| # taz.de -- Berliner Friedrichstraße im Niedergang: Der Westen hat die Nase vo… | |
| > Das Quartier 206 sollte den Luxus in die Friedrichstraße bringen. Nun | |
| > steht es vor der Zwangsversteigerung. Die City West dagegen boomt. | |
| Bild: Steht im Regen: Die Berliner Friedrichstraße | |
| Als 1997 der Departementstore des Quartiers 206 eingeweiht wurde, wussten | |
| die wenigsten Berlinerinnen und Berliner, was das eigentlich ist, ein | |
| Departmentstore. Anne Maria Jagdfeld, die Ehefrau des Investors Anno August | |
| Jagdfeld, erklärte ihnen dann, dass das was mit Luxus zu tun habe – und | |
| seitdem gilt die Friedrichstraße als Luxusmeile, die dem Kurfürstendamm | |
| endlich wieder den Rang ablaufen sollte. | |
| Oder besser, sie galt. Denn im vergangenen Jahr fiel das Jubiläum zum | |
| zwanzigsten Jahrestag des Departmentstores nicht nur aus. Der Luxusladen an | |
| der Friedrichstraße machte auch dicht. Ohnehin befindet sich das Quartier | |
| 206 seit 2011 in Zwangsverwaltung. Jagdfeld und seine Fundus-Gruppe hatten | |
| sich wohl mit all ihren Luxusimmobilien, zu denen auch das Adlon und die | |
| weiße Stadt in Heiligendamm gehören, übernommen – und konnten ihre | |
| Gläubiger nicht mehr bedienen. Im Mai soll das mittlere der | |
| Friedrichstadtquartiere nun zwangsversteigert werden – auch wenn sich der | |
| Investor noch dagegen wehrt und seinerseits Ansprüche an die Gläubiger | |
| geltend macht. Ein Rosenkrieg um Quadratmeter und Investoren-Credibility. | |
| Ein Spaziergang durch die mit schwarz-weißem Muster gefliesten Ebenen des | |
| Quartiers verdeutlicht das Elend. Mehr als zwei Drittel der Geschäfte | |
| stehen leer, kaum noch Touristen verweilen dort, die meisten zieht es durch | |
| die unterirdische Passage schnell in die Galeries Lafayette. Gut möglich, | |
| dass bei einem Verkauf dann dort ein ähnlicher Mix zwischen Mainstream und | |
| Ramsch einzieht wie im dritten Quartier 205. | |
| Der Niedergang des einst nobelsten der drei Quartiere der | |
| Friedrichstadtpassagen ist freilich auch ein Hinweis auf die | |
| Wiederauferstehung einer alten Luxusstraße, die auf halber Strecke stehen | |
| geblieben ist. So seien derzeit, erklärte der Geschäftsführer des Vereins | |
| „Die Mitte“, Guido Herrmann, dem Tagesspiegel, eher regionale Manufakturen | |
| als Luxusmarken an der Straße interessiert. | |
| Ganz anders sieht es in der City West aus. Immer mehr Luxusgeschäfte am | |
| Ku’damm, die Wiederauferstehung des Bikini Berlin und eine neue, aufregende | |
| Skyline bescheren dem alten Westen die Renaissance, die der Friedrichstraße | |
| verwehrt blieb. Das ist gut für den Westen, aber schlecht für den Osten. | |
| Denn zum Niedergang der Friedrichstraße tragen eben auch Shopping-Malls wie | |
| die am Leipziger Platz bei. Von einer Renaissance spricht dort ohnehin | |
| niemand, kein Flair der Straße gilt es dort zu verkaufen, sondern die | |
| Passanten möglichst schnell ins Warme des Konsumtempels zu locken. | |
| Vom gesichtslosen Leipziger Platz übertrumpft zu werden – das hat die | |
| Friedrichstraße nun wahrlich nicht verdient. | |
| 10 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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