| # taz.de -- Pfusch am Bau und kölscher Klüngel: Das Loch von Köln | |
| > Neun Jahre ist es her, da versank das Stadtarchiv der Domstadt in einer | |
| > U-Bahn-Baugrube. Nun beginnt der Prozess. | |
| Bild: Folge des Desasters: Eine Mitarbeiterin restauriert ein Dokument aus dem … | |
| Köln taz | Wie eine offene Wunde klafft das Loch in der Kölner | |
| Severinstraße, nur wenige hundert Meter vom Rhein entfernt. Dieses Loch | |
| hat 2009 das Historische Archiv der Stadt verschlungen, hat zwei Menschen | |
| den Tod gebracht und Milliardensummen gekostet. „Einsturzstelle“ steht auf | |
| einem braunen Schild. | |
| Neun Jahre nach der Katastrophe ist der einstige Archivstandort immer noch | |
| eine riesige Baustelle: Zäune aus silbernen Metallgittern sichern die | |
| offene, 25 Meter tiefe Grube des U-Bahn-Tunnels, in die damals der | |
| Magazinturm des Archivs gestürzt ist, nur provisorisch ab. Einstige | |
| Nachbarhäuser stehen leer, ihre Wände sind mit Planen abgedichtet. | |
| Provisorisch bleibt auch die Straßenführung: Noch immer müssen die Busse | |
| der Kölner Verkehrsbetriebe KVB in Schlangenlinien um die Einsturzstelle | |
| herumkurven. | |
| Über der Grube dampft eine Vereisungsanlage, die den weiteren Zusammenbruch | |
| des Lochs verhindert. An einer Wand hat sich eine metergroße, bizarre | |
| Eisstruktur gebildet. Am Boden schimmert türkisfarbenes Wasser, aus dem | |
| Baugerüste und eine Leiter ragen. Am Rand schwimmt ein hellblaues | |
| Ruderboot. | |
| ## Fahrlässige Tötung und Baugefährdung | |
| Rund zwei Kilometer von diesem Chaos entfernt beginnt an diesem Mittwoch um | |
| 10 Uhr ein Prozess, auf den die Kölnerinnen und Kölner lange warten | |
| mussten. Vor der 10. Großen Strafkammer des Landgerichts Köln soll in 126 | |
| Verhandlungstagen geklärt werden, was und wer genau verantwortlich für den | |
| Einsturz vom 3. März 2009 ist. Gemeinsam mit zwei Berufsrichtern und zwei | |
| Schöffen verhandelt der Vorsitzende Richter Michael Greve gegen fünf | |
| Angeklagte: je zwei Bauleiter der am U-Bahn-Bau beteiligten Baufirmen und | |
| der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) sowie den Polier der Baugrube. Die | |
| Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung in Tateinheit mit | |
| Baugefährdung vor. Maximal fünf Jahre Haft droht den Angeklagten. | |
| „Auf mich hat das Gebäude auch am Einsturztag einen sehr stabilen Eindruck | |
| gemacht“, erinnert sich Susanne van den Bergh. Am 3. März 2009 sucht die | |
| damals 25-jährige Journalistik-Studentin nach Belegen für Korruption und | |
| Klüngel, es geht um Ratsprotokolle zum Bau der Kölner | |
| Müllverbrennungsanlage. „Irgendwann habe ich eine Pause gemacht“, erzählt | |
| van den Bergh. „Das war ein wunderschöner Tag mit strahlendem | |
| Sonnenschein“, erinnert sie sich. In einer Bäckerei um die Ecke habe sie | |
| sich einen Kaffee geholt und danach vor dem Archiveingang auf der | |
| Severinstraße eine Zigarette geraucht. „Plötzlich kamen Bauarbeiter auf | |
| mich zu, brüllten nur noch: Weg, weg!“ | |
| Zunächst habe sie die Warnung gar nicht ernst genommen. „Da kann man doch | |
| nichts mit anfangen, mitten in der Kölner Innenstadt“, erklärt sie. „Dann | |
| fielen die Scheiben aus dem Archiv raus. Erst da habe ich verstanden, da | |
| passiert was. Dann bin ich nur noch gerannt. Und als ich mich umgedreht | |
| habe, war da nur noch Staub. Eine riesige Staubwolke, weil das ganze | |
| Gebäude in Richtung Straße gekippt ist.“ | |
| Geblieben ist von dem 1971 bezogenen mehrstöckigen Magazingebäude ein | |
| Schuttberg. Auch zwei angrenzende Wohnhäuser stürzen ein. Der 23 Jahre alte | |
| Designstudent Khalil und der 17-jährige Auszubildende Kevin sterben in | |
| ihren Wohnungen. Ihre Leichen werden erst nach fünf und nach neun Tagen | |
| geborgen. | |
| ## Die Ursache des Desasters: immer noch ungeklärt | |
| Bis heute ist nicht endgültig geklärt, was exakt zu der Katastrophe geführt | |
| hat. Die Beweissicherung wird voraussichtlich erst im Jahr 2019 endgültig | |
| abgeschlossen sein. Definitiv fest steht nur, dass der Bau der neuen | |
| Nord-Süd-Stadtbahn verantwortlich für das Unglück ist. Fest steht | |
| ebenfalls, dass bei dem Milliardenprojekt kräftig getrickst und getäuscht, | |
| gepfuscht und geschlampt wurde. Nach dem kölschen Motto „Es hätt noch immer | |
| jot jejange“ wurden städtische Sicherheitsauflagen ignoriert, Bauprotokolle | |
| gefälscht, Brunnen illegal gebohrt, stabilisierende Stahlelemente falsch | |
| oder gar nicht montiert und zu wenig Beton in die Wände eingefüllt. | |
| Doch was hat konkret den Einsturz des größten kommunalen Archivs nördlich | |
| der Alpen sowie der zwei benachbarten Wohnhäuser ausgelöst? Die | |
| Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Arbeiter der Baufirmen an den | |
| Schlitzwänden, die die U-Bahn-Baustelle trocken halten sollen, gepfuscht | |
| haben. Beim Aushub der Lamelle 11 seien sie auf ein Hindernis gestoßen, das | |
| sie nicht hätten beseitigen können. Entgegen allen Regeln hätten sie | |
| trotzdem den Aushub eigenmächtig fortgesetzt. So hätten sie eine | |
| „Erdplombe“ geschaffen, die dann am Unglückstag schlagartig nachgegeben | |
| hätte, heißt es in der Anklageschrift. So sei die Erde unter dem Archiv in | |
| die Baugrube geströmt und habe dem Magazinturm den Boden entzogen, ist der | |
| federführende Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich überzeugt. | |
| Die für den Bauabschnitt zuständigen Baufirmen Bilfinger Berger, Züblin und | |
| Wayss & Freitag behaupten dagegen, Ursache des Einsturzes sei ein | |
| sogenannter hydraulischer Grundbruch in einer unter der Baugrube liegenden | |
| Braunkohleschicht gewesen. Für die Untersuchung des Baugrundes aber war die | |
| KVB als Bauherr verantwortlich – die Baufirmen träfe damit keinerlei | |
| Schuld, argumentieren deren Anwälte. | |
| ## Der Bauherr der U-Bahn kontrollierte sich selbst | |
| Dabei war der Bau der Nord-Süd-Stadtbahn lange Zeit umstritten. Im Jahr | |
| 2002 billigte der Stadtrat den Vorschlag der Verwaltung, der im U-Bahn-Bau | |
| völlig unerfahrenen KVB die Bauherrenschaft zu übertragen. So wollte Köln | |
| Steuern sparen. Es war eine Milchmädchenrechnung: Die Kosten schnellten in | |
| die Höhe und belaufen sich inzwischen auf weit mehr als eine Milliarde Euro | |
| – die Unglückskosten nicht einmal eingerechnet. Noch fataler aber war es, | |
| dass der KVB auch noch die Aufsicht über den Bau übertragen wurde. Der | |
| Bauherr kontrollierte sich also selbst – und somit gar nicht. | |
| Hausbesitzer, die Setzrisse feststellten, wurden lange Zeit nicht ernst | |
| genommen. Selbst als ein Kirchturm umzukippen drohte, vermittelte die KVB | |
| stets den Eindruck, sie habe alles im Griff – bis das Stadtarchiv | |
| einstürzte. | |
| Unter Bauschutt begraben wurde in dem nassen, schlammigen Loch das | |
| Gedächtnis der 2.000 Jahre alten Stadt Köln und weiter Teile des | |
| Rheinlands. In dem Magazinturm lagerten auf knapp 30 Regalkilometern etwa | |
| 65.000 Urkunden – die älteste stammte aus dem Jahr 922. Hinzu kamen | |
| Hunderttausende Akten, mehr als 104.000 Karten und Pläne, 50.000 Plakate, | |
| nicht zu vergessen 818 private Sammlungen und Nachlässe, die Archive | |
| zahlreicher ehemaliger Klöster und Stifte des Rheinlands, das | |
| Protokollarchiv der Hanse, das seit 1554 in der schon im Mittelalter und | |
| Neuzeit bedeutenden Handelsstadt aufbewahrt wird – und die Akten des | |
| Standesamts. Das Archiv hatte sich stets auch als Dienstleister für | |
| BürgerInnen verstanden, die auf Spurensuche nach ihrer eigenen | |
| Familiengeschichte gehen wollten. | |
| All das schien bestens geschützt: Das Gebäude verfügte über eine | |
| Kohlendioxid-Löschanlage, die knapp 50 Zentimeter dicken Ziegelwände | |
| sorgten für ein möglichst ausgeglichenes Raumklima, schmale Schlitze der | |
| Fenster ließen nur wenig Tageslicht ein. Bis zum 3. März 2009. | |
| ## Die Restauratorin: „Ich habe gedacht, das war es jetzt“ | |
| Das Gedächtnis der Stadt lag nach dem Einsturz in bis zu 30 Metern Tiefe im | |
| Schmutz. „Das war es jetzt. Das habe ich gedacht, als ich das Ausmaß der | |
| Katastrophe verstanden habe“, sagt Nadine Thiel. Unrettbar verloren seien | |
| die wertvollen, in ihrer Zusammenstellung einzigartigen Bestände, habe sie | |
| gefürchtet. Wie 37 ihrer KollegInnen auch konnte sich die Restauratorin | |
| über den hinter dem Magazin liegenden Lesesaal aus dem einstürzenden Archiv | |
| retten. „Ein Haustechniker hat uns gewarnt, als er gesehen hat, dass | |
| Fassadenteile auf die Straße stürzen“, erinnert sie sich. „Er hat nur noch | |
| ‚raus, raus‘ gebrüllt. Trotzdem habe ich mir nicht vorstellen können, dass | |
| das ganze Haus einstürzt.“ | |
| Heute arbeitet Thiel, 38, in einem merkwürdigen Ensemble aus Möbelmärkten | |
| weit vor den Toren der Innenstadt in Köln-Porz-Lind, wo die | |
| Millionenmetropole in Richtung Bonn in Äcker diffundiert und am Horizont | |
| die riesigen Braunkohlekraftwerke des RWE-Konzerns qualmen. Über der | |
| Warenausgabe des Möbelriesen „Porta“ hat die Stadt auf 10.000 Quadratmetern | |
| ein „Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum“ eingerichtet. Denn nach | |
| der Katastrophe des Einsturzes ist in Köln ein Wunder gelungen: In | |
| zweieinhalb Jahren sind etwa 95 Prozent des Archivguts geborgen worden – | |
| auch dank der großen Einsatzbereitschaft vieler Kölnerinnen und Kölner, die | |
| sich freiwillig an der Rettungsaktion beteiligten. | |
| „Schon am Einsturztag haben wir eine Plane organisiert, die die Trümmer | |
| bedecken sollte“, erzählt Thiel. Danach wurde schnell ein Dach errichtet. | |
| Für die kommenden Wochen war Dauerregen angesagt – das, was von den | |
| Beständen noch übrig war, drohte zu verschimmeln. 18 Millionen Euro wurden | |
| in ein „Bergungsbauwerk“ investiert. Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und | |
| mehr als 4.000 freiwillige HelferInnen klaubten mehr als eine Million | |
| „Bergungseinheiten“ aus dem Schmutz. | |
| Trockene oder nur klamme Materialien kamen in ein „Erstversorgungszentrum“, | |
| wurden dort grob gereinigt und erfasst, nasse Unterlagen gefriergetrocknet. | |
| 20 über die ganze Republik verteilte „Asylarchive“ übernahmen die | |
| Dokumente. Heute werden die Archivalien über der „Porta“-Warenausgabe in | |
| Porz-Lind zur Schadensdokumentation fotografiert. Danach wird gereinigt, | |
| restauriert, Seite für Seite eingescannt, erklärt Archivleiterin Bettina | |
| Schmidt- Czaia bei einer Führung. | |
| Wie die meisten der 90 MitarbeiterInnen mit weißem Kittel und | |
| Latexhandschuhen ausgestattet, wischt Restaurierungshelfer Michael Peters, | |
| 55, mit einem Latexschwamm gerade Schmutz von einer Akte aus dem 17. | |
| Jahrhundert. „Das spektakulärste Objekt, das ich gereinigt habe, war sicher | |
| die Literatur-Nobelpreisurkunde von Heinrich Böll“, sagt er. Schwieriger | |
| ist die Arbeit von Wolfgang Meyer. In Kooperation mit dem | |
| Fraunhofer-Institut arbeitet er an einer Software, die helfen soll, rund | |
| zwei Millionen aus der Baugrube geborgene, teilweise nur fingernagelgroße | |
| Fragmente wieder zusammenzusetzen. „Das ist ein Puzzle mit zwei Millionen | |
| Teilen“, sagt Meyer. „Ohne Computerunterstützung ist es unmöglich, die | |
| Fragmente wieder zusammenzusetzen.“ | |
| Die MitarbeiterInnen des Archivs hätten deshalb zunächst die Idee gehabt, | |
| auf die Algorithmen zurückzugreifen, die zur Zusammensetzung der im Herbst | |
| 1989 zerrissenen Stasi-Unterlagen entwickelt wurden. „Die funktionieren | |
| aber bei unseren Fragmenten nicht“, erklärt Meyer – das mit Schreibmaschine | |
| beschriebe Stasi-Material sei viel weniger komplex als die „Köln-Flocken“: | |
| „Wir haben Papier, Pergament, Karten, unterschiedliche Tinten und | |
| Druckschriften, die auch noch verfärbt oder verwellt sind.“ Dennoch werde | |
| auch die Zusammensetzung gelingen: „Die Software ist schon in der | |
| Weiterentwicklungsphase.“ | |
| ## Die Rekonstruktion dauert noch Jahrzehnte | |
| Doch trotz des gigantischen Aufwands sind neun Jahre nach der Katastrophe | |
| gerade einmal etwas mehr als ein Zehntel der Archivalien wieder | |
| hergestellt. „Am 31. Dezember 2017 waren genau 222.423 Stücke oder 12,9 | |
| Prozent des Bestands trocken gereinigt. Davon sind 97 Prozent wieder | |
| nutzbar“, sagt Archivleiterin Schmidt-Czaia. Das bedeutet: Noch 30 bis 40 | |
| Jahre werden die MitarbeiterInnen des „Restaurierungs- und | |
| Digitalisierungszentrums“ an der Wiederherstellung der Archivbestände | |
| arbeiten müssen – ein einziger Mitarbeiter allein würde dafür 6.300 | |
| Arbeitsjahre benötigen, hat sie ausgerechnet. | |
| Gigantisch sind damit auch die Kosten: Allein die Restaurierungsarbeiten | |
| dürften mit „400 bis 500 Millionen Euro“ zu Buche schlagen. Dazu kommt das | |
| neue Archivgebäude, dessen Rohbau am Kölner Eifelwall entsteht und das ab | |
| 2020 schrittweise bezogen werden soll. „Insgesamt gehen wir mit 1,2 | |
| Milliarden Euro in Vorleistung“, betont Stadtsprecherin Inge Schürmann. Und | |
| die will die Stadt von den Baufirmen Bilfinger Berger, Züblin und Wayss & | |
| Freitag wiederhaben: „Zur Wahrung unserer Rechte im Zivilprozess haben wir | |
| zwei Beweisverfahren angestrengt“, sagt Schürmann. | |
| Doch zunächst steht der am Mittwoch beginnende Strafprozess an. Schon die | |
| Auswahl der Verteidiger der fünf Angeklagten zeigt, wie wichtig die | |
| Baufirmen und deren Versicherungen den Strafprozess nehmen, wie sehr sie | |
| seine Wirkung auf die folgenden Schadenersatzverhandlungen fürchten: Ihre | |
| Mitarbeiter werden von Juristen vertreten, die zu den renommiertesten | |
| Strafverteidigern Deutschlands gehören. Ihre Pressearbeit koordiniert der | |
| Frankfurter Anwalt Hanns Feigen, der schon den ehemaligen Ex-Postchef Klaus | |
| Zumwinkel in seinem Steuerhinterziehungsverfahren und den ehemaligen | |
| Vorstandsvorsitzenden der Bahn, Hartmut Mehdorn, nach dem Zugunglück von | |
| Eschede mit über 100 Toten vertreten hat. | |
| ## Stehen die Richtigen vor Gericht? | |
| Überhaupt glauben in Köln viele, dass längst nicht alle Verantwortlichen | |
| vor Gericht stehen. „Die Anklage ist sehr unbefriedigend. Mit meinem | |
| Rechtsempfinden ist der Prozess schwer zu vereinbaren“, sagt etwa Frank | |
| Deja von der Initiative „Köln kann auch anders“, in der sich entsetzte | |
| BürgerInnen nach dem Archiveinsturz zusammengefunden haben und die etwa den | |
| bereits vom Stadtrat beschlossenen Abriss des denkmalgeschützten | |
| Schauspielhauses verhindert hat. Schuld an der Katastrophe trage auch das | |
| „Silodenken“ der einzelnen Dezernate der Stadtverwaltung, die nur ihren | |
| eigenen beschränkten Arbeitsbereich im Blick gehabt hätten, argumentiert | |
| der Dolmetscher, dessen Stimme viele von Synchronübersetzungen Barack | |
| Obamas aus dem Fernsehen kennen. | |
| „Die Verwaltung hat alle Warnzeichen ignoriert“, sagt auch die Ingenieurin | |
| Sabine Röser, die sich ebenfalls bei „Köln kann auch anders“ engagiert: | |
| Schließlich habe sich der Turm der benachbarten Kirche durch den U-Bahn-Bau | |
| schon 2004 um fast 80 Zentimeter bedrohlich geneigt. 2014 hat Übersetzer | |
| Deja deshalb Strafanzeige gegen den ehemaligen KVB-Technikvorstand Walter | |
| Reinarz und den für das Gebäude des Stadtarchivs zuständigen Leiters der | |
| städtischen Gebäudewirtschaft, Engelbert Rummel, gestellt. „Grund für den | |
| Einsturz des Stadtarchivs ist eine unglaubliche Mischung aus Schlamperei, | |
| Verantwortungslosigkeit und Inkompetenz“, ist Deja. überzeugt. „Da kann man | |
| nicht den Polier für verantwortlich machen.“ | |
| Gegen Reinarz hat die Staatsanwaltschaft trotzdem nicht einmal ermittelt. | |
| Auch das Verfahren gegen Rummel wurde eingestellt. Strafrechtlich sei ihnen | |
| keine Schuld nachzuweisen, so der Sprecher der Ermittler, Oberstaatsanwalt | |
| Ulrich Bremer: „Es waren Schlampereien beim Aushub dieser Lamelle, die zum | |
| Einsturz geführt haben“, sagt Bremer – „und keine politischen | |
| Entscheidungen“. Trotzdem suchen Taucher in der mit Wasser gefüllten | |
| Baugrube weiter nach Details der genauen Unglücksursache, die im | |
| Zivilprozess um Schadenersatz milliardenschwere Bedeutung bekommen könnten. | |
| Den KölnerInnen dagegen bleibt eine nicht funktionierende U-Bahn: Wer am | |
| Hauptbahnhof in Sichtweite des Doms auf den harten blauen Plastikschalen | |
| der Linie 5 Platz nimmt, kommt gerade einmal zwei Stationen weit bis zum | |
| Heumarkt. An der Einsturzstelle bleibt die Strecke dann unterbrochen – nur | |
| zu Fuß geht es an der Grube vorbei zur nächsten Haltestelle Severinstraße. | |
| Tief unter dem Wasserspiegel des Rheins wirkt diese Station fast | |
| kathedralenartig. Lange Treppen führen an noch hell und frisch wirkendem | |
| Beton vorbei zu den Gleisen – doch die bedienen nur ein weitgehend | |
| nutzloses Teilstück mit drei weiteren Haltestellen. „Durch den Bau der | |
| U-Bahn sollten acht Minuten Fahrzeit eingespart werden“, spottet deshalb | |
| der Übersetzer Frank Deja. „Doch die braucht man schon, um zu den Gleisen | |
| in 25 Metern Tiefe zu kommen.“ | |
| 16 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
| Pascal Beucker | |
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