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# taz.de -- LGBTQ in Rumänien: Fortgesetzte Hetze
> Unter Corona-Sicherheitsauflagen findet in Rumäniens Hauptstadt Bukarest
> eine Pride statt. Auch rechte Gegendemonstrant*innen laufen auf.
Bild: Beim Gay Pride in Bukarest
Berlin taz | Über 2000 Menschen haben am Wochenende in der rumänischen
Hauptstadt an einem von der LGBTQ-Gemeinschaft organisierten Marsch
teilgenommen. Ursprünglich sollte der unter dem Namen „Bucharest Pride“
organisierte Marsch aus dem Zentrum verdrängt werden. Letztendlich durfte
der geplante Demonstrationszug dann doch in der Hauptstraße unter strengen
Coronaauflagen stattfinden.
Genehmigt wurde eine Höchstzahl von 500 teilnehmenden Personen. Die
Organisatoren von der Gruppe ACCEPT, die sich seit 1996 für die Rechte und
Freiheiten von LGBTQ-Menschen einsetzt, wurden für die Nichteinhaltung der
Auflagen prompt mit 7000 Lei (etwa 1400 €) bestraft. In den sozialen Medien
kündigten die Organisatoren an, gegen die Verhängung der Geldstrafe
Einspruch zu erheben.
Der erste öffentliche Umzug der LGBTQ-Community hatte vor 15 Jahren statt
gefunden. Erst 2001 wurde der berüchtigte „Schwulenparagraph“ 200, aus dem
rumänischen Strafgesetzbuch gestrichen, der Haftstrafen vorsah.
Mit der Abschaffung des Paragraphen ist die Homophobie aus der rumänischen
Gesellschaft jedoch keineswegs verschwunden. Bezeichnend dafür ist nicht
nur die fortgesetzte Hetze gegen Menschen, die sich outen, sondern auch die
Zurückhaltung der höchsten Vertreter des Staates.
## Keine öffentliche Entschuldigung
„Weder Präsident Klaus Johannis noch Premierminister Florin Cîţu haben es
bislang für nötig befunden, sich für die gemeine Vorgehensweise des
rumänischen Staates gegen Homosexuelle öffentlich zu entschuldigen“,
erklärt Florin Buhuceanu gegenüber der taz. „Es reicht nicht, dass wir
heute nicht mehr für ein bis fünf Jahre in den Knast kommen und dass es
eine Antidiskriminierungsgesetzgebung gibt“, fügte der Mitbegründer und
Leiter der Organisation ACCEPT hinzu. Die [1][gegen unsere Gemeinschaft
gerichteten Angriffe] gehen weiter.“
Im Vorfeld der Kundgebung mehrten sich diese „Angriffe“. Nicht nur in den
sozialen Medien und den Leserkommentaren vieler Zeitungen, sondern auch in
den von einigen Fernsehsendern ausgestrahlten Diskussionen, in denen
[2][schwulenfeindliche Geistliche], nationalistische Politiker,
rechtsgerichtete Journalisten und fundamentalistische Coronaskeptiker den
Ton angeben.
Der für seine homophobe und ultranationalistische Einstellung bekannte
Fernsehsender România TV verbreitete das Gerücht, die Kundgebung sei ein
Angriff auf die orthodoxe Kirche sowie die traditionellen und christlichen
Werte. Im Stil von Verschwörungstheorien wurde die LGBTQ-Gemeinschaft als
eine neomarxistische Gruppierung beschrieben.
Ausländische, rumänienfeindliche Kräfte und Bürokraten der Europäischen
Union würden die „Homobewegung“ fördern und finanzieren, um den gesunden
christlichen Volkskörper durch eine „pathologische Propaganda“ zu
unterwandern und zu zerstören.
## Marsch der Normalität
Trotz der Beschimpfungen, Unterstellungen und der vom Fernsehen
ausgestrahlten Hetzreden waren zu der von der neofaschistischen Gruppierung
„Neue Rechte“ organisierten Gegendemonstration nur etwa 200 Teilnehmer
erschienen. „Angesichts der unverschämten Propaganda der Homosexuellen, die
die Seele der Christenheit vor dem Fest der Gottesgebärerin Maria
ohrfeigen“, hieß es in einem Aufruf der Rechtsextremisten, „bedeutet unsere
Teilnahme an dem Marsch der Normalität ein Bekenntnis unseres Glaubens.“
Der so genannte „Marsch der Normalität“ der Neuen Rechten findet seit 2005
statt. Die Ansprachen einiger Teilnehmer wurden von Kirchenliedern
begleitet und in den sozialen Medien direkt übertragen. Im Fokus der Reden
standen der Sexualunterricht in den Schulen und der Schutz der so genannten
„traditionellen Familie“.
In diesem Sinn kündigten zwei im rumänischen Parlament vertretene Parteien
kürzlich einen Gesetzentwurf an, der im Grunde eine Nachahmung der in
Ungarn von der Orbán-Regierung verabschiedeten Rechtsverordnung gegen die
„LGBTQ-Ideologie“ und „Homo-Propaganda“ ist. Zur Begründung des Vorhab…
erklärte George Simion, der Chef der rechtsradikalen Partei Allianz für die
Vereinigung der Rumänen (AUR), die Minderjährigen müssten vor der
Homopropaganda geschützt werden.
Ähnlich argumentierte auch der Abgeordnete der ungarischen Minderheit,
Zoltan Zakarias, der der Fraktion des Demokratischen Verbandes der Ungarn
aus Rumänien (UDMR) angehört. Der Ungarnverband ist in der
Regierungskoalition, an deren Spitze Premier Florin Cîţu steht.
16 Aug 2021
## LINKS
[1] /Fundamentalismus-in-Rumaenien/!5479764
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## AUTOREN
William Totok
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