# taz.de -- Der Deutsche Meister und sein TV-Sender: FC Bayern macht dicht | |
> Die Fans werden mit Informationen versorgt – aber nur mit solchen, die | |
> dem Verein gefallen. Gegenüber kritischen Journalisten schottet er sich | |
> ab. | |
Bild: Meckert jetzt woanders: Matthias Sammer | |
MÜNCHEN taz | Karfreitag, 12.30 Uhr, Bundesligapressekonferenz in der | |
Säbener Straße in München. Carlo Ancelotti, der Trainer des FC Bayern | |
München, hat 15 Minuten in seinem Terminkalender geblockt, um in diesem | |
kleinen, fensterlosen Raum Fragen von JournalistInnen zum nächsten Spiel zu | |
beantworten. | |
Philipp Nagel, seit neun Jahren Sportreporter beim Bayerischen Rundfunk, | |
hebt die Hand: „Herr, Ancelotti, erlauben Sie eine Frage zum Madrid-Spiel? | |
Wie konnte die Mannschaft so versagen?“ Die zweite Halbzeit im | |
Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid war die schlechteste, die | |
Nagel in der Allianz-Arena je gesehen hat. | |
Ancelotti könnte vom Gegner erzählen, vom Unterzahlspiel, von taktischen | |
Fehlern. Stattdessen hebt er eine Augenbraue und sagt zwei Wörter: „Kleine | |
Details.“ Nagel wartet. „Ist das alles?“ Der Pressesprecher winkt ab, kei… | |
weiteren Fragen zum Madrid-Spiel, das habe der Trainer sich so gewünscht. | |
Nach der Pressekonferenz sitzt Nagel im Auto und fährt ins Funkhaus des BR. | |
Der 30-Jährige trägt Dreitagebart, Holzfällerhemd und Jeans mit Rissen über | |
den Knien. „Es war schon mal leichter für Radio-Journalisten“, sagt er. | |
Ancelotti ist kein einfacher Trainer, der gebürtige Italiener spricht leise | |
und wenig, auf kritische Fragen antwortet er oft nicht. Nagels Arbeit aber | |
lebt von Zitaten. | |
Auch Ancelottis Vorgänger, Pep Guardiola, sprach wenig Deutsch und war | |
bekannt für seine Reporterscheu. Den Wunsch, nicht mit JournalistInnen | |
reden zu müssen, soll er sich im Vertrag gesichert haben. | |
## „Böse Kampagnen“ gegen Pep Guardiola | |
Während Nagel Auto fährt, packt der Kameramann von FC Bayern.tv gerade | |
seine Ausrüstung zusammen. Der Sender hat den „Pressetalk“ mit Ancelotti | |
live übertragen, direkt aus dem Vereinssitz an der Säbener Straße auf die | |
Smartphones, Tablets und Fernseher seiner Abonnenten. | |
Seit Februar sendet der Kanal 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, als | |
erster linearer Fernsehsender eines deutschen Vereins. 35 Mitarbeiter | |
machen das Programm: Nach der Pressekonferenz kommen Wiederholungen von | |
Spielen, Analysen und Interviews, um 18 Uhr dann live die neusten | |
Nachrichten. 30.000 Fans zahlen 5,95 Euro im Monat, um das Programm zu | |
empfangen. „Wer braucht da noch Journalisten?“, fragte zum Senderstart die | |
Süddeutsche Zeitung. | |
Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, warf | |
JournalistInnen letztes Jahr auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern | |
vor, „böse Kampagnen“ gegen Pep Guardiola gefahren zu haben. Die | |
Berichterstattung im Fußball habe dasselbe Muster wie beim Brexit und den | |
US-Wahlen, sagte er. Kritik von Journalisten an der Champions-League-Reform | |
nannte er „Fake News“. Überhaupt sei 2016 „ein schwarzes Jahr für die | |
Medien“ gewesen. | |
Der FC Bayern ist nicht die einzige Institution, von der Medienmachende | |
sich ausgeschlossen fühlen. Im November 2016 sprach der TSV 1860 München | |
ein zeitweiliges Hausverbot für JournalistInnen aus. Spieler und | |
Funktionäre durften nicht mehr mit der Presse reden, nachdem kritisch über | |
die Entlassung eines Trainers berichtet worden war. Im Januar entzog der | |
Verein drei Zeitungen die Dauerakkreditierung. Im März verlor eine weitere | |
kritische Reporterin die Akkreditierung, der Verein strafte sie in einer | |
Pressekonferenz mit dem Kommentar: „Wir werden deine Fragen nicht | |
beantworten.“ | |
Die Verschwiegenheit gegenüber der Presse ist im Fußball besonders | |
deutlich, sie existiert aber über die Sportwelt hinaus. Der | |
Elektronikhersteller Apple ist berüchtigt für seine Verschlossenheit: „Wir | |
beantworten nur sehr selten Anfragen“, sagt ein Pressesprecher am Telefon. | |
Die AfD hat letztes Jahr mehrmals Medienvertreter von ihren Veranstaltungen | |
ausgeschlossen, und Donald Trump twittert sowieso lieber, als sich mit | |
Medien auseinanderzusetzen – er nennt sie wahlweise „unehrlich“, „falsc… | |
oder „Feind des amerikanischen Volkes.“ | |
## Alles positiv gefiltert | |
Früher war die Arbeit mit JournalistInnen für viele PolitikerInnen, | |
SportlerInnen und UnternehmerInnen zwar leidig, aber oft auch ein | |
willkommener Weg, Aufmerksamkeit zu bekommen. Heute machen es die sozialen | |
Medien möglich, direkt und selbstbestimmt mit den KundInnen oder | |
WählerInnen zu kommunizieren. Wer selbst formuliert, muss keine Angst | |
haben, falsch zitiert zu werden – und vor allem muss er sich keine | |
kritischen Fragen gefallen lassen. | |
„Mit dem Finger am Puls der Bayern“ ist das Motto der FC-Bayern-App. Aus | |
Unternehmenssicht ergibt die direkte Kommunikation mit den Fans doppelt | |
Sinn: Der Verein behält die Kontrolle über die Inhalte und das Geld bleibt | |
auch daheim – auf den eigenen Plattformen können die Vereine sowohl | |
Werbeplätze für Sponsoring-Partner anbieten als auch in eigener Sache | |
kostenlos werben. | |
Im Studio von FC Bayern.tv steht ein Moderator breitbeinig hinter einem | |
Tisch, eine Hand hält er gegen das Schweinwerferlicht, zu seinen Füßen | |
kriecht ein dickes schwarzes Kabel. „Jap“, sagt er zur Regie, die über | |
einen Knopf im Ohr zu ihm spricht, dann hebt er den Kopf, los geht’s: | |
„Unsere Profis, Bayern, die Meisterschaft in aller Ausführlichkeit …“, | |
kündigt er die Themen an. Wer diese Nachrichtensendungen sieht, bekommt | |
Infos über fast jeden Bereich des Sportvereins: die erste Mannschaft, die | |
U19, das Basketball-Team und die Frauen. | |
„Es wird alles positiv gefiltert, nichts Unangenehmes gefragt und nichts | |
gegen einen verwendet“, sagt ein Bundesligaprofi des FC Bayern am Telefon, | |
er möchte lieber anonym bleiben. „Das finde ich persönlich sehr angenehm.“ | |
Der Sender entlastet die Spieler, er befindet sich direkt am Trainingsplatz | |
und sammelt das Material, das er dann an andere Medien weitergibt. | |
„Marketing ist ein extrem großer Teil der Arbeit für uns. Klar würden sich | |
die meisten eigentlich lieber aufs Fußballspielen konzentrieren.“ | |
## „Die nächsten zwei Jahre werden furchtbar“ | |
Einer, der sich immer gegen einen 24-Stunden-Vereinssender ausgesprochen | |
hat, ist Markus Hörwick. Er war bis 2016 Mediendirektor beim FC Bayern, | |
also der oberste PR-Mann im Verein. Seine Begründung: Viel zu aufwendig. | |
„Ich habe gesagt: Wenn wir es schaffen, ein 24-Stunden-Programm auf die | |
Beine zu stellen, dann müssen die bei Sport1 und bei der ARD doof oder faul | |
sein“, sagt Hörwick. Eine halbe Saison nach seinem Weggang wurde FC | |
Bayern.tv Realität. | |
Hörwick sitzt in der Kneipe „Stadion an der Schleißheimerstraße“, der | |
Verband Deutscher Sportjournalisten hat ihn an diesem Donnerstagabend im | |
April zu einem Themenabend eingeladen: „Sportjournalismus – gestern, heute, | |
morgen“. Das „Stadion“ ist eine Institution in der Münchner Fußballwelt. | |
Die Wände sind mit Fanschals isoliert, an der Decke klebt Kunstrasen mit | |
laminierten Porträts von Fußballgrößen. | |
Hörwick wirkt entspannt, vielleicht sogar ein bisschen stolz auf seinen | |
Skilehrerteint, den er sich jetzt, wo er das Amt niedergelegt hat, leistet. | |
Nie würde er etwas Schlechtes sagen wollen über „seinen Verein“, für den… | |
33 Jahre lang gearbeitet hat. Und doch, als er den JournalistInnen seine | |
Sicht der Zukunft darlegt, klingt es düster: „Die nächsten zwei Jahre | |
werden furchtbar. Was da auf euch zukommt.“ Bayern.tv, die sozialen | |
Netzwerke: „Wenn jetzt die Tür aufgeht und ein 14-Jähriger kommt rein: | |
grüßt den schön, er ist ein Kollege von euch.“ | |
Als Philipp Nagel im Funkturm des BR ankommt, weiß er schon, wie er seinen | |
Radiobeitrag aufbauen wird. „Ich war schon überrascht, dass Ancelotti zu | |
dem Spiel nichts sagen wollte“, sagt er. „Aber ich denke gar nicht mehr | |
darüber nach, ob ich mit den Antworten zufrieden bin oder nicht.“ Nagel hat | |
gelernt, damit zu leben, dass er auf die wichtigsten Fragen oft keine | |
befriedigenden Antworten bekommt. | |
Nagel hat eine Banklehre gemacht. Ein Gewinnspiel der Bild am Sonntag ließ | |
ihn umsatteln. Die Zeitung hatte dazu aufgerufen, zehn Fragen an Franz | |
Beckenbauer zu formulieren. Nagel gewann, der Chefredakteur attestierte ihm | |
Talent, und ein paar Praktika später fing er bei Antenne Bayern als | |
FC-Bayern-Reporter an. | |
## Es soll nicht weniger Zugang für andere Medien geben | |
Nach dem Champions-League-Finale 2013 war sein Draht zum damaligen Trainer | |
Jupp Heynckes so gut, dass er in der Pressekonferenz eine intime Frage | |
stellen konnte: „Glauben Sie, dass Sie heute Abend gut schlafen werden?“ | |
Heynckes’ Antwort vor internationalem Publikum war ein Geschenk an Nagels | |
Sender: „Ich habe ein paar Songs von Antenne Bayern dabei, die helfen mir | |
zum Entspannen und Einschlafen.“ Einige Zeit später machte der Bayerische | |
Rundfunk Nagel ein Angebot. | |
„Klar ist es frustrierend, die Spieler machen Medienschulungen und zwängen | |
ihre Meinungen in ein Korsett aus Floskeln. Aber man bekommt ein dickes | |
Fell“, sagt Nagel, während er seinen Radiobeitrag schneidet. Wie der FC | |
Bayern die Journalisten sieht? „Die brauchen uns nicht mehr.“ | |
Der Nachfolger von Markus Hörwick, der aktuelle Mediendirektor des FC | |
Bayern, Stefan Mennerich, wird energisch, wenn man ihm reduzierte | |
Pressearbeit unterstellt. „Es darf nicht weniger Zugang für andere Medien | |
geben, als es vorher gab. Das ist das Entscheidende“, sagt er. | |
Von seinem Schreibtisch aus kann er den Bayernspielern beim Trainieren | |
zusehen. Von 27 Spielerinterviews in den letzten Tagen seien nur vier für | |
die Clubmedien gewesen. „Öffentliches Training gibt es in Spanien einmal im | |
Jahr und in England gar nicht. Wir haben ein, zwei öffentliche Trainings | |
die Woche.“ | |
Er verstehe die Sorge der Journalisten, aber: „Wir beim FC Bayern haben das | |
Internet nicht erfunden. Es ist jetzt einfach da. Und natürlich nutzen wir | |
die Möglichkeiten. Das machen Zeitungsverlage und Fernsehhäuser so, | |
DAX-Unternehmen und Mittelständler und nun eben auch Fußballvereine.“ | |
## Spieler sollen Neuigkeiten selbst verbreiten | |
Mennerich leitet die Presseabteilung des FC Bayern, die nach eigenen | |
Angaben 30 verschiedene Plattformen auf bis zu 20 Sprachen bedient. Eigene | |
Redaktionen in New York, Kairo und Schanghai twittern, instagrammen und | |
chatten mit den Fans. „Wir sind garantiert in erster Linie ein | |
Fußballclub“, sagt Mennerich. „Wir machen auch Merchandising und wir machen | |
auch Sponsoring und Medien. Weil das für einen modernen Fußballclub wichtig | |
ist. Aber wir sind ein Fußballclub.“ | |
Beim Themenabend in der Kneipe sagt Markus Hörwick Sätze wie: „Das Wort | |
‚vermarkten‘ gab es damals noch gar nicht.“ Die JournalistInnen im Publik… | |
hören ihm zu wie einem Märchenonkel. Nur dass seine Geschichten mehr oder | |
weniger wahr sind. Glaubt man Hörwick, hat er die Medienarbeit im Fußball | |
miterfunden, er war der erste hauptamtliche Sprecher in der Bundesliga. | |
„Diese Philosophie der offenen Medienarbeit, die haben wir entwickelt. | |
Öffentliche Trainings, das hat vorher keiner gemacht.“ | |
Heute empfehlen Berater ihren Spielern, Neuigkeiten selbst in den sozialen | |
Netzwerken zu teilen, statt mit Journalisten zu sprechen. So bekommen die | |
Sportler mehr Follower, und auch die lassen sich zu Geld machen. „Ich bin | |
froh, dass ich das nicht mitmachen muss“, sagt Hörwick. „Wenn wir in dem | |
Tempo weitergehen, wird eine Pressestelle im Fußball in drei, vier Jahren | |
nicht mehr nötig sein.“ | |
In Hörwicks Anfangsjahren war Fußball noch mehr Nebensache als | |
Milliardengeschäft. Heute spielen die Münchner Fußballfans jeden zweiten | |
Samstagmittag in der U-Bahn Körpertetris. Vom Sendlinger Tor bis | |
Fröttmaning schieben sie sich ineinander. Ein Alonso legt seinen Kopf auf | |
die Schulter eines anderen. Ein Boateng klebt in einer Polohemdachsel. Die | |
75.000 Plätze in der Allianz-Arena sind grundsätzlich ausverkauft. | |
Anfang Mai spielt der FC Bayern gegen den SV Darmstadt 98. Während die | |
Spieler sich aufwärmen, läuft auf den riesigen Flachbildschirmen über den | |
Rängen Werbung für FC Bayern.tv. Real Madrid und Manchester United haben | |
schon lange Vereinssender. Vielen Fußballfans ist kritische | |
Berichterstattung auch ziemlich egal. Man will wissen, wer gewonnen hat, | |
hören, dass der eigene Verein gut gespielt hat. Wenn etwas nicht läuft, | |
wissen die meisten Fans selbst, wen sie ausgewechselt hätten. Vielleicht | |
ist es mit dem Verein ein bisschen so wie mit der Familie: Jeder schimpft | |
mal über die eigene Mutter, aber wehe, wenn es ein anderer tut. | |
Die Kritik an Uli Hoeneß nach dessen Steueraffäre war vielen Fans des FC | |
Bayern zu scharf. Fragt man die Fans im Stadion, denken viele beim | |
Stichwort Sportjournalismus zuerst an mediale Hetzjagden und plumpen | |
Boulevard, nicht an investigative Leistungen im Kampf gegen Korruption und | |
Doping. | |
## Neben der Arena steht ein eigenes Rechenzentrum | |
Nur ein Fan lobt den seriösen Sportjournalismus: „Gerade im Jahr 2017 ist | |
das so wichtig, wenn man sich die Fifa, die Uefa und das IOC ansieht. Auch | |
die ‚FootballLeaks‘ sind wichtig, um dieser furchtbar intransparenten | |
Branche ein wenig ans Bein zu pinkeln.“ | |
Auf der Betonesplanade der Ebene 2, hinter dem Unterrang, gibt es 16 | |
Verkaufsstände. Und ein „#Tagboard“: Auf 16 großen Bildschirmen werden die | |
Fan-Highlights aus den sozialen Medien präsentiert. #MiaSanMia, Instagram, | |
Twitter, Facebook, Google+. Bayern arbeitet mit den neuen Medien wie kein | |
anderer deutscher Verein. Neben der Arena steht ein eigenes Rechenzentrum, | |
auf dessen Servern alle Webseiten und Apps des Vereins unabhängig von | |
anderen Telekommunikationsanbietern verwaltet werden – mit eigenem | |
Notstromaggregat, damit der Verein auch bei Stromausfall nie offline ist. | |
In der Südkurve der Allianz-Arena hat eine bierbedingte Vokalverschiebung | |
stattgefunden, schalschwingende Dauerkartenbesitzer singen | |
„Schälölölä-schöleläh.“ Mittendrin steht Jan Placht, Blogger, Bayernf… | |
beide Hände in den Hosentaschen. Er trägt weder Trikot noch Schal, „aus | |
Faulheit“, sagt er. | |
Es ist ein langweiliges Spiel, die Meisterschaft für den FC Bayern steht | |
schon seit einer Woche fest. Placht ist trotzdem aufmerksam. Zusammen mit | |
Freunden betreibt er das Portal Miasanrot, ein Blog über den FC Bayern aus | |
Fanperspektive. Zu Pressekonferenzen gehen die Blogger nicht, Interviews | |
brauchen sie keine. „Nach dem Spiel jemandem ein Zitat aus dem Gesicht | |
leiern, würde mir eh nichts bringen“, sagt Placht. | |
Seine Texte leben von taktischen Analysen und Einordnungen, Beiträge unter | |
1.000 Wörtern findet man kaum auf der Seite. Als Quelle reichen die Spiele | |
im Fernsehen und Daten von Statistikseiten. „Ich bin froh, dass ich mit | |
dieser Medienmaschinerie nichts zu tun haben muss“, sagt Placht. Die | |
JournalistInnen könnten nicht so frei berichten, wie sie wollten. Wer es | |
sich verscherzt, bekommt keine Akkreditierung. Wer wie er von vornherein | |
keine will, ist unabhängig. | |
## Nach manchen Tagen hilft nur noch: be cool | |
Die Halbzeitpause verbringt Placht in einer WhatsApp-Gruppe mit seinen | |
KollegInnen. Aus den „Offices“ in Hamburg und Berlin diskutieren sie | |
Analysepunkte und feedbacken gegenseitig Texte. Spätestens eine Stunde nach | |
dem Abpfiff soll die Analyse online gehen. Keiner von ihnen verdient Geld | |
mit dem Bloggen, zumindest noch nicht. Die Südkurve singt: „Südkurve | |
München sind wir, wir stehen immer zu dir. Folgen dir rund um die Welt, um | |
die Welt, scheiß aufs Geld – scheiß aufs Geld!“ | |
Miasanrot bedient eine Nische, nicht jeder Fan interessiert sich so | |
detailliert für Taktik und Spielsysteme. Trotzdem erreichen die zwölf | |
AutorInnen bis zu 150.000 Menschen im Monat; wenn es bei den Bayern | |
schlecht läuft, eher mehr. Auch zu Spielertransfers und vereinspolitischen | |
Themen gibt es Einordnungen, kein „Bayern-Bashing“, aber durchaus Kritik. | |
Gegründet hat sich Miasanrot auch aus Unzufriedenheit mit der etablierten | |
Sportberichterstattung: Sensationalismus, Schwarz-Weiß-Denken, | |
Oberflächlichkeit. | |
„Der FC Bayern versucht seine eigene Marke zu stärken, das kann ich aus | |
betriebswirtschaftlicher Sicht absolut nachvollziehen“, sagt der | |
BR-Reporter Philipp Nagel. In seinem fertigen Radio-Beitrag bringt die | |
Stimme des Bayern-Trainers Ancelotti keine substanziellen Informationen, | |
„über Madrid will Ancelotti nicht sprechen“, sagt Nagel im professionellen | |
Sprecher-Ton. | |
„Viel schlimmer kann es ja nicht mehr werden“, sagt Nagel, der seinen Job | |
eigentlich liebt. Er sitzt in eine Café am Münchner Gärtnerplatz und trinkt | |
Minztee der Sorte „be cool“. Mindestens eine Pressekonferenz vor jedem | |
Ligaspiel müssen die Vereine abhalten, das ist die selbstauferlegte | |
Vorgabe. „Ich werde nie aufhören zu fragen“, sagt Nagel. „Selbst wenn ich | |
49 von 50 Mal keine Antwort bekommen würde. Ich frag immer.“ | |
22 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Marie Kilg | |
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