# taz.de -- Film-Doku über Geflüchtete in Berlin: Tanztheater im Flüchtlings… | |
> „Cloud Making Machine“ begleitet Asylsuchende in Berlin. Der Film zeigt | |
> die Hürden des Ankommens und den Frust über die Bürokratie. | |
Bild: Tanz gegen die Bürokratie: Geflüchtete in der Motardstraße | |
Den perfekten Film über geflüchtete Menschen gibt es wahrscheinlich nicht. | |
Zuletzt sind so viele Filme über die Schicksale von Geflüchteten | |
erschienen, dass sie mittlerweile ein eigenes Genre bilden. | |
In ihrer Dokumentation „Cloud Making Machine“ (2017) wagt sich die Berliner | |
Filmemacherin Susanne Dzeik an die Gratwanderung, die dieses Genre immer | |
mit sich bringt: Den Schmerz der Menschen zu zeigen, ohne sie als Opfer | |
darzustellen; ihnen eine Stimme zu geben, ohne diese zu diktieren.„Ich | |
wollte Raum für Individuen lassen“, sagt Dzeik bei der Vorführung des | |
crowdgefundeten Films am Mittwoch im Kino Zukunft am Ostkreuz. | |
Der Film begleitet ein Tanztheaterprojekt für Geflüchtete in der Spandauer | |
Motardstraße, wo es bis vergangenen Sommer eine Erstaufnahmeeinrichtung | |
gab. Die Kamera folgt den Hauptprotagonist*innen Batoul Sedawi, Mamudou | |
Jallow und Firaz Iraqi bei den Theaterproben, zeigt, wie sie konzentriert | |
trainieren oder gelöst lachen. | |
Sie lässt aber keine Illusion zu, dass das Kulturprojekt auch die | |
bürokratischen Hürden überwinden könnte, denen die Neuangekommenen oft | |
hilflos gegenüber stehen. „Nie mehr als sechs Monate vorausplanen“, sagt | |
Iraqi, dem die Abschiebung nach Spanien droht. | |
## Ein permanenter Wolkenteppich | |
„Cloud Making Machine“ – der Titel bezieht sich auf eine Äußerung Jallo… | |
der so das Heizkraftwerk in der Motardstraße beschreibt. „Für mich ist das | |
ein permanenter Wolkenteppich am Himmel, der sich auf alles legt und | |
undurchdringlich ist – wie die Bürokratie in Deutschland, die | |
Residenzpflicht, die Regeln“, sagte Filmemacherin Susane Dzeik 2014 in | |
einem Interview mit der taz. | |
Damals fing sie an den Film zu drehen, der im September 2017 beim NEZ | |
International Film Festival im indischen Kalkutta seine Weltpremiere hatte. | |
Finanziert wurde der Dreh durch Crowdfunding. 122 Menschen spendeten mehr | |
als 5.000 Euro, um das Projekt zu verwirklichen. | |
Immer wieder zeigt der Film Szenen des tristen Alltags, die Angst vor | |
„Dublin“, das Warten auf die Arbeitserlaubnis. „Deutschland besteht nur a… | |
Papieren“, beschwert sich Iraqi in einer Szene bei einem Freund. Und | |
Jallows Anwalt legt ihm klipp und klar seine Chancen in Deutschland zu | |
bleiben dar: „Deutsche Frau oder deutsches Kind.“ Jallows Erklärungen, dass | |
er im Theater spiele, regelmäßig probe, sehr aktiv sei, ändern nichts an | |
dieser Realität. | |
## Briefe an Familien und Freunde | |
Durch die Abwechslung verschiedener Ebenen versucht Dzeik den Kontrast | |
zwischen Stärke und tiefem Schmerz darzustellen, der zur Erfahrung der | |
geflüchteten Personen gehört. Neben den Theater- und Alltagsszenen gibt es | |
da Briefe, die die Menschen in der Motardstraße in die Kamera sprechen und | |
an ihre Familien oder Freunde zu Hause richten. | |
Ganz intim, entsättigt vor schwarzem Hintergrund, berichten sie ihren | |
Vertrauten in Syrien, Pakistan, dem Irak oder Guinea von ihrem Leben in | |
Deutschland. Teils sachlich und teils tränenreich erzählen sie von den | |
Schwierigkeiten des Ankommens – aber auch von der Kraft damit umzugehen. | |
„Ich will meine Seele zurück“, sagt Sedawi im Video-Brief an ihre beste | |
Freundin. Und schreit später im Theaterstück: „Ich will kein Mitleid!“ Den | |
perfekten Film über Geflüchtete gibt es nicht, weil es immer zu diesem | |
Gegensatz kommt: die schwierige Situation der Menschen darzustellen, ohne | |
sie auf ihren Flüchtlingsstatus zu reduzieren; Individuen Raum zu bieten | |
und gleichzeitig so Regie zu führen, dass der Film eine gesellschaftliche | |
Wirkung entfaltet. | |
„Ein Wunsch von mir wäre, mit dem Film auch durch kleine Dörfer in Sachsen | |
und Sachsen-Anhalt zu touren“, sagt Dzeik dem Berliner Publikum. Das sei | |
aber riskant, da der Film auch die Ecken und Kanten der Menschen darstelle | |
– zum Beispiel, wenn Iraqi davon spricht, dass die Ausländer Deutschland | |
bald übernehmen werden, oder wenn Sedawi sich ärgert, dass alle ihr immer | |
nur helfen wollen. | |
16 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Hannah El-Hitami | |
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