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# taz.de -- Kommentar Bremer Zwangseinweisungen: Besser stoppen als aufbereiten
> In Bremen haben sich Staatsanwaltschaft, Psychiatrie und Richter zu einem
> Wegschließkartell zusammen getan. Dem muss Einhalt geboten werden.
Bild: Zwangseinweisungen kommen in Bremen exorbitant oft vor
Gut ist es und richtig, den [1][historischen Missbrauch psychiatrischer
Einrichtungen aufzuarbeiten]. Noch wichtiger wäre jedoch, ihn zu
unterbinden: Zum Beispiel dort, wo die Zwangseinweisung als Strafmittel
missbraucht wird von Richtern, die sich anmaßen, ärztliche Anweisungen zu
erteilen, statt Recht zu sprechen. So etwas kommt meist – die Sowjetunion
war berüchtigt dafür – in Unrechtsregimen vor. Aber auch in Bremen, wie
jetzt der [2][Beschluss des Bundesgerichtshofs] im Fall von Maike S.
verdeutlicht.
Dass Bremen, in den 1970er-Jahren Vorreiter einer humanisierenden
Psychiatriereform, heute vor allem durch exorbitante
Zwangseinweisungsziffern auffällt, hat mit einem allzu gut funktionierenden
Zusammenspiel von Staatsanwaltschaft, städtischer Psychiatrie und
selbstherrlichen Richtern zu tun. Statt einander wechselseitig zu
kontrollieren, um das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit und die Rechte der
Einzelnen in Ausgleich zu bringen, tun die sich zu einem Wegschließkartell
zusammen, das als schäbig zu bezeichnen untertrieben wäre: Diese Trias ist
gefährlich.
Für ein Unrechts-, oder gar nur ein Problembewusstsein ist in solchen
Kumpel-Netzwerken kein Platz. Wenn Medien wie die taz wagen, das obszöne
Gebaren einschlägiger Richter zu thematisieren, lassen die das in ihre
pseudomedizinischen Diagnosen einfließen: Der journalistische Zuspruch
bestärke die Angeklagten in ihrem Wahn heißt es dann. Und sie werden
weggesperrt.
In Wirklichkeit macht diese Spruchpraxis aus Bremen eine Sonderrechtszone,
in der Grundgesetz und Menschenrechte nur je nachdem Geltung haben. Und wo
Kontrolle versagt: Folgenlos hatte schon das Bundesverfassungsgericht
Bremen deshalb gerügt. Jetzt bestätigt der Bundesgerichtshof den Eindruck:
Das Bremer Landgericht schickt Leute in die Forensik, ohne auch nur
Anhaltspunkte zu nennen, dass befürchtete Gewalttaten von ihnen zu erwarten
wären.
Zu befürchten ist, dass auch das den zuständigen Richter nicht beeindruckt.
Anhaltspunkte dafür, dass er sein Tun fortsetzt, gibt es in Fülle. Not täte
jemand, der ihm Einhalt gebietet. Und bitte bevor eine Historikerkommission
es aufarbeitet.
18 Jan 2018
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## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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