| # taz.de -- Internetexperte über Netzneutralität: „Kein demokratischer Raum… | |
| > In den USA können Provider künftig die Übertragungsgeschwindigkeit von | |
| > Daten selbst regeln. Was bedeutet das für die Nutzer in Deutschland? | |
| Bild: Der Preis für die beste Bebilderung zum Thema Netzneutralität geht an C… | |
| taz: Die US-amerikanische Kommunikationsbehörde FCC hat die Netzneutralität | |
| gekippt. Kann das wirklich das „Ende des offenen Internets“ einläuten, wie | |
| auf ihrer Seite [1][netzpolitik.org] zu lesen ist? | |
| Markus Beckedahl: Die Visionäre, die vor vierzig Jahren das Internet | |
| entwickelt haben, glaubten an das Ende-zu-Ende-Prinzip. Die jeweiligen | |
| Endnutzer sollten entscheiden, wie wir miteinander kommunizieren, ohne dass | |
| sich jemand in der Mitte einmischt. Dieses Prinzip gibt [2][die | |
| FCC-Entscheidung] auf. Wenn nicht mehr alle Inhalte gleich behandelt werden | |
| müssen, werden digitale Zollschranken kommen, an denen entschieden wird, | |
| was schneller oder langsamer durchläuft. | |
| Welche Gefahren ergeben sich daraus? Sind kritische Blogs künftiger | |
| schwerer aufzurufen als Streamingdienstleister wie Netflix? | |
| Wenn es nur das wäre… Vor fünfzehn Jahren haben Provider, also | |
| Telekommunikationsunternehmen, schon versucht, die Gewerkschaften im | |
| eigenen Unternehmen zu zensieren und den Zugang zu Foren mit | |
| Kundenbeschwerden zu blockieren. Nun werden die Provider versuchen, mit | |
| Durchleitungsgebühren abzukassieren. | |
| Warum sollten Provider nicht selbst entscheiden dürfen, welche Inhalte sie | |
| wie schnell übermitteln? | |
| Das Netz ist dann kein demokratischer, öffentlicher Raum mehr. Wer zahlen | |
| kann, dessen Inhalte werden schneller übermittelt. Da kann Geld auch | |
| entscheiden, ob und wie schnell zum Beispiel taz-Inhalte weitergeleitet | |
| werden. | |
| Aber kann man sich als Netflix-Nutzer nicht über schnelleres Streaming | |
| freuen, wenn die Netzneutralität fällt? | |
| Netflix ist schon jetzt recht schnell. Wenn man als Kunde aber vielleicht | |
| mal einen anderen Anbieter ausprobieren möchte, der sich keine | |
| privilegierte Datenübertragung leisten kann, sieht es schlecht aus. | |
| Die Aufgabe der Netzneutralität bezieht sich doch zunächst nur auf die USA. | |
| Die Entscheidung wird aber auch hier Auswirkungen haben. Wenn in den USA | |
| zum Beispiel nichtkommerzielle Anbieter oder Start-Ups durch langsame | |
| Datenübertragung benachteiligt werden, verhindert das Innovationen in | |
| Deutschland. Außerdem werden natürlich auch die heimischen | |
| Telekommunikationsriesen ihr Lobbying gegen die Netzneutralität weiter | |
| ausbauen. Man habe ja nun Wettbewerbsnachteile gegenüber den USA. | |
| Nun gibt es aber eine EU-Verordnung, die das Prinzip der Netzneutralität | |
| festschreibt. | |
| Diese Verordnung verbietet zwar die Drosselung von Inhalten, aber es gibt | |
| ein so genanntes Zero-Rating. Dabei wird die Nutzung bestimmter Dienste, | |
| wie Facebook oder Whatsapp, nicht auf das vereinbarte Datenvolumen | |
| angerechnet. Solche Deals mit den Anbietern können sich große Unternehmen | |
| leisten, die auch einen Vorteil bekommen. Alle anderen nicht. | |
| Was könnte man dagegen unternehmen? | |
| Man könnte das auch national regeln. In den Niederlanden hat man mal | |
| versucht, Zero-Rating zu verbieten, das Gesetz kam aber nicht durch. Die | |
| Bundesnetzagentur müsste hier aktiv werden. | |
| Wer lobbyiert hierzulande gegen die Netzneutralität? | |
| Deutsche Telekom, Vodafone, O2 und die Kabelnetzbetreiber. Sie machen vor | |
| allem mit dem Thema Breitbandausbau Druck. Um den Ausbau der Netze zu | |
| finanzieren, fordern sie die Aufgabe der Netzneutralität. Das stimmt aber | |
| nicht, auch ohne Netzneutralität wird es auf dem Land kein schnelleres | |
| Breitband geben. | |
| Entwerfen sie eine Dystopie. Wie sieht unsere Gesellschaft ohne | |
| Netzneutralität aus? | |
| Schon jetzt kontrollieren immer weniger Firmen immer mehr Inhalte, weil | |
| Provider wie die Telekom ja nicht nur den Zugang zum Internet | |
| bereitstellen, sondern auch Streamingdienste und anderes. Das könnte sich | |
| verstärken. Großunternehmen wie Apple haben jetzt schon genug Geld um | |
| Telekommunikationsunternehmen aufzukaufen. Wenn das passiert würden | |
| Apple-Nutzer in Zukunft in einer Blase leben, in der nur von Apple | |
| bereitgestellte oder abgesegnete Inhalte den Weg zum Kunden finden. Ob die | |
| Inhalte der taz wohl dazugehören würden? | |
| 15 Dec 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://netzpolitik.org/2017/schwarzer-tag-fuers-internet-usa-demolieren-ne… | |
| [2] /Netzneutralitaet-in-den-USA/!5467649 | |
| ## AUTOREN | |
| Jörg Wimalasena | |
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