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# taz.de -- Maßnahmen gegen Schulschwänzer: Mit einer gewissen Härte
> Die Bildungsverwaltung will konsequenter gegen Schulverweigerer vorgehen:
> Bezirke sollen früher Bußgelder verhängen können.
Bild: Warum ist er wohl nicht in der Schule?
An Berliner Schulen steigt die Zahl der geschwänzten Unterrichtsstunden
leicht an, gleichzeitig gibt es aber einen leichten Rückgang bei den
„schweren Fällen“ zu vermelden – also bei den SchülerInnen, die mehr al…
Tage unentschuldigt fehlen. „Natürlich geben wir uns mit dieser Entwicklung
aber nicht zufrieden“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am
Montag. Unter anderem will man nun künftig den Bezirken die Möglichkeit
geben, frühzeitiger härter mit Schulversäumnisanzeigen und Bußgeldern
durchgreifen können.
Dafür will Scheeres zum kommenden Schuljahr 2018/19 die sogenannte
Ausführungsvorschrift Schuldistanz ändern, mit der die Bildungsverwaltung
regelt, wie Schulen juristisch gegen schwänzende SchülerInnen vorgehen
können. Derzeit kann die Schule nach fünf unentschuldigten Fehltagen im
Halbjahr eine Schulversäumnisanzeige beim bezirklichen Schulamt stellen.
Doch künftig sollen auch einzelne Fehlstunden zu Fehltagen addiert werden.
„Wir wissen, dass Schwänzen oft mit einzelnen Fehlstunden anfängt“, sagte
Scheeres.
Bei einer Schulversäumnisanzeige müssen die Eltern zu einer Anhörung auf
dem Schulamt erscheinen – kommen sie nicht und geht das Kind auch nicht
wieder zur Schule, begehen die Eltern eine Ordnungswidrigkeit. Bis zu 2.500
Euro Bußgeld kann das Schulamt einfordern. Meist bleiben die Schulämter
allerdings im dreistelligen Bereich.
Zudem machen die Bezirke von dieser Möglichkeit sehr unterschiedlich
gebraucht: Während Neukölln im vergangenen Schuljahr 441 Bußgeldbescheide
verschickte, waren es in Friedrichshain-Kreuzberg,
Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick überhaupt keine. Dort gehe
man bewusst „einen pädagogischen Weg“ hätten die Bezirke rückgemeldet, h…
es am Montag seitens des Fachreferats Schuldistanz in Scheeres' Verwaltung.
Tatsächlich scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Bezirke eine harte
Linie fahren – oder es lieber noch mal mit einem netten Gespräch versuchen.
In Neukölln lag die Quote der unentschuldigten Fehltage bei den Siebt- bis
Zehntklässlern im letzten Schuljahr bei 2,7 Prozent, im „soft“ agierenden
Friedrichshain-Kreuzberg ebenfalls bei 2,1 Prozent. Insgesamt fehlten die
100.000 Berliner Siebt- bis ZehntklässlerInnen rund 182.400 Tage
unentschuldigt, eine Quote von 1,8 Prozent. Rund 2.000 SchülerInnen
schwänzten mehr als 20 Tage – fünf Prozent weniger als vor zwei Jahren
## Schuldistanz hat unterschiedliche Gründe
Ungewöhnlich scharf reagierte Scheeres am Montag auf die Entscheidung
einzelner Bezirke, grundsätzlich auf Bußgelder zu verzichten. Das sei
„unverantwortlich“, so Scheeres. „Da lässt man die Eltern bei dem Thema
völlig außer Acht.“ Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion,
Hildegard Bentele, begrüßte die deutlichen Worte: „Wir fordern schon lange
eine konsequentere Anwendung des Bußgelds und dabei ein einheitlicheres
Vorgehen der Bezirke.“
Gleichzeitig gab Scheeres zu, dass die Gründe für die Schuldistanz sehr
unterschiedlich seien. Nicht immer seien desinteressierte Eltern das
Problem. Auch Mobbing könne eine Rolle spielen, psychische Probleme des
Schülers oder ein schwieriges soziales Umfeld in der Schule selbst.
Deshalb soll es neben der Verschärfung im Schulgesetz noch andere Maßnahmen
geben. So soll ein seit Jahren erfolgreich laufendes Projekt in
Steglitz-Zehlendorf stadtweit ausgedehnt werden. Bei der „Diagnose
Schulambulanz“ werden durch Schwänzen auffällig gewordene SchülerInnen aus
ihrer normalen Schule herausgenommen und für einige Wochen in Kleingruppen
von sechs bis acht Jugendlichen unterrichtet, die der Schulpsychologische
Dienst im Bezirk betreut. der Steglitzer Schulleiter Harald Leppler, dessen
Schule an dem Projekt beteiligt ist, am Montag betonte: „Schwänzen ist ja
nur ein Symptom für ein anderes Problem.“
15 Jan 2018
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwänzen
Sandra Scheeres
Bußgeld
Schule
Willkommensklasse
Brennpunktschulen
Schwerpunkt Überwachung
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