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# taz.de -- Berichterstattung über Werder Bremen: Digitalisierung killt Journa…
> „Weser-Kurier“ und „Kreiszeitung“ denken über eine Kooperation bei d…
> Werder-Berichterstattung nach. Die PR-Macht des Vereins ist zu groß
> geworden.
Bild: Ein Blick in die App sollte genügen, um alles über Werder zu erfahren. …
Bremen taz | Von Kollegen aus Hamburg oder München werden die Manager von
Werder Bremen beneidet, weil in schlechten Zeiten nicht gleich mehrere
Boulevard-Blätter darum konkurrieren, den Rausschmiss des Trainers am
lautesten zu fordern.
Demnächst könnte es noch ruhiger für sie werden: Dann stellen auch noch
zwei große Regionalzeitungen ihren Wettbewerb um die beste
Werder-Berichterstattung möglicherweise ein. „Es trifft zu, dass der
Weser-Kurier auf uns zugekommen ist und wir mit dem Verlag über eine
mögliche Zusammenarbeit verhandeln“, sagt Hans Willms, Chefredakteur der
Kreiszeitung aus Syke, der taz. Noch sei aber nichts unter Dach und Fach.
Zuerst hatte das Lokalmagazin buten&binnen berichtet, dass der Weser-Kurier
seine Werder-Bremen-Redaktion zum Jahresende auflösen wolle und mit der
Kreiszeitung über eine enge Zusammenarbeit in der Berichterstattung über
den Fußball-Bundesligisten verhandele.
Das ist der letzte Akt, mit der der Weser-Kurier ein Millionen-Projekt
abwickelt, das er vor gut drei Jahren startete. Über die im Spätsommer 2017
mit großem Aufwand aufgerüstete App „Mein Werder“ sagte der damalige
Chefredakteur Moritz Döbler dem kress-Report noch im Juni 2018: „Wir wollen
erreichen, dass der Werder-Fan sagt: ‚Wenn ich etwas über Werder wissen
will, dann reicht mir diese App, da steht alles drin.‘“
Die eigens dafür eingestellte elfköpfige Redaktion produzierte die Inhalte
unter dem Motto „Digital first“ zunächst für die App, bevor eine Auswahl
auch auf der gleichnamigen Zeitungsseite landete. Dass für die App auch
Inhalte konkurrierender Angebote aufbereitet wurden, sorgte im Presseraum
von Werder Bremen zwischenzeitlich für dicke Luft unter den Journalisten.
Entgegen Döblers Erwartungen waren die Werder-Fans nicht bereit, für das
Abo-Modell genug zu bezahlen. Bereits Anfang 2019 wurde die Redaktion auf
vier Redakteure verkleinert, kurz darauf die App in „WK Flutlicht“
umbenannt und zum 1. Oktober 2020 ganz eingestellt.
Die tägliche Werder-Seite in der Zeitung erscheint vorerst weiter, den vier
verbliebenen Redakteuren soll laut buten&binnen aber gekündigt worden sein.
Zwei von ihnen hätten vor dem Bremer Arbeitsgericht Klage eingereicht, die
beiden anderen würde in die Nachrichtenredaktion wechseln.
„Eine Vereins-App einer Regionalzeitung ist ein mutiges Projekt, das aber
ein paar Haken hat“, sagt Christoph Bertling, Medienwissenschaftler an der
Sporthochschule Köln, der taz. „Dazu gehören die hohen Fixkosten, die sich
nur über eine hohe Reichweite amortisieren lassen. Und die ist bei einem
regionalen Angebot begrenzt.“ Für den Weser-Kurier kam erschwerend hinzu,
dass es mit der „Deichstube“ der Kreiszeitung ein Konkurrenzangebot gibt,
das kostenlos zur Verfügung steht.
Laut Bertling ist bei der Digitalisierung der Sportberichterstattung das
Investment der Vereine viel mächtiger und strategischer als das der
Verlage. „Profivereine versuchen immer stärker, ihren digitalen Content
unter unternehmerischen Gesichtspunkten zu publizieren“, sagt er. „Damit
erobern sie Bereiche, die vorher dem Journalismus vorbehalten waren. Es
prallen zwei Welten aufeinander: die eine versucht, sich zu retten, die
andere weitet sich aus.“
Ein Rettungsversuch für die journalistische Begleitung des Profifußballs in
der Region könnte nun in der Bündelung der verlegerischen Ressourcen legen.
„Wir schließen es nicht aus, dass die Beiträge unserer Redakteure eines
Tages vielleicht auch im Weser-Kurier erscheinen“, sagt
Kreiszeitungs-Chefradakteur Hans Willms.
Medienwissenschaftler Berling schätzt es allerdings im Hinblick auf
Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit kritisch ein, „wenn unter dem
Deckmantel verschiedener Titel der gleiche Inhalt erscheint“. Diese
Tendenz, die Medienwissenschaftler Content-Syndication nennen, greift auch
in der Sportberichterstattung immer mehr um sich.
Der Weser-Kurier hat sich bislang nicht öffentlich zu seinen Plänen
geäußert. Ein Kooperationsangebot an die taz liegt nicht vor.
24 Nov 2020
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
Werder Bremen
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Journalismus
Profi-Fußball
Bremen
Digitalisierung
Schwerpunkt Zeitungskrise
Weser-Kurier
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