| # taz.de -- Nachschlag zum Grünen Parteitag: „Keine Katerstimmung“ | |
| > Nach der Wahl zweier Realos zu grünen Parteichefs fordert die Berliner | |
| > Bundestagsabgeordnete Canan Bayram Aufbruch im linken Flügel. | |
| Bild: Canan Bayram (Grüne) | |
| taz: Frau Bayram, mit Robert Habeck und Annalena Baerbock führen nun zwei | |
| Realos die Grünen. Sie gehören dem linken Flügel an. Herrscht dort jetzt | |
| Katerstimmung? | |
| Canan Bayram: Ich habe keine Katerstimmung, zumal man auch im linken Fügel | |
| selbstkritisch sagen muss: Wir haben uns auf diese Wahl nicht so gut | |
| vorbereitet. Der linke Flügel hat sich zu sehr darauf verlassen, dass die | |
| flügelparitätische Besetzung bei dem Vorstandswahlen Bestand hat. | |
| Baerbock hat mit 63 Prozent der Stimmen gewonnen. Anja Piel, Kandidatin des | |
| linken Flügels, bekam nur 34 Prozent. Was war das Problem? | |
| Annalena ist es gelungen, mit einer Rede, die sehr viel Zugeständnisse an | |
| den linken Flügel beinhaltete, zu begeistern. Diese Rede war spritzig, die | |
| Kandidatin strahlte Aufbruch und Energie aus. Auch bei den Grünen kann es | |
| passieren, dass eine Parteitagsrede größeres Gewicht bekommt. Anja hat ja | |
| erst sehr spät kandidiert. Sie war gesundheitlich ein bisschen angeschlagen | |
| und hat, glaube ich, nicht die beste Rede ihres Lebens gehalten. Ein | |
| wichtiges Signal für den linken Flügel war aber, dass beide realpolitischen | |
| Kandidaten eher linke Rede gehalten haben. | |
| An welchen Stellen haben Sie besonders aufgemerkt? | |
| Die Umverteilungsaspekte in Roberts Rede und das Thema Flucht in der Rede | |
| von Annalena waren klare Botschaften an den linken Flügel: Wir denken das | |
| mit. Wir wollen euch dabeihaben. Wenn dem Taten folgen, wird es einen | |
| Aufbruch innerhalb der Grünen geben. Das beinhaltet auch die Frage, wie der | |
| linke Flügel eingebunden wird. | |
| Wie würden Sie die Stimmung auf dem Parteitag beschreiben? | |
| Das Gefühl des Aufbruchs hat alle mitgerissen. Die Stimmung war so, dass | |
| man kämpfen will. Dass man als kleinste Fraktion im Bundestag geschlossen | |
| auftreten will und sich nicht ein halbes Jahr mit Flügelkontroversen | |
| beschäftigt. Die ganze Kraft der Partei muss nach vorne gerichtet sein. | |
| Auch mit Blick auf den rechten Diskurs, der ja nicht nur bei der AfD, | |
| sondern auch bei einigen anderen Parteien stattfindet. | |
| Was heißt das nun alles in Bezug auf den linken Flügel? | |
| Auch der linke Flügel muss in diesem Aufbruch nachziehen. Auch hier muss | |
| ein Generationenwechsel vollzogen werden. Zwischen der Basis der | |
| Linksgrünen und manchen Funktionären war die Kommunikation in der | |
| Vergangenheit zum Teil schwierig. Die Rede von Jürgen Trittin zur | |
| Satzungsänderung ist da so ein Beispiel. | |
| Trittin zählt zum linken Flügel, hat sich aber für eine Aufweichung der | |
| Ämtertrennung ausgesprochen. Durch die Satzungsänderung wurde ermöglicht, | |
| dass Habeck für eine Übergangszeit von acht Monaten gleichzeitig | |
| Grünen-Chef und Umweltminister in Schleswig-Holstein sein kann. | |
| Nicht jeder von der linken Basis konnte das nachvollziehen. Trittins Rede | |
| hat einige Diskussionen ausgelöst. Aber meine Kritik geht nicht nur an die | |
| Adresse von Trittin, sondern an den linken Flügel insgesamt. | |
| Die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hat gelästert, die Grünen | |
| seien auf dem besten Weg ins Ökowohlfühlwohlstandsbürgertum. Wie finden Sie | |
| das? | |
| Für mich sind das Ablenkungsmanöver von Sahra Wagenknecht, um sich nicht | |
| mit den Problemen in ihrer eigenen Partei beschäftigen zu müssen. Jeder, | |
| der den Grünen-Parteitag und die Reden der neuen Vorsitzenden erlebt hat, | |
| sieht, dass wir vom Grundsatz her links stehen. Dass wir für eine | |
| progressive, emanzipatorische, ökologische Politik einstehen. | |
| 29 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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