# taz.de -- Aktivistin über US-Journalismus: „Die Medien wehren sich“ | |
> Amy Goodman von „Democracy Now“ spricht über Donald Trumps Angriffe auf | |
> die Pressefreiheit. Er belebt mit ihnen soziale Bewegungen, sagt sie. | |
Bild: Amy Goodman bei den Protesten gegen die Dakota Access Pipeline im Oktober… | |
taz: Frau Goodman, seit einem Jahr greift Präsident Donald Trump immer | |
wieder die Medien an. Doch denen scheint es so gut zu gehen wie lange | |
nicht. Zeitungen wie die New York Times verzeichnen steigende Abozahlen. | |
Investoren interessieren sich für die großen Titel. Profitieren die Medien | |
am Ende von Trump? | |
Amy Goodman:Indem Donald Trump die Medien bedroht, indem er sie „Feinde des | |
amerikanischen Volkes“ nennt, aktiviert er gewisse Grundüberzeugungen bei | |
den Menschen. Die Menschen aus allen politischen Lagern glauben an die | |
Meinungsfreiheit, an die Pressefreiheit. Sie verstehen, dass Donald Trump | |
die Medien nur deshalb kritisiert, weil sie ihn kritisieren. Das ärgert die | |
Leute. | |
„Democracy Now“ gibt es seit 20 Jahren, seit Jahren sprechen wir über die | |
Bedeutung unabhängiger Medien. Jetzt klingen plötzlich auch alle anderen | |
wie wir. Ich glaube, das liegt daran, dass Trump sie persönlich angreift. | |
Weil er Namen nennt, weil er dazu aufruft, sich JournalistInnen zu | |
„schnappen“. Manche Reporterinnen und Reporter nehmen inzwischen Bodyguards | |
mit zu politischen Veranstaltungen, das ist beunruhigend. Aber ich bin | |
überzeugt: Den meisten Menschen ist klar, dass das nicht in Ordnung ist. | |
Sie denken wieder darüber nach, was die Grundlagen einer Demokratie sind. | |
Gilt das nicht bloß für die eine Hälfte des Landes, die eher liberale? | |
Kommt es nicht vielmehr zu einer Polarisierung? | |
Ich denke nicht, dass es bloß eine Hälfte des Landes ist. Klar, Trump hat | |
den Hass aus dem Untergrund geholt. Menschen, die sich zuvor nicht getraut | |
haben, ihre Ansichten zu äußern, tun das jetzt. So wie die White | |
Supremacists mit ihren Fackeln in Virginia. Die hatten keine verhüllten | |
Gesichter, wie der Ku- Klux-Klan, sie fühlten sich sicher genug, ihre | |
Gesicht zu zeigen. Das ist bedrohlich. Aber das steht keineswegs für die | |
Mehrheit. | |
Was ist mit dem Versuch, die Lokalmedien zu kontrollieren, wie es gerade am | |
Beispiel der Sinclair Broadcast Group zu erkennen ist? | |
Es ist genau wie im Bereich Ökologie: Die Regierung hat hier nicht ein | |
einziges Gesetz von Bedeutung auf den Weg gebracht, obwohl die Republikaner | |
die Mehrheit im Kongress haben. Aber sie nimmt systematisch Schritt für | |
Schritt jede Verordnung zurück, die unsere Umwelt schützt. Die einzelne | |
Verordnung mag da nicht ins Gewicht fallen, aber zusammengenommen bringt | |
das uns alle in Gefahr. | |
Genauso verhält es sich gerade mit den Medien: Die Federal Communications | |
Commission sorgt für Medienverdichtung zugunsten der Sinclair Broadcast | |
Group, einem Konzern, der seine Vertragspartner verpflichtet, | |
Meinungssegmente von Trump-Freunden auszustrahlen. | |
Was bezweckt der Präsident damit? | |
Er versucht, nicht sehr erfolgreich, aber er versucht es, die Macht über | |
die Medien zu konzentrieren, ebenso wie er versucht, die Macht über die | |
Finanzwelt zu konzentrieren. Es ist eine Form von Größenwahn, die wir so | |
bisher nicht kannten. Dazu kommt, dass er fasziniert ist von autoritären | |
Staatsoberhäuptern wie Putin oder Duterte. Er versucht, sie zu imitieren. | |
Und das stärkt wiederum diese autoritären Herrscher. Trump wird den | |
Autoritarismus globalisieren. Es sei denn, die Zivilgesellschaft stellt | |
sich ihm entgegen. Journalismus ist ein Weg, das zu tun. | |
Auch seitens der Linken gibt es traditionell heftige Medienkritik. Es geht | |
oft gegen „die Systemmedien“ oder „die Konzernmedien“. Sie selbst sprec… | |
so. Ist es sinnvoll solche Pauschalurteile zu äußern – vor allem jetzt, da | |
sich die Rechte dieser Rhetorik bedient? | |
Nun, die Medien, zusammengenommen, sind eben sehr mächtig. Das gilt in den | |
USA besonders für die großen Sender. Auch unter Trump ist es unerlässlich, | |
dass wir uns den kritischen Blick auf die Medien bewahren. Dass wir | |
MedienkritikerInnen uns nicht zurückhalten, nur weil er an der Macht ist. | |
Mein Kollege Jeremy Scahill hat mal gesagt: „Wir sind dieselben | |
Journalistinnen und Journalisten, egal ob unter einer demokratischen oder | |
einer republikanischen Regierung.“ | |
Sie finden nicht, dass JournalistInnen jetzt mehr füreinander einstehen | |
sollten? | |
Die Medien wehren sich ja bereits. Aber wir müssen dennoch kritisch | |
bleiben. Nicht nur Fox, auch die anderen Sender geben oft nur dem | |
Establishment eine Stimme. | |
Wen meinen Sie mit dem „Establishment“? | |
Eine kleine Gruppe von JournalistInnen zirkuliert immer um eine kleine | |
Gruppe von PolitikerInnen in Washington. Diese Isolation muss man infrage | |
stellen. | |
Haben Sie das Gefühl, dass sie jetzt mehr infrage gestellt wird? | |
Die Sender sind geradezu geschockt von dem, wofür Trump steht. Sogar Fox. | |
Dass sogar wissenschaftliche Fakten immer wieder hinterfragt werden, dass | |
sich nicht einmal mehr auf grundlegende Tatsachen geeinigt werden kann. Das | |
gesamte Establishment ist aufgewacht. | |
Sie scheinen kein bisschen besorgt zu sein. | |
Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube an die Stärke der Vereinigten Staaten. | |
Natürlich sind das schwierige Zeiten. Aber zugleich kommt es gerade zu | |
einem Wiederaufleben von sozialen Bewegungen, wie wir sie noch nicht | |
gesehen haben. | |
6 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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