# taz.de -- Online-Angebote zu Werder Bremen: Zweikampf um Leser | |
> In Bremen beharken sich der Weser-Kurier und die Kreiszeitung Syke mit | |
> jeweils eigenen digitalen Angeboten zu Werder Bremen. | |
Bild: Wichtig ist auf'm Bildschirm: Die Presse kämpft um die Werder-Online-Vor… | |
HAMBURG taz | „Heute abonniert doch kein 20-Jähriger mehr eine | |
Tageszeitung. Wir müssen Neues ausprobieren, und genau das tun wir.“ Das | |
sagt Björn Knips, er ist Redakteur bei der Kreiszeitung in Syke bei Bremen, | |
und im vergangenen Jahr hat er für seinen Verlag ein neuartiges | |
journalistisches Angebot mitentwickelt: die „Deichstube“, eine Website, die | |
ausschließlich dem Fußballbundesligisten SV Werder gewidmet ist. | |
Seit April 2017 ist die Deichstube am Start, einige Monate später zog der | |
Weser-Kurier mit einem ähnlichen Projekt nach: „Mein Werder“, eine, | |
zumindest derzeit noch, kostenlose App, die ebenfalls nur ein Thema kennt. | |
Die Mitarbeiter von Deichstube und Mein Werder müssen neben der | |
Online-Arbeit auch noch täglich eine Werder-Seite für die Kreiszeitung und | |
den Weser-Kurier produzieren. Der Personalaufwand ist sehr hoch: Bei der | |
Deichstube sind sie zu siebt, für Mein Werderarbeiten sogar elf | |
Angestellte. Zum Vergleich: Das TV-Sportressort von Radio Bremen besteht | |
aus neun Mitarbeitern, und die müssen sich nicht nur um Werder kümmern, | |
sondern jeweils auch um einen Basketball- und Eishockey-Bundesligisten: die | |
Eisbären Bremerhaven und die Fischtown Pinguins. | |
Die beiden monothematischen Projekte beschäftigen sich nicht nur extensiv | |
mit dem Geschehen auf dem Platz, sie geizen auch nicht mit bunten, | |
boulevardesken Elementen. Mein Werder hat unter anderem die Kochshow | |
„Spieltagsküche“ mit dem „Promikoch“ Stefan Schröder im Repertoire: D… | |
Videos werden vor jedem Heimspiel produziert, gekocht wird jeweils ein | |
Gericht, das typisch ist für die Region, aus der die gegnerische Mannschaft | |
kommt. | |
## Promikoch Stefan bleibt cool | |
Mal sind als Co-Köche Prominente zu Gast, mal Fans, die nur zum Mampfen | |
gekommen sind. In einer Folge sagt der Sprecher aus dem Off: „Während unser | |
Promikoch noch schweißtreibend am Herd steht, treffen unsere Gäste schon | |
zur Verköstigung ein. Julie und Susanne sind nicht nur beide waschechte | |
Werder-Fans, sondern haben auch ein Faible für gute Küche. Nervös macht das | |
unseren Promikoch Stefan allerdings nicht.“ | |
Ein Problem besteht für die beiden Konkurrenten darin, dass der Rohstoff | |
Werder-News begrenzt ist und die Spieler des Vereins nicht plötzlich mehr | |
Zeit für Medientermine haben, nur weil noch mehr Menschen irgendwas mit | |
Werder und Medien machen. Mein Werder versucht das dadurch zu lösen, dass | |
man auch Beiträge anderer Anbieter weiterverwertet. | |
Björn Knips schätzt, dass Mein Werder 90 Prozent der originären | |
Deichstube-Beiträge wieder aufbereitet. „Nur wenige Minuten nach | |
Veröffentlichung eines Textes zum Beispiel bei uns steht eine Abschrift bei | |
Mein Werder“, so Knips. Dabei fasst Mein Werder die Texte immer so | |
zusammen, dass niemand mehr den Ursprungsbeitrag lesen muss. Texte aus der | |
Bild oder dem Kicker werden ebenfalls flugs umgeschrieben. „Da arbeiten wir | |
wie eine Nachrichtenagentur“, sagt Marc Hagedorn, der Redaktionsleiter von | |
Mein Werder. | |
## Vogelwildes Kreuz-und-quer-Kopieren | |
Nicht allen gefällt das. Dieses „vogelwilde Kreuz-und-quer-Kopieren“ habe | |
dazu beigetragen, dass sich langjährige Kollegen „nicht mehr grüßen“. Das | |
konstatiert einer, der die Entwicklungen im Bremer Fußballjournalismus mit | |
Unbehagen verfolgt: Arnd Zeigler, der Stadionsprecher bei Werder und das | |
Gesicht der WDR-Show „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“. | |
In Bremen ist Zeigler eine Institution. Vor wenigen Wochen kündigte er | |
seine Tätigkeit als Kolumnist für den Weser-Kurier und Mein Werder auf. Der | |
Anlass war ein dort verbreiteter Artikel über vermeintliche Hintergründe | |
der Ablösung von Trainer Alexander Nouri durch Florian Kohfeldt. Werder | |
listete danach in einer Pressemitteilung auf, der Text enthalte neun | |
„Unwahrheiten und Halbwahrheiten“, die möglicherweise „unter starkem | |
Wettbewerbsdruck in Umlauf gebracht“ worden seien. | |
Früher seien Gerüchte „auf der Basis von ‚Ich habe von einem Bekannten aus | |
sehr sicherer Quelle gehört, dass …‘ ein reines Privileg von Privatpersonen | |
und Internetusern“ gewesen, meint Zeigler. Inzwischen würden sich auch | |
herkömmliche Medienunternehmen an dem unsauberen Spiel beteiligen. | |
Es mag nur ein schwacher Trost sein, aber: Zu leiden hat darunter nicht nur | |
die Berichterstattung über Fußball. | |
8 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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