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# taz.de -- Kolumne Teilnehmende Beobachtung: Ein Haar am Nippel ist nur ein Ha…
> Auch emanzipierten Frauen sind Körpermakel immer noch peinlich. Dass das
> nicht so sein soll, zeigt eine Ausstellung in Leipzig
Bild: Zupfen oder nicht zupfen, das ist hier die Frage
Die heutige Beobachtung ist eine über mich selbst: Ich habe ein Haar neben
meinem rechten Nippel. Das ist nicht die eigentliche Beobachtung, ich kenne
es schon lange. Es ist auch kaum zu übersehen – lang, dick und dunkel ragt
es hervor. Regelmäßig zupfe ich es mit einer Pinzette heraus. Anfangs tat
es weh, mittlerweile spüre ich es kaum.
Vor Kurzem hat mein Freund zum ersten Mal jenes Haar entdeckt. Ich hatte
vergessen, es zu entfernen. Oje, war mir das peinlich: Meine
perfekt-haarlose, feminine Brust – entlarvt. Er fand es nicht eklig, es war
ihm lediglich neu. Dass mir mein einzelnes Haar peinlich war – und das
obwohl ich mich als feministisch und einigermaßen reflektiert bezeichnen
würde –, ist mir jetzt wiederum peinlich.
Wie lächerlich das Ganze doch ist, hat mir ausgerechnet ein Museumsbesuch
gezeigt. Die Ausstellung „Virtual Normality“ im Museum der bildenden Künste
zeigt Netzkünstlerinnen, die ziemlich offen mit ihrem Körper umgehen
(Ausstellungsbesprechung kommende Woche auf dieser Seite). Mit dabei ist
Molly Soda. Sie arbeitet nach dem Motto: Für was ich mich schäme,
veröffentliche ich im Netz. Das ist Molly Sodas Art, mit dieser Scham –
bezogen auf den eigenen Körper – umzugehen.
Molly Soda hätte also einfach ein Foto von jenem Nippel samt ausgewachsenem
Haar geschossen und es auf Instagram geteilt. Sie hätte damit gezeigt, was
im Jahr 2018 eigentlich allen klar sein sollte: Nein, auch Frauenkörper
sind nicht von Natur aus haarlos und schon gar nicht „perfekt“ im
Social-Media-Sinn. Leider wäre das Bild wohl nicht lange online geblieben,
denn Instagram löscht, was nicht den Richtlinien entspricht – unter anderem
weibliche Nippel, hervorblitzendes Schamhaar und Spuren von
Menstruationsblut.
Andere dafür zu belächeln, wie sehr sie Äußerlichkeiten aufsitzen, das geht
schnell. Doch auch ich renne wohl noch immer alten Schönheitsidealen
hinterher. Ein Haar an der Brust sollte einfach ein Haar sein. Damit steht
und fällt nicht die Weiblichkeit.
10 Feb 2018
## AUTOREN
Jana Lapper
## TAGS
Schwerpunkt taz Leipzig
Feminismus
Schönheitsnormen
Ausstellung
Social Media
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Körperkult
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