# taz.de -- Fundamentalismus in Rumänien: Homophobe sprengen Filmvorführung | |
> Rechte Störer haben eine Filmvorführung in Bukarest unterbrochen. Der | |
> französische Streifen über Aids wurde als Homo-Propaganda verunglimpft. | |
Bild: Mit einem Transparent störten die Männer die Filmvorführung | |
Berlin taz | Rechtsradikale homophobe, christlich-orthodoxe | |
Fundamentalisten haben am Sonntag in der rumänischen Hauptstadt Bukarest | |
die Vorführung des französischen Films „120 BPM“ – „120 Schläge pro … | |
– von Robin Campillo unterbrochen. Das Aids-Aktivisten-Drama wurde 2017 in | |
Cannes mit dem Grand Prix ausgezeichnet. | |
Die Gruppe homophober Radaumacher hatte sich unter die Zuschauer gemischt | |
und die Vorführung durch lautes Vater-unser-beten und orthodoxe | |
Kirchenlieder verhindert. Andere sangen die rumänische Staatshymne, hielten | |
Heiligenbilder in den Händen und brüllten „Schämt euch!“. | |
Besonders angriffslustige Gegner der Filmvorführung entrollten | |
Transparente. Auf einem stand „Rumänien ist nicht Sodom und Gomorrha“. Auf | |
einem Spruchband, mit dem die Filmleinwand bedeckt wurde, stand der Satz | |
„Hey Soros, leave them kids alone“ (Hey Soros, lass unsere Kinder in Ruhe). | |
In den Augen osteuropäischer Nationalisten und Fundamentalisten gilt der | |
amerikanische Milliardär mit ungarisch-jüdischen Wurzeln George Soros als | |
Feindbild Nummer 1. Völkische Kreise in Osteuropa unterstellen Soros, die | |
LGBT-Bewegung zu unterstützen, um eine demografische Katastrophe | |
herbeizuführen und das Aussterben der europäischen Nationen zu | |
beschleunigen. | |
## Totalitäre Weltordnung | |
Gleichzeitig wird Soros vorgeworfen, er betreibe mit seinen Stiftungen eine | |
gezielte „Entvolkungspolitik“ und finanziere die Einwanderung von Migranten | |
nach Europa, um die christlichen Traditionen zu zerstören und eine jüdisch | |
dominierte, totalitäre globale Weltordnung zu errichten. | |
Den über 30 Minuten andauernden Radau der homophoben Ruhestörer im Kinosaal | |
des Bukarester Museums des Rumänischen Bauern filmten Journalisten von Vice | |
und veröffentlichten die Aufnahmen im Internet. | |
Auf die Frage der Journalisten, ob sie Mitglieder einer bestimmten | |
Organisation seien, antwortete ein lautstarker Gegner der Filmvorführung, | |
er sei ein Mitglied des rumänischen Volkes. „Die Vorführung eines | |
homosexuellen Propagandafilms im Zentrum der traditionellen rumänischen | |
Spiritualität ist nicht hinnehmbar. Gegen eine solche Gotteslästerung und | |
Beleidigung des rumänischen Volkes und der Orthodoxie muss etwas | |
unternommen werden“, erklärte er. | |
Ein anderer erläuterte, die Vorführung sei von Freimaurern und Juden | |
organisiert worden. Dabei benutzte er den von rumänischen Antisemiten | |
gebrauchten abwertenden Begriff „jidani“, statt des für Juden gängigen | |
neutralen Wortes „evrei“. | |
## Religiöse Indoktrination | |
Empört über den Vorfall äußerte sich der frühere Abgeordnete Remus Cernea. | |
Auf Facebook wertete er den Auftritt der Fundamentalisten als Ergebnis | |
„einer unsäglichen religiösen Indoktrination in den Schulen Rumäniens, was | |
den Aufstieg fundamentalistischer Gruppen gefördert habe, die sich den | |
demokratischen Werten und der europäischen Kultur und Zivilisation | |
widersetzen“. | |
Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich 2013 am selben Ort. Damals stürmten | |
Rechtsradikale und Fundamentalisten den gleichen Saal und blockierten die | |
Vorführung des Films „The kids are all right“. Der Film lief im Rahmen | |
eines alljährlich organisierten „Monats der LGBT-Geschichte“. | |
Sowohl damals als auch diesmal tauchte die herbeigerufene Polizei mit | |
Verspätung auf. Ob die Teilnehmer wegen öffentlicher Ruhestörung belangt | |
wurden, ist nicht bekannt. | |
5 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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