigenes Verkehrsunternehmen den Betrieb der Berliner | |
S-Bahn-übernimmt. | |
Werbekampagne der BVG: Warten auf den nächsten Witz | |
Die BVG verkauft Turnschuhe und ihre Schwächen in lustigen Videos. Ist sie | |
deswegen witzig? Nicht wirklich. Am Ende bleibt das alles nur Marketing. |