# taz.de -- Die Wahrheit: Rote Karte für Santa Claus | |
> Der Weihnachtsbaum ist deutsch, der Weihnachtsmann kommt aus | |
> Griechenland: Warum den Briten nach einem harten Brexit ein hartes | |
> Weihnachten blüht… | |
Bild: Auf die Ohren: Adventszeit ist Musikzeit | |
Am Donnerstag und Freitag geht es für euch auf dem EU-Gipfel um alles, | |
liebe Briten: Es geht um Weihnachten. Es könnte euer vorletztes Fest sein, | |
so wie ihr es kennt. Schafft ihr keinen Deal mit der EU, kommt es im | |
Frühjahr 2019 zum „harten Brexit“. Und das hätte Konsequenzen für alles | |
Ausländische auf eurer Insel. Einige Veränderungen habt ihr jetzt schon zu | |
spüren bekommen. Anhänger eurer EU-feindlichen United Kingdom Independence | |
Party (Ukip) haben manche Supermärkte dazu gezwungen, Adventskalender aus | |
dem Sortiment zu nehmen, weil die eine „Erfindung deutscher Lutheraner aus | |
dem 19. Jahrhundert“ seien. Also unbritischer Tinnef. | |
Als Nächstes ist euer Weihnachtsbaum dran. Der ist ebenfalls deutsch und | |
wurde von Königin Victoria eingeführt, weil ihr Mann Albert von | |
Sachsen-Coburg und Gotha sich eine Tanne im Schloss gewünscht hatte. | |
Lametta wurde 1610 in Nürnberg erfunden, bis zum Ersten Weltkrieg war | |
Frankreich größter Hersteller. Jawohl, Frankreich! Ist euch Brexitierern | |
das Weihnachtsfest nun verdorben? | |
Aber es kommt noch schlimmer. Der Weihnachtsmann – oder Father Christmas, | |
wie ihr ihn nennt – ist Grieche. Sankt Nicholas von Myra war ein | |
byzantinischer Bischof, der wegen seiner großzügigen Geschenke beliebt war. | |
Kein Adventskalender, kein Baum, kein Lametta, keine Geschenke, und nun | |
müsst ihr den Weihnachtsmann auch noch ausweisen und Prinz Philip gleich | |
mit, denn der ist auch Grieche. | |
Sankt Nicholas half damals übrigens einem armen Mann und seinen drei | |
schönen Töchtern. Da es kein Geld für die Mitgift gab, hätten die Töchter | |
Prostituierte werden müssen. Sankt Nicholas wollte helfen, ohne den | |
Mannesstolz zu verletzen, und warf heimlich Gold durchs Fenster. Das | |
landete zufällig in einem Strumpf, und die Mädels konnten heiraten. So war | |
das eben im 4. Jahrhundert: Entweder hatten die Frauen Geld, um einem | |
Ehemann zu ködern, oder sie mussten auf den Strich gehen. | |
Heutzutage können sie sogar Premierministerin und Weihnachtsmörderin | |
werden. Geschenke in den Strümpfen sind dank eurer Frau May also auch total | |
out, und die traditionellen, doch fremdländischen Mandarinen in der | |
Fußbekleidung sowieso. | |
Dürft ihr euch wenigstens unter dem Mistelzweig küssen? Nein, sorry, das | |
geht dann auch nicht mehr. Diese Tradition stammt nämlich aus Skandinavien, | |
denn dort hat der böse Gott Loki einen Pfeil aus einem Mistelzweig | |
gebastelt und damit den Sonnengott Balder erschossen. Weil der Mistelzweig | |
bereute und versprach, sich anständig zu benehmen, wurde er zum Symbol der | |
Liebe – aber nicht mehr für euch, Briten! | |
Was bleibt? Nicht allzu viel. Statt Mandarinen könnt ihr euch Runkelrüben | |
in die Gummistiefel („Wellingtons“) stopfen, denn beide sind durch und | |
durch britisch. Und den liebsten Brauch kann euch nach dem harten Brexit | |
auch niemand nehmen – das zünftige Besäufnis mit warmem englischem Bier. | |
Happy Christmas! | |
11 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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