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# taz.de -- Petition der Woche: Ein Obdach, auch tagsüber
> Morgens um halb zehn werden die Obdachlosen in Hamburg zurück auf die
> Straße geschickt. Jörg Petersen will, dass sich daran etwas ändert.
Bild: Lasst Hamburgs Obdachlose nicht frieren – auch tagsüber nicht
Jörg Petersen weiß, wie es ist, obachlos zu sein. Er kennt die Kälte, die
Anfeindungen, den Hunger. Vor allem der Winter machte ihm in seinen
dreieinhalb Jahren auf Hamburgs Straßen zu schaffen. Heute ist er
glücklich, in einer Wohnung leben zu können. Doch auch dort lassen ihn die
Gedanken an das Draußen nicht los. Wie viele Obdachlose suchen gerade einen
Platz? Wo werden sie vertrieben? Wann werden die nächsten erfrorenen
Obdachlosen aufgefunden?
Als ehemaliger Straßenbewohner schätzt er es sehr, dass es das städtische
Winternotprogramm gibt. Jeden Winter organisiert der Senat ab dem 1.
November zwei Unterkünfte für 600 Obdachlose. Dazu kommen Wohncontainer der
Kirchen, die weitere Plätze bereitstellen. Sie bieten einen anonymen und
formlosen Zugang zum Schutz vor der Kälte. Jeden Tag ab 17 Uhr können
Obdachlose in den Gemeinschaftsunterkünften Unterschlupf finden. Bis zum 2.
April des laufenden Jahres warten dort Betten, Sozialarbeiter und die
Möglichkeit, der Kälte zu entkommen. Ehrenamtliche organisieren Abendessen
und Frühstück.
Doch danach ist Schluss. Morgens um halb zehn werden alle Obdachlosen
zurück auf die Straße geschickt. Zurück in die Kälte, zu den Anfeindungen,
zum Hunger. Jörg Petersen will, dass sich daran endlich etwas ändert.
[1][Eine von ihm initiierte Petition] soll den Hamburger Senat dazu
bewegen, das Winternotprogramm zu erweitern. Adressiert an den Ersten
Bürgermeister Olaf Scholz fordert er: „Hamburgs Obdachlose dürfen nicht
mehr länger in die Kälte geschickt werden!“
Über 30.000 Menschen unterstützen seinen Aufruf bereits. Darunter ist auch
die Hamburger Obdachlosenzeitung Hinz & Kunzt. Denn auch wenn es zahlreiche
Tagesstätten für Obdachlose gibt, stehen ab halb zehn insgesamt nur 200
Plätze zur Verfügung. „Die meisten anderen Tagesstätten machen erst später
auf“, sagt Jonas Füllner von der Obdachlosenzeitung.
## Den ganzen Tag. Für alle
Jahrelang war der Verkauf der Zeitung auch für Petersen eine wichtige
Einkommensquelle. Täglich stand er mit einem Stapel der neuesten Ausgabe
vor einer Aldi-Filiale im Stadtteil Hittfeld. Eines Abends war er dank
Freikarten bei einem Konzert. Seine von anderen Besuchern gefilmte
Tanzeinlage schaffte es bis ins „Hamburg Journal“ des NDR. Nur kurze Zeit
danach organisierte ihm eine begeisterte Kundin eine Wohnung.
Petersen hatte das Glück, das vielen der schätzungsweise 2.000 Obdachlosen
in der Hansestadt verwehrt bleibt. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich
höher, „erst in diesem Jahr wird es zu einer neuen Zählung kommen, die dann
Klarheit bringt“, sagt Jonas Füllner. Besonders betroffen von der aktuellen
Situation sind osteuropäische Obdachlose. „Viele von ihnen werden am
Winternotprogramm abgewiesen, weil man in der sogenannten
Perspektivberatung feststellt, dass es für sie in Hamburg keine Perspektive
gibt.“ Sie hätten ja eine Wohnung in ihrem Herkunftsland. Trotzdem
versuchen die meisten, sich in Deutschland durchzuschlagen. Auch deshalb
ist für Petersen klar: Es braucht ein ganztägiges Hilfsprogramm. Und zwar
für alle.
Mit einem Flashmob, bestehend aus einer Putzkolonnne, die Obdachlose
vertreibt, machte er diesen Winter auf die Problematik aufmerksam. Mit der
Petition soll die Politik nun zum Handeln getrieben werden.
7 Jan 2018
## LINKS
[1] https://www.change.org/p/olafscholz-winternotprogramm-f%C3%BCr-obdachlose-a…
## AUTOREN
David Gutensohn
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