# taz.de -- Jahres-PK Stadtmuseum: Frischer Wind im Museumsmuff | |
> Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums, hat sich im Humboldt Forum | |
> durchgesetzt. Auch im Märkischen Museum steht Spannendes an. | |
Bild: „Die Berliner Ausstellung wird ohne Einmischung vom Humboldt Forum ents… | |
Es scheint, als hätte Paul Spies gewonnen. Spies, seit 2016 Direktor der | |
Stiftung Berliner Stadtmuseum, entwirft gerade eine Ausstellung zur | |
Geschichte Berlins im Humboldt Forum, und nach großem Kompetenzgerangel in | |
den letzten Monaten klingt es ziemlich zufrieden, wie er bei der | |
Jahrespressekonferenz im Märkischen Museum sagt: „Die Berliner Ausstellung | |
wird ohne Einmischung vom Humboldt Forum entstehen.“ Niemand wird ihm also | |
in die Suppe spucken. Ein Seufzer der Erleichterung geht auch durchs | |
zahlreich erschienene Publikum der Pressevertreter. Der charmante Paul | |
Spies gilt derzeit als Everybody’s Darling im Berliner Kulturbetrieb. | |
Aber damit genug zu seiner Funktion in der Schlossattrappe und dem darin | |
entstehenden Kulturhaus. Zurück zum Stadtmuseum, sagt Spies voll Elan – zu | |
jenem vergessenen Märkischen Museum also, das er nach seiner Modernisierung | |
des Amsterdam Museum 2016 zu entstauben und komplett vom Kopf auf die Füße | |
zu stellen begann und zu dem auch das Ephraim Palais, die Museen | |
Nikolaikirche und Knoblauchhaus und das Museumsdorf Düppel gehören. | |
Das zur Orientierung: 2019 wird die Ausstellung „Welt.Stadt-Berlin“ im | |
Humboldt Forum eröffnen. 2020 wird das Märkische Museum zwecks Sanierung | |
schließen und 2023 an derselben Stelle inklusive neuer Flächen im | |
Marinehaus nebenan wiedereröffnen. Keiner weiß, ob es dann noch immer | |
Märkisches Museum heißen wird. | |
Einige Ausstellungen gab es bereits an den Spies-Museen, die seine neue | |
Handschrift tragen. Die wichtigste im letzten Jahr war „Berlin 1937“, sie | |
ist noch bis 25. Februar im Märkischen Museum zu sehen. Eine Art Probelauf | |
war sie, weil das Thema in Berlin schon ziemlich besetzt ist – durch die | |
Topographie des Terrors beispielsweise, durch das Holocaust-Mahnmal. Spies | |
hat es trotzdem geschafft, Presse wie Publikum zu begeistern, denn die | |
Ausstellung trägt eine sehr moderne Handschrift: Geschichten erzählen statt | |
erklären, lieber wenige Objekte als viele, vom Alltag ausgehen und damit | |
Menschen auch emotional erreichen, die bislang mit der gutbürgerlichen | |
Freizeitbeschäftigung Museumsbesuch eher fremdeln. | |
In dieser neuen, frischen, offenen Art wird es auch weitergehen im | |
Märkischen Museum: Am 13. April eröffnet „Bizim Berlin 89/90“ mit Bildern | |
von Ergun Çağatay, einem Fotografen aus Istanbul, der zur Wendezeit | |
türkische Communities in mehreren deutschen Großstädten beobachtete. | |
Eine interessante Zeit war das für viele – aber bislang ist wenig darüber | |
bekannt, was sie für die zweite Generation türkischer Einwanderer | |
bedeutete, die bereits im Westteil der Stadt heimisch geworden waren. Die | |
Wende war für sie eine Zeit der Verunsicherung, des Erfahrens von | |
Feindseligkeit, wie man sie noch nicht kannte, der Arbeitslosigkeit und des | |
Überlebenskampfs, wie Spies berichtet. | |
Das Besondere an dieser Ausstellung über ihre Inhalte hinaus ist, mit | |
welcher Anstrengung Spies und sein Team die Community vom | |
Ausstellungskonzept bis zum Museumsbesuch eingebunden haben und einbinden | |
werden. Unter anderem wird das Museum deshalb ein paar Monate lang freien | |
Eintritt ausprobieren – ein Projekt, um das das Humboldt Forum übrigens | |
noch immer ringt. | |
31 Jan 2018 | |
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