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# taz.de -- Kampf um die Windkraft: Der Wind wird rauer
> Robert Habecks Energiewendeministerium fordert eine
> Unterlassungserklärung von einer Anti-Windkraft-Initiative. Die hatte
> einem Beamten Bestechlichkeit unterstellt.
Bild: Wie laut sind Windräder? Dieser Spaziergänger weiß es
HAMBURG taz | Das schleswig-holsteinische Energiewendeministerium (Melund)
stellt sich schützend vor einen Mitarbeiter, dem der windkraftkritische
Verein [1][Gegenwind] Bestechlichkeit unterstellt hat. Das Ministerium des
frischgebackenen Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck verlangt von dem Verein
eine Unterlassungserklärung. Bei Zuwiderhandlung würde ein noch
festzusetzender Betrag fällig. Eine Rechnung für den juristischen Aufwand
stellte das Ministerium nicht.
„Dass ein Minister auf diese Weise Kritiker juristisch mundtot machen
lassen will, habe ich noch nie erlebt“, kritisiert Patrick Breyer
(Piraten). „Kritik als Majestätsbeleidigung zu verfolgen, kenne ich sonst
nur aus autoritären Staaten.“ Das gefährde die freie Meinungsäußerung und
die politische Debatte. Zumal es in der Tat fragwürdig sei, wenn Beamte auf
Veranstaltungen referierten, für die ein Lobbyverband [2][600 bis 800 Euro
Eintritt] pro Person kassiert.
Bei der Veranstaltung handelt es sich um ein Seminar des Bundesverbands
Windenergie (BWE). Die vom Ministerium monierten Aussagen stehen in einer
Pressemitteilung von Gegenwind. Darin heißt es: „Ein Mitarbeiter des Melund
referiert auf einem Seminar beim BWE, statt sich um den Schutz der
Bevölkerung zu kümmern. Möglicherweise erhält der Mitarbeiter auch noch ein
Vortragshonorar. Zumindest entsteht der Eindruck, dass Mitarbeiter des
Melund mit den Windkraftprofiteuren kungeln.“
Das Ministerium verlangt von Gegenwind, die drei Sätze nicht mehr zu
verbreiten. „Unser Mitarbeiter hat kein Vortragshonorar bekommen“, sagt
Sprecherin Nicola Kabel. Ihn dem Verdacht auszusetzen und aus seiner
Teilnahme an der Veranstaltung den Vorwurf der Kungelei zu begründen,
entbehre der sachlichen Grundlage und verletze das Persönlichkeitsrecht des
Mitarbeiters. Den restlichen Text beanstande das Ministerium nicht.
„Den Satz bewerte ich immer noch als unkritisch“, sagt Susanne Kirchhof von
Gegenwind. In dem Verein haben sich Kirchhof zufolge mehr als 100
Bürgerinitiativen zusammengeschlossen, um Mensch und Natur vor den Folgen
des Windkraftausbaus zu schützen. Es sei nicht unüblich, dass bei solchen
Seminaren Honorare bezahlt würden – entscheidend sei aber, dass die dort
verbreiteten Informationen allen zur Verfügung stünden. Wegen des hohen
Eintritts sei aber das Seminar am 1. Februar nicht der Öffentlichkeit frei
zugänglich.
„Es geht darum, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit im
öffentlichen Dienst Informationen hat, die im Vorwege einem elitären Kreis
zur Verfügung gestellt werden“, erläutert Kirchhof. Die Windmüller könnten
sich die Teilnahme Dank der EEG-Subventionen leisten.
In der Sache geht es um einen Erlass, der im Habeck-Ministerium erarbeitet
wird, um den Schallschutz bei Windkraftanlagen zu verbessern. Nötig wurde
dieser, weil die Bund-Länder-Kommission Immissionsschutz (LAI) ihr
Lärmprognoseverfahren für Windkraftanlagen korrigiert hat. Kirchhof
argwöhnt, dass der BWE an dem Erlass des Landes mitschreibt, um die Folgen
für die Windkraftanlagenbetreiber zu begrenzen.
„Das ist natürlich Humbug“, sagt BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm. �…
keinem Bundesland gibt es so eine aufgeregte Debatte wie in
Schleswig-Holstein.“ Das liege daran, dass die Windenergiegegner den
Eindruck erweckten, bei der Einschätzung von Schall werde sich
grundsätzlich etwas ändern.
Die Hinweise der Immissionsschutz-Komission brächten leicht veränderte
Prognoseverfahren auf den Weg. „Wir erwarten nicht, dass die Gesamtkulisse
der bisherigen Windeignungsräume mit einem Fragezeichen versehen werden
muss“, sagt der BWE-Geschäftsführer. Dafür spreche auch die bereits
geschehene Umsetzung in anderen Bundesländern.
## Einladungen gern gesehen
Das Energiewendeministerium stelle sich jederzeit der politischen
Auseinandersetzung, versichert dessen Sprecherin Nicola Kabel. „Sollte die
BI das Melund zu Informationsveranstaltungen zum Thema LAI-Hinweise
einladen, nehmen wir diese gerne an“, sagt Kabel. Im übrigen würden diese
Hinweise „in Kürze umgesetzt“.
Zum Stand der Umsetzung des Erlasses, also wie sich das neue
Prognoseverfahren auf neu zu genehmigende und bestehende Windkraftanlagen
angewandt wird, habe das Ministerium die Bürgerinitiative mehrfach
telefonisch und per E-Mail informiert, sagt Kabel.
Vertreter der Initiative hätten an Informationsveranstaltungen der
Landesregierung teilgenommen und Vertreter der Landesregierung hätten auf
dem Windkraftsymposium von Gegenwind referiert. Laut Gegenwind-Website hat
die Initiative vor zwei Wochen zum letzten Mal direkt mit dem
Ministerpräsidenten Daniel Günther gesprochen.
Das BWE-Seminar habe sich an Fachleute gerichtet, sagt Axthelm. Ein Honorar
für Mitarbeiter von Landesbehörden sei bei solchen Veranstaltungen
ausgeschlossen. Der Piraten-Politiker Breyer schlägt vor, Gegenwind möge
diese Behauptung in seiner Pressemitteilung korrigieren. Im Gegenzug solle
Energiewendeminister Habeck seine juristischen Drohungen einkassieren.
Das Ministerium sei gesprächsbereit, sagt Kabel. Ihm komme es nur darauf
an, dass der unberechtigte Vorwurf aus der Welt geschafft werde.
29 Jan 2018
## LINKS
[1] http://gegenwind-sh.de/
[2] https://www.bwe-seminare.de/veranstaltungen-update-schallprognose-anwendung…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Windräder
Robert Habeck
Energiewende
Erneuerbare Energien
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Windkraft
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