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# taz.de -- AfD im Bundestag: Keine Bedenken bei rechten Gedanken
> Der Geschäftsführer des rechten Think Tanks „Institut für Staatspolitik�…
> hat einen neuen Job: als Mitarbeiter der AfD-Fraktion.
Bild: Spricht offenbar die gleiche Sprache wie die Rechten: der AfD-Abgeordnete…
BERLIN taz | In der Dorothenstraße 93 im Berliner Regierungsviertel
residieren die Bundestagsabgeordneten der AfD in provisorischen Büros. Im
Erdgeschoss hat der Abgeordnete Harald Weyel einen Raum bezogen, ein
Betriebswirtschaftsprofessor aus Köln. Auf dem Schild neben der Bürotür
sind auch Weyels drei Mitarbeiter vermerkt. Einer davon: Dr. Erik Lehnert.
Der kommt von der neurechten Denkfabrik „Institut für Staatspolitik“ (IfS)
um den Verleger Götz Kubitschek. Und Lehnert ist da keine kleine Nummer.
Seit 2008 ist er der Geschäftsführer und damit einer der führenden Köpfe
des Instituts.
Weyel selbst hat keine Bedenken, was den Hintergrund seines Mitarbeiters
angeht. Im Gegenteil. „Herr Dr. Lehnerts private und berufliche Vita hat
mich überzeugt“, lässt Weyel auf Anfrage der taz sein Büro ausrichten.
„Auch sämtliche mir vorliegenden Artikel und Arbeiten, soweit mir bekannt,
überzeugten mich davon, dass wir die gleiche Sprache sprechen.“
Weyel, dessen Vater ein schwarzer US-Soldat war, ist über die
nordrhein-westfälische Landesliste in den Bundestag eingezogen. Bei
Wahlkampfreden fragte er manchmal: „Wollt Ihr die totale Migration?“
Parteiintern fiel er bislang kaum auf, auch seine erste Rede im Bundestag
zu Krediten der EU an Irland war nicht weiter bemerkenswert.
Auf Facebook aber lässt sich der Mann mitunter aus. [1][Jüngst schrieb er
beispielsweise]: „Es gibt noch immer Personen, die den Behauptungen der
alliierten Siegermächte auf den Leim gehen, und den Deutschen die
Alleinschuld für den Ersten Weltkrieg in die Schuhe schieben. Die einzige
Schuld, die Deutschland trifft, ist die Niederlage selbst.“ Jetzt wirkt
Weyel als weiteres Scharnier zwischen dem IfS und der AfD. Der Einfluss der
neuen Rechten auf die Partei wird weiter wachsen.
## Anknüpfen an faschistische Vordenker
Lehnert lernte den neurechten Publizisten Kubitschek, der im
sachsen-anhaltinischen Schnellroda das Institut für Staatspolitik betreibt
und die Zeitschrift Sezession herausgibt, nach eigenen Aussagen 2001
kennen. Direkt nach seiner Promotion in Philosophie stieg er bei
Kubitscheks Antaios Verlag als Lektor ein und wurde Redakteur der
Sezession, 2008 dann Geschäftsführer des Instituts. Man mache
„Bildungsarbeit für junge Leute und das, was man als Think Tank bezeichnet,
das heißt, die wissenschaftliche Arbeit, um bestimmte Debatten anzustoßen
oder aufzunehmen“, so skizziert Lehnert in einem Interview die Aufgabe des
Instituts. „Unsere Leute sollen eine Vorbildfunktion einnehmen, so wie man
das von einer Elite auch erwarten kann.“
In dem von Kubitschek und seiner Frau Ellen Kositza herausgegeben
Gesprächsband „Tristesse Droite“ erzählt Lehnert, der 1975 geboren wurde,
dass er in der DDR aufwuchs und seine Mutter in christlichen
Friedenskreisen aktiv war. In der Schule habe er mit zwei Freunden „die
Rechten“ gebildet, ohne dass sie Skinheads gewesen seien. Im Mai 1995
heiratete seine Mutter Rudolf Bahro. Glaubt man Lehnert, war der
DDR-Dissident und spätere Grünen-Politiker sehr von Ernst Jünger angetan.
Auch über Bahro habe er zu den Autoren der „Konservativen Revolution“
gefunden. Bahros Assistent habe ihm später die neurechte Wochenzeitung
Junge Freiheit gegeben.
Lehnerts Einstellung bei einem Parlamentarier der AfD ist für Martina
Renner, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, auch eine
Richtungsentscheidung. „Erik Lehnert ist einer der Chefstrategen des IfS“,
sagt Renner. Der Think Tank knüpfe ganz bewusst an die faschistischen
Vordenker der 1920iger und 30iger Jahre an. „Damit“, so Renner, „dürfte
auch klar sein, wie sich die AfD im Bundestag verortet.“
11 Jan 2018
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/H.Weyel/posts/144017292894377
## AUTOREN
Andreas Speit
Sabine am Orde
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Bundestag
Neue Rechte
Götz Kubitschek
Lesestück Recherche und Reportage
Jörg Meuthen
Junge Alternative (AfD)
NetzDG
Kika
Götz Kubitschek
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