# taz.de -- Die Wahrheit: Rauchende Elfen | |
> Wo der Wintermarkt ein „Winter Wonderland“ ist: In England kann der | |
> Weihnachtsmensch so manch blaues Wunder erleben. | |
Bild: Nicht mal die Pinguine bekommen Tintenfisch. Dabei hat der ein göttliche… | |
Seien Sie auf der Hut. Weihnachten steht vor der Tür, und da kann viel | |
schiefgehen. In England zum Beispiel sind selbsternannte „Event Manager“ | |
unterwegs und eröffnen überall „Winter-Wunderländer“, um Eltern das Geld | |
aus der Tasche zu ziehen. Statt des versprochenen „wundervollsten | |
Weihnachtserlebnisses“ ist dann oft eine Behandlung für die traumatisierten | |
Kinder fällig. | |
So musste die „Magical Journey“ des Designers Laurence Llewelyn-Bowen vor | |
ein paar Jahren bereits nach einem Tag schließen, weil nichts | |
funktionierte, wie es sollte. Man hätte es ahnen können, denn schon seine | |
Fernsehshow „Changing Rooms“ war eine Katastrophe. Llewelyn-Bowen sollte | |
ein dröges Esszimmer in Hull in ein Meisterstück im Queen-Anne-Stil | |
verwandeln. Als die Besitzerin das Ergebnis sah, brach sie in Tränen aus. | |
Genauso erging es den Kindern bei der „Magical Journey“. Die angeblich | |
elektrische Schmalspurbahn musste von fluchenden Elfen, die sich ständig | |
Kippen ansteckten, geschoben werden. Die Feenkönigin war von Kopf bis Fuß | |
tätowiert, aber nicht mit weihnachtlichen Motiven. Sie wünschte den | |
Besuchern ein „Scheißweihnachtsfest“, und die fünf volltrunkenen | |
Weihnachtsmänner pflichteten ihr bei. | |
Llewelyn-Bowen hatte ihnen ein neues Design verpasst. „Ich wollte keine | |
arbeitslosen Fahrstuhlführer“, sagte er. „Die Weihnachtsmänner sollten | |
attraktiv sein und mit den Müttern ein bisschen flirten.“ Denen war danach | |
aber nicht zumute, nachdem sie 75 Pfund Eintritt für die Familie bezahlt | |
und eine Dreiviertelstunde auf den weißbärtigen Suffkopf in einem | |
schlammigen Zelt gewartet hatten. | |
Das „Winter-Wunderland“ in Milton Keynes überlebte nur einen Tag länger. | |
Eine Zeitung hatte berichtet, dass die Kunsteisbahn aus ein paar | |
Plastikfolien bestand, und dass der Weihnachtsmann ein junger, ungewöhnlich | |
dünner Mann war, dem ständig der rote Bademantel aufging, sodass sein | |
T-Shirt mit dem Aufdruck „Fuck Christmas“ zum Vorschein kam. | |
„Lappland“ in den West Midlands wurde geschlossen, bevor es überhaupt | |
eröffnet worden war. Statt der Schlittschuhbahn, der Rentiere und der | |
Kirmes gab es ein paar Zelte mit jämmerlichen Dekorationen auf einer nassen | |
Wiese. Obendrein hatte die Stadtverwaltung keine Genehmigung für das | |
Jammerlappland erteilt. | |
Die Krone der Unverfrorenheit gebührt dem Matchams-Freizeitpark in Ringwood | |
– ein „Ort, wo Träume wirklich wahr werden“, wie die Veranstalter | |
behaupteten. Es waren Albträume. Die angekündigte Eislaufbahn gab es nicht, | |
und das Krippenspiel war auf eine Plakatwand aufgemalt. Wütende Eltern | |
vermöbelten den Weihnachtsmann und die Elfen, während sich der Schneemann | |
aus dem Staub machte. Der Tierschutzverein beschlagnahmte die Esel und | |
Schlittenhunde wegen Tierquälerei. Den später ankommenden Familien erklärte | |
ein Angestellter, dass „der verfickte Weihnachtsmann tot“ sei. | |
Frohes Fest! | |
18 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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