# taz.de -- Nachfolger für Robert Habeck: Ämter-Rochade ist vollbracht | |
> Jan Philipp Albrecht wird Umweltminister in Schleswig-Holstein. Die Rolle | |
> des Ersatz-Habecks und Hoffnungsträgers will er aber nicht. | |
Bild: Schüttel die Hand: Jan Philipp Albrecht (rechts) ist der neue Mann in Sc… | |
Kiel taz | Sie saßen nebeneinander am Rand des Raumes in der Parteizentrale | |
des Grünen Landesverbandes in Kiel: Robert Habeck und Konstantin von Notz. | |
Der eine, der als Bundeschef der Grünen von Kiel nach Berlin geht, der | |
andere, der als Bundestagsabgeordneter dort bleibt. Die Bühne und der Platz | |
vor den Kameras gehörten am Samstagmittag aber einem anderen: Jan Philipp | |
Albrecht, zurzeit Abgeordneter im EU-Parlament, wird neuer Minister für | |
Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitales in | |
Schleswig-Holstein. Im September soll er Habeck ablösen. | |
Der Parteirat der Grünen wählte Albrecht mit 100 Prozent. Es sei gelungen, | |
„eines der größten Grünen-Talente in den Norden zu holen“, freute sich | |
Grünen-Landesvorsitzende Ann-Kathrin Tranziska. Albrecht werde dazu | |
beitragen, die gute Arbeit der Regierung zu verstetigen, sagte | |
Finanzministerin Monika Heinold. Denn er habe „Lust auf Jamaika“. Robert | |
Habeck sagte über seinen Nachfolger: „Er kann zuhören und auf Menschen | |
eingehen, aber er weiß auch, was er will.“ | |
## Viele Vorschusslorbeeren | |
Ein Politiker aus Brüssel, mit 100 Prozent gewählt und mit | |
Vorschusslorbeeren bedacht – das kann auch schiefgehen, wie andere Parteien | |
leidvoll erfahren haben. Aber der 35-jährige Albrecht will sich nicht in | |
die Rolle des Ersatz-Habecks und Hoffnungsträgers drängen lassen: „Ich bin | |
keine Kopie.“ Er versprach, sich mit vollem Einsatz dem Amt zu widmen. | |
Politische Erfahrungen hat der gebürtige Niedersachse (siehe Kasten) im | |
EU-Parlament gesammelt, dem er seit 2009 angehört. | |
Er wolle den Job des „Draußen-Ministers“ zum Minister für „Draußen und | |
Digitales“ erweitern, sagte Albrecht bei seiner Vorstellung. Netzpolitik | |
und Digitalisierung, seine Fachgebiete im EU-Parlament, seien eine Klammer | |
der zahlreichen Themen des Ministeriums: „Neue Techniken in der | |
Landwirtschaft, intelligente Stromversorgung, der Einsatz von IT im | |
Umweltschutz.“ | |
Scheu vor Besuchen bei BäuerInnen und FischerInnen, die in der Regel nicht | |
begeistert von grüner Umweltpolitik sind, habe er nicht: „Ich bin auf dem | |
Land aufgewachsen und habe einige LandwirtInnen in der Familie.“ Er wolle | |
erst mal zuhören, bringe aber auch Fachkenntnis mit, immerhin seien | |
zahlreiche Richtlinien, die im Land umgesetzt werden müssen, auf EU-Ebene | |
entstanden. Neben den Inhalten sei heute die „Wahrnehmung von Politik | |
wichtiger denn je“. Es gelte, die „Menschen vor Ort“ einzubinden. Albrecht | |
betonte, er habe im EU-Parlament gelernt, mit allen Fraktionen und den | |
unterschiedlichsten Gruppen zusammenzuarbeiten. Er wolle alte Gräben | |
schließen und Lösungen suchen. | |
## Albrecht bringt „Sahnetupfer“ mit | |
Seit Habecks Wahl zum Bundeschef der Grünen hatte die Parteispitze nach | |
einem Nachfolger für das Ministeramt in Schleswig-Holstein gesucht. Bis | |
September war Zeit – zu diesem Kompromiss hatte Habeck die Bundespartei | |
gedrängt, als er zum Vorsitzenden gewählt wurde. Eigentlich hätte er sofort | |
vom Ministeramt zurücktreten müssen, da die Parteisatzung Ämterhäufung | |
verbietet. Die Übergangsfrist nahm den Druck, „aber wir waren viel zu | |
hibbelig, um lange zu warten“, gab die Landesvorsitzende Tranziska zu. | |
Gesucht wurde „mehr eine tragende Person als Fachkenntnis“, doch dass | |
Albrecht Fachmann für Netzthemen und Digitalisierung ist, sei „der | |
Sahnetupfer obendrauf“. | |
Unter denen, die als Nachfolger kursierten, stand der Möllner | |
Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz ganz oben. Der – so war unter der | |
Hand zu hören – hätte den Posten übernommen, aber ohne große Begeisterung. | |
Auf die Frage, ob er erleichtert sei, nicht nach Kiel zu müssen, antwortete | |
er, er sei schließlich gerade für den Bundestag wiedergewählt. Dort sei die | |
Lage durch die AfD „zugespitzt“, seine Expertise bei Themen wie | |
Bürgerrechten daher gerade jetzt wichtig. | |
## So kommt Bewegung in die Landespartei | |
Durch den Neuzugang von Albrecht kommt weitere Bewegung in die | |
Landespartei. Die Wechsel böten eine Chance für die Grünen, sich im Land | |
neu aufzustellen und vor allem inhaltlich zu diskutieren, sagte der | |
Grünen-Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen. „Wir wollen in der | |
Jamaika-Koalition linker werden – aber was genau das heißt, müssen wir noch | |
deutlicher machen.“ Stärker als im vorangegangenen Regierungsbündnis mit | |
der SPD müssten die Grünen ihre Positionen herausarbeiten. | |
„Jeder von uns spielt bis zum Ende der Sommerpause mit vollem Einsatz in | |
seinem Team, um dann im neuen Team mit ebenso viel Einsatz weiterzumachen“ | |
sagte Albrecht über die Ämter-Rochade mit Habeck. Dieser Fußballvergleich | |
zog eine Frage nach sich: Welcher Verein denn Schleswig-Holstein sei? Es | |
war die erste Frage, vor deren Antwort Albrecht sich drückte. Nur so viel: | |
„Es ist auf keinen Fall ein Abstieg, und es ist ein sehr cooler Verein.“ | |
4 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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