| # taz.de -- Kommentar Sparpläne bei Siemens: Ein Wunsch zu Weihnachten | |
| > Profitable Werke zu schließen ist eine asoziale Strategie. Mehr | |
| > gesetzlicher Schutz und Stärkung der Rechte der ArbeitnehmerInnen braucht | |
| > es dagegen. | |
| Bild: Demonstration von Siemens-Angestellten in Offenbach/Hessen | |
| Viele Siemensianer werden in diesem Jahr kein fröhliches Weihnachtsfest | |
| feiern. Daran dürften auch die Beschwichtigungen von Joe Kaeser bei seinem | |
| Überraschungsbesuch im Görlitzer Turbinenwerk am Dienstag nichts ändern: | |
| Mit „Ich lasse Sie nicht allein“ und „Ich verspreche, dass es fair und mit | |
| Anstand zugehen wird“, gab sich der Siemens-Vorstandsvorsitzende | |
| fürsorglich. Doch das ist nicht mehr als wohlfeile Managerlyrik. Denn von | |
| seinen Werkschließungsplänen nahm er kein Wort zurück. Da blieb Kaeser | |
| knallhart. Nach zwei Stunden war der Herr Konzernlenker wieder weg. Die | |
| große Verunsicherung der Belegschaft ist geblieben. | |
| Es hat schon etwas Perverses: Da macht ein Konzern einen historischen | |
| Rekordgewinn von knapp 6,2 Milliarden Euro – und will gleichzeitig | |
| weltweit fast 7.000 Arbeitsplätze abbauen, die Hälfte davon in Deutschland. | |
| Die Schließung der ostdeutschen Werke in Leipzig und im strukturschwachen | |
| Görlitz scheint bereits fest beschlossene Sache zu sein, obwohl beide | |
| Standorte rentabel wirtschaften. | |
| 640 Jobs stehen in Mülheim auf der Kippe, 300 in Berlin, 680 in Offenbach. | |
| Um nur einige der betroffenen Städte zu nennen. Doch damit nicht genug. | |
| Dazu kommen weitere 6.000 Arbeitsplätze, die in den nächsten Jahren bei der | |
| deutsch-spanischen Windkrafttochter Siemens Gamesa wegfallen sollen. | |
| Mag Siemens-Chef Kaeser auch in Sonntagsreden so gerne über die | |
| gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft schwadronieren: Hier zeigt | |
| der Kapitalismus sein Gesicht. | |
| ## Spargroschen für Kaeser | |
| Um seine eigene Zukunft muss sich Kaeser freilich keine großen Gedanken | |
| machen. Sein Vertrag wurde erst im August vorzeitig um vier Jahre | |
| verlängert. Und für den Fall, dass es für ihn bei Siemens irgendwann mal | |
| nicht mehr so gut klappen sollte, wird er sich wohl den ein oder anderen | |
| Spargroschen zurückgelegt haben: Allein im vergangenen Geschäftsjahr hat | |
| der 60-Jährige knapp 7 Millionen Euro verdient. | |
| Sozialneid? Keineswegs. Aber vielleicht nutzen Kaeser und seine | |
| Vorstandskollegen ja die kommenden besinnlichen Tage und denken mal über | |
| diejenigen nach, die für sie die fürstlichen Gehälter erwirtschaftet haben. | |
| Also über jene Siemens-Beschäftigten, die dieses Weihnachten in Angst um | |
| ihren Arbeitsplatz verbringen müssen. „Ihre Argumente werden gehört“, hat | |
| Kaeser bei seinem Besuch in Görlitz versprochen. Es wäre schön, wenn dem so | |
| wäre. | |
| Und wenn das nichts nützt? Dann sollten möglicherweise auch die künftigen | |
| Regierungsparteien mal ernsthaft über den Vorschlag der Linkspartei | |
| nachdenken, Massenentlassungen und Werkschließungen in profitablen | |
| Unternehmen gesetzlich zu verbieten und die Mitbestimmungsrechte der | |
| Arbeitnehmer deutlich auszubauen. | |
| Es wäre unsinnig, Siemens dafür zu kritisieren, sich zukunftssicher | |
| aufstellen zu wollen – aber bitte nicht auf Kosten der Beschäftigten, | |
| sondern mit ihnen. Klingt unrealistisch? Mag sein. Aber an Weihnachten darf | |
| man sich ja etwas wünschen. | |
| 21 Dec 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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