Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Personaldebatte in der SPD: Noch nicht überstanden
> Am Dienstag könnte die SPD Fraktionschefin Andrea Nahles auch zur
> Parteichefin machen. Doch auch diese Personalie sorgt für Diskussion.
Bild: Ende Januar 2018 war in der SPD noch alles beim alten: Nahles, Fraktionsc…
Berlin/Bochum taz | Den GenossInnen kann die Entmachtung ihres Vorsitzenden
offenbar nicht schnell genug gehen. Nachdem Martin Schulz jüngst [1][zum
Verzicht auf einen Ministerposten im Kabinett] gezwungen wurde, soll er nun
baldmöglichst auch den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles
abtreten. Die will das SPD-Präsidium bereits am Dienstag zur
kommissarischen Parteichefin wählen, berichtet die Bild am Sonntag. Auch ob
Schulz noch bei der Werbetour für die Groko, die am kommenden Wochenende in
Hamburg startet, dabei sein wird, stand auf der Kippe.
Damit hätte die Partei die maximal mögliche Reißleine gezogen, um weiteren
Schaden durch den Schulz’schen „Wortbruch“ abzuwenden. Schulz hatte nach
der Bundestagswahl zunächst einen Ministerposten für sich selbst
ausgeschlossen, unmittelbar nach Vorstellung des Koalitionsvertrags
vergangene Woche aber das Außenministerium für sich beansprucht. Damit
hatte er sich heftige Kritik in der Partei eingehandelt, unter anderem vom
mächtigen Landesverband Nordrhein-Westfalen. SPD-Landeschef Michael
Groschek, Landtagsfraktionschef Norbert Römer und der Vorsitzenden der
NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post, sollen Schulz die katastrophale
Stimmung an der Basis nahegebracht haben – 24 Stunden später verkündete der
den Verzicht.
Als Königsmörder wollen die NRW-GenossInnen aber nicht dastehen. Sie tun
so, als hätte es kein Ultimatum gegeben: „Die Drohung, Martin Schulz
öffentlich zum Rückzug aufzufordern und damit zu schlachten, hat es von uns
nicht gegeben“, heißt es aus dem Landesverband.
Allerdings: Zuvor hatte es in Telefonkonferenzen, an denen der
NRW-Parteivorstand, Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie
Unterbezirksvorsitzende teilnahmen, massive Kritik an Schulz’
Karriereplänen gegeben. „Der hat Druck von allen Seiten bekommen“, erzähl…
GenossInnen, die dabei waren. „Das geht so nicht. Der Laden fliegt uns
auseinander“, habe es aus dem Ruhrgebiet geheißen. Dort fürchten viele
SPD-Oberbürgermeister, mit dem Verzicht auf die Bundesministerien für
Verkehr und für Bau habe ihre Partei auf die Möglichkeit verzichtet, ihre
maroden Kommunen wirksam zu unterstützen.
## Basis muss entscheiden
Über Schulz’ Einlenken zeigten sich die Genossen bundesweit erleichtert.
Gerade in der Parteiführung gab es viel Anerkennung für den Mann, den viele
als Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Partei sahen. Nun hofft die SPD, die
Personaldebatten hinter sich lassen und sich dem Mitgliederentscheid widmen
zu können. Bis 2. März können die rund 463.000 GenossInnen über den
Koalitionsvertrag abstimmen.
Die Zustimmung zum erneuten Regierungsbündnis mit der Union ist jedoch
alles andere als gewiss. Deshalb rief SPD-Vizechef Ralf Stegner die
GenossInnen dazu auf, sich, anstatt um Personal zu streiten, mit den
Inhalten des Koalitionsvertrags zu befassen. „Erst mal geht es darum, ob
unsere Mitglieder Ja sagen zu diesem Koalitionsvertrag, das ist schwierig
genug“, sagte Stegner am Samstag dem Sender NDR Info. SPD-Generalsekretär
Lars Klingbeil drohte sogar: „Wer meint, er müsste Personaldebatten vorher
anheizen und Foul spielen, der muss mit der Roten Karte rechnen.“
Einzig: Die Genossen halten sich nicht daran. Denn auch die Kür Nahles’ zur
Parteichefin sorgt für Diskussion. Die Parteilinke drängt darauf, über die
Schulz-Nachfolge in einer Urabstimmung zu entscheiden. „Es kann nicht sein,
dass der SPD-Vorsitz quasi unter der Hand vergeben und die Partei vor
vollendete Tatsachen gestellt wird“, sagte die Abgeordnete Hilde Mattheis
im Tagesspiegel am Sonntag.
Auch Familienministerin Katarina Barley empfahl am Samstag eine „direkte
Beteiligung“ der Mitglieder an der Schulz-Nachfolge. Auch im mächtigen
NRW-Landesverband, der mehr als ein Fünftel aller GenossInnen stellt,
grummelt es: Von einem „Alleingang“ ist die Rede. Schulz habe in NRW „mit
niemandem“ über seine Nachfolge gesprochen.
## „Eine Vertagung von Inhalten“
Dabei ist der Widerstand gegen die Groko auch ohne neue Personaldebatte
ungebrochen. Juso-Chef Kevin Kühnert startete am Freitag in Pirna und
Leipzig seine Nein-Kampagne und übte scharfe Kritik am Koalitionsvertrag.
Beim Thema Gesundheit etwa sei das Ziel der Ausstieg aus der
Zweiklassenmedizin gewesen. Herausgekommen sei eine Kommission, die sich
über Arzthonorare unterhalten soll. „Typisch Groko“, raunte Kühnert, „e…
Vertagung von Inhalten.“
Olaf Scholz hingegen warb am Sonntag beim Neujahrsempfang der Hamburger
SPD-Fraktion für das Bündnis. Der Parteivize soll Nahles bei der Werbetour
für die Groko begleiten. Auch Schulz soll dabei sein, hieß es am Sonntag
aus der SPD – „nach derzeitigem Stand“.
11 Feb 2018
## LINKS
[1] /Nach-dem-Amtsverzicht-von-Martin-Schulz/!5481030
## AUTOREN
Ralf Pauli
Andreas Wyputta
## TAGS
SPD-Basis
Kevin Kühnert
SPD
Andrea Nahles
Martin Schulz
SPD-Basis
SPD
SPD
Martin Schulz
## ARTIKEL ZUM THEMA
NoGroko-Tour durch Deutschland: Hunderte kommen zu Kühnert
Juso-Chef Kevin Kühnert macht während seiner Tour auch Station in Berlin.
In Kreuzberg argumentiert er energisch, bleibt aber sachlich.
Debatte SPD in der GroKo: Eine Partei schafft sich ab
Die SPD droht an Fehlern aus der Vergangenheit zu scheitern. Sie ist so
sehr mit ausbessern beschäftigt, dass Innovation keinen Platz mehr hat.
SPD-Politikerin Andrea Nahles: Die Boxerin
Die SPD beweist dieser Tage wieder ihr Talent zur Selbstzerfleischung. Wird
es Andrea Nahles gelingen, die Partei aus der Krise zu führen?
Kolumne Macht: Angst schlägt Anstand
Und Tschüss, Martin Schulz. Möchte man von einer Partei regiert werden, die
so mit ihrem einstigen Hoffnungsträger umspringt? Ich jedenfalls nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.