# taz.de -- Ausbeutung im Baugewerbe: Arbeiter besetzen Kran in Düsseldorf | |
> Auf einer Großbaustelle sind Arbeiter aus Rumänien um ihren Lohn betrogen | |
> worden. Deshalb wollten sie sich von einem Kran in den Tod stürzen. | |
Bild: Züblin steht drauf, es sind aber noch einige Subunternehmen mit dabei | |
BOCHUM taz | Im Kampf um ihren Lohn haben rumänische Bauarbeiter in | |
Düsseldorf gedroht, von einem Baukran in den Tod zu springen. Zwei von | |
ihnen kletterten am Freitagmittag auf den 40 Meter hohen Mast, ein weiterer | |
auf den 60 Meter hohen Ausleger des Krans. | |
Am Boden der Großbaustelle mitten in der Innenstadt, die von der | |
Stuttgarter Züblin AG als Generalunternehmer betreut wird, wurden sie von | |
Kollegen unterstützt: „Wir protestieren wegen Geld“, sagte der Arbeiter | |
Mariean Romica dem WDR-Fernsehen, das bei der spektakulären, extrem | |
öffentlichkeitswirksamen Aktion mit [1][einem Team seiner „Lokalzeit aus | |
Düsseldorf“ vor Ort] war. | |
Sechs Wochen lang hätten sie mit sechs bis zehn Kollegen jeden Tag | |
gearbeitet, klagte Romica – doch statt des vereinbarten Lohns von insgesamt | |
mindestens 14.000 Euro hätten sie von einem Subunternehmen aus Aachen nur | |
4.000 Euro erhalten. Die Polizei nahm die Suiziddrohung ernst – die | |
Arbeiter seien verzweifelt und mit ihren Familien auf das Geld angewiesen, | |
so ein Sprecher vor Ort. Die Feuerwehr baute ein meterdickes Sprungkissen | |
auf. | |
Erst am Abend, gegen 20 Uhr, gelang es speziell geschulten Verhandlern der | |
Polizei, die Arbeiter zu einem Ende der Aktion zu bewegen. „Wir haben dafür | |
gesorgt, dass Verantwortliche des Subunternehmens vor Ort waren“, sagte | |
Marcel Fiebig von der Pressestelle der Düsseldorfer Polizei zur taz. In | |
zähen Verhandlungen, an denen auch die Gewerkschaft IG Bau beteiligt war, | |
sind den Arbeitern weitere Lohnzahlungen zugesagt worden. Deren genaue Höhe | |
soll aber offenbar erst in den kommenden Tagen festgelegt werden. | |
## Kein Einzelfall | |
Insgesamt sei der Düsseldorfer Fall typisch für die Ausbeutung von | |
Leiharbeitern vor allem aus Osteuropa, so Holger Vermeer von der IG Bau im | |
WDR: „Es gibt eine Sub-Sub-Subunternehmerkette. Irgendwo am Ende der | |
Baustelle dreht irgendjemand den Hahn zu – und die Kollegen stehen ohne | |
Geld da.“ Er kenne Fälle, in denen den Arbeitern nicht einmal genug Geld | |
für Lebensmittel geblieben sei, sagte Vermeer. | |
Möglich wird das durch sogenannte Werkverträge, mit denen | |
Generalunternehmen wie Züblin Teilarbeiten an immer neue Subunternehmen | |
weitervergeben. So tritt auf der Düsseldorfer Großbaustelle an der Ecke | |
Kennedydamm/Roßstraße die Kölner Niederlassung des österreichischen | |
Züblin-Mutterkonzerns Strabag als Betreiberin auf – und für die Kölner soll | |
dann letztendlich das Aachener Subunternehmen die rumänischen Arbeiter | |
beschäftigt haben. Der Vorteil für Unternehmen wie Züblin: Klagen über | |
miese Arbeitsbedingungen, nicht gezahlten Lohn und mangelhafte Sicherheit | |
können sie auf die kaum bekannten Subunternehmen abwälzen. | |
Üblich sind solche Werkverträge auch in der Fleischindustrie, [2][wo | |
Gewerkschafter seit Jahren über die massive Ausbeutung osteuropäischer | |
Arbeiter klagen]. Im Baubereich hatte zuletzt der [3][Fall des | |
Einkaufszentrums „Mall of Berlin“] Schlagzeilen gemacht, bei dessen | |
Errichtung ebenfalls Bauarbeiter aus Rumänien um ihren Lohn betrogen | |
wurden. Zuvor hatte sich die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte | |
Meyer-Werft aus Papenburg in Niedersachsen gegen Vorwürfe wehren müssen, | |
sie sei [4][zumindest indirekt für den Tod von zwei Arbeitern aus Osteuropa | |
mitverantwortlich]: Die bei einem Subunternehmen angestellten, über | |
Werkverträge bei Meyer beschäftigten Männer waren in ihrer Unterkunft | |
verbrannt. | |
17 Dec 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-duesseldorf/video-l… | |
[2] /Matthias-Bruemmer-ueber-Werkvertraege/!5253048 | |
[3] /Mall-of-Shame/!5403437 | |
[4] /Leiharbeiter-bei-der-Meyer-Werft/!5063082 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Bauwirtschaft | |
Ausbeutung | |
Leiharbeit | |
Mall of Berlin | |
Ausbeutung | |
Sklavenhandel | |
Fleisch | |
Mall of Berlin | |
Mall of Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Urteil zur Mall of Berlin: Sklaverei im Herzen Berlins | |
Keine Gerechtigkeit für die um ihren Lohn geprellten Bauarbeiter: Das Recht | |
ist auf Seiten der Privilegierten, moralisch versagt hat der Investor. | |
Arbeitsausbeutung in Hamburg: Zu wenig zum Fliehen | |
Er sollte 2.000 Euro im Monat verdienen, stattdessen bekam er fast nichts: | |
Maksym R. wurde Opfer von Arbeitsausbeutung, die System hat. | |
Protest gegen modernen Sklavenhandel: „300 Euro! Wer bietet mehr?“ | |
Mit einem symbolischen Sklavenmarkt protestieren Initiativen in sieben | |
Städten Deutschlands gegen Zwangsarbeit. | |
Prozess gegen Wiesenhof-Schlachterei: Es hat sich ausgeschlachtet | |
Schwarzarbeit im Schlachthof ist schwer nachzuweisen. In Oldenburg muss | |
sich eine Wiesenhof-Schlachterei nun vor Gericht verantworten. | |
Mall of Shame: Ausbeutung bleibt legal | |
Die Klage eines um seinen Lohn betrogenen Bauarbeiters wird vom Berliner | |
Arbeitsgericht abgewiesen. | |
Prozess um Mall of Berlin-Arbeiter: General vor Gericht | |
Viele Bauarbeiter der Mall of Berlin erhielten keinen Lohn, Prozesse | |
versandeten. | |
Kommentar zum „Mall of Berlin“-Urteil: Ein Hauch von Gerechtigkeit | |
Zwei rumänische Arbeiter erhalten doch noch ihren Lohn für ihre Arbeit auf | |
der Baustelle des Shopping-Centers. Das ist ein Anfang, mehr nicht. |