# taz.de -- Kandidaten zum EU-Beitritt: Brüssel lockt Westbalkan | |
> Favoriten für die EU-Erweiterung sind Serbien und Montenegro. Das Kosovo | |
> muss sich hinten anstellen. Doch die neuen Anwärter sind konfliktbeladen. | |
Bild: Markt in Belgrad, der Hauptstadt Serbiens. Das Land steht seit Jahren auf… | |
BRÜSSEL taz | Als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 die | |
Leitung der EU-Kommission in Brüssel übernahm, versprach er eine Pause bei | |
der Erweiterung. Die EU müsse erst ihr Haus in Ordnung bringen, bevor sie | |
neue Länder aufnehmen könne, so Juncker damals. Vier Jahre später klingt | |
das plötzlich ganz anders. | |
Bei einer Rede im Europaparlament in Straßburg ermunterte Juncker die | |
Länder des westlichen Balkans wortreich, sich auf einen Beitritt bis 2025 | |
vorzubereiten. Sie seien derzeit zwar noch „weit davon entfernt, die | |
Bedingungen zu erfüllen“. Doch bis 2025 könnten sie es schaffen: „Das ist | |
ein Ermunterungsdatum“, lockte Juncker. | |
Als Favoriten gelten Serbien und Montenegro, die bereits seit Jahren auf | |
der Shortlist der Kommission stehen. Auch Mazedonien und Albanien haben | |
bereits den begehrten Kandidatenstatus; sie sind zuletzt jedoch | |
zurückgefallen. Ganz hinten müssen sich Kosovo und Bosnien-Herzegowina | |
anstellen: Sie gelten nur als „potenzielle“ Kandidaten. | |
Zuletzt waren Bulgarien und Rumänien (2007) sowie Kroatien (2013) der EU | |
beigetreten. Bulgarien und Rumänien stehen bis heute unter besonderer | |
Aufsicht aus Brüssel, weil sie Korruption und organisiertes Verbrechen | |
nicht in den Griff bekommen. Kroatien streitet mit Slowenien über den | |
Verlauf der gemeinsamen Grenze; zum Jahreswechsel kam es deshalb zu | |
Spannungen an der Adria. | |
## Ärger, Spannungen, Streit | |
Auch die neuen Anwärter sind konfliktbeladen. Für Spannungen sorgt vor | |
allem das Kosovo. Die frühere serbische Provinz wird von Belgrad nicht | |
anerkannt. Spanien sperrt sich gegen einen möglichen Beitritt, weil es | |
darin einen Präzedenzfall für die nordspanische Region Katalonien sieht. | |
Ärger gibt es zudem zwischen Mazedonien und Griechenland; beide Länder | |
streiten um den historisch belasteten Namen. | |
Für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ist dies jedoch kein Grund, | |
den Beitritt in Frage zu stellen. „Der Westbalkan ist Teil Europas“, sagte | |
sie. „Wir teilen dieselbe Geschichte, dieselbe Geografie.“ Zuletzt habe | |
sich dies 2015 gezeigt, als Tausende Syrer (und Albaner) über die | |
Balkanroute in die EU kamen. | |
Ähnlich wie Juncker betonte Mogherini, dass 2025 keine „Deadline“ für den | |
Beitritt sei, sondern eine „realistische Perspektive“. Nach dem Austritt | |
Großbritanniens müsse die EU nicht auf 27 Mitglieder schrumpfen, sondern | |
könne wieder wachsen. Die nächsten Monate könnten einen „Wendepunkt“ in … | |
EU-Geschichte bringen. | |
Im Vergleich zu den großen Worten fallen die konkreten Versprechen der | |
Kommission aber eher mager aus. Am greifbarsten ist die Senkung der | |
Roaming-Gebühren. Hinzu kommen sechs Initiativen, die von der Förderung des | |
Rechtsstaats über Migration bis zur Aussöhnung und Lösung von | |
Grenzstreitigkeiten gehen. Als Vorbeitrittshilfen stehen in diesem Jahr | |
1,07 Milliarden Euro bereit. | |
## Deutschland ist skeptisch | |
Die neue Strategie bedeute keine Aufweichung der strikten | |
Beitritts-Kriterien, betonte Erweiterungskommissar Johannes Hahn. Die EU | |
stehe jedoch vor der Wahl, Stabilität zu exportieren oder Instabilität zu | |
importieren. „Die Tür steht auf, unser Angebot ist ernst gemeint“, so der | |
Österreicher. | |
Unterstützt wird die Westbalkan-Strategie von Bulgarien, [1][das derzeit | |
den EU-Vorsitz innehat]. Deutschland steht ihr dagegen skeptisch gegenüber. | |
Die Aufnahme neuer Mitglieder muss von den EU-Staaten einstimmig | |
beschlossen werden. Die Initiative gilt auch als Antwort auf Versuche | |
politischer Einflussnahme Russlands und das wachsende wirtschaftliche | |
Engagement Chinas in der Region. | |
6 Feb 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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