| # taz.de -- Recht auf Information über Abtreibung: Vom Nazi- zum SPD-Paragrafen | |
| > Schwangerschaftsabbrüche waren in Deutschland immer strafbar, Werbung | |
| > dafür ist es erst seit 1933. Seitdem wurde die Vorschrift immerhin | |
| > entschärft. | |
| Bild: Das Strafgesetzbuch am Arbeitsplatz | |
| Berlin taz | Als das deutsche Strafgesetzbuch im Jahr 1871 entstand, waren | |
| Abtreibungen schon strafrechtlich verboten. Einzig Schwangerschaftsabbruch | |
| aus medizinischen Gründen war im Jahr 1927 erlaubt worden. | |
| Werbung für Schwangerschaftsabbruch ist dagegen erst seit 1933 strafbar: | |
| „Wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder | |
| Förderung von Abtreibungen anbietet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren | |
| oder mit Geldstrafe bestraft.“ Dieser Paragraf 220 wurde von den Nazis am | |
| 26. Mai 1933 im „Gesetz zur Abänderung strafrechtlicher Vorschriften“ | |
| eingeführt. Dabei wurden – im Vorgriff auf eine große NS-Strafreform – ru… | |
| 20 Normen im Strafgesetzbuch verschärft, auch zum Quälen von Tieren und | |
| Kindern, zur (wirtschaftlichen) Untreue und zur Prostitution. | |
| Die Strafvorschrift zum Anbieten von Abtreibungen blieb auch nach dem Ende | |
| des Dritten Reiches bestehen. Sie galt den Alliierten nicht als typisches | |
| NS-Recht. Modifiziert wurde die Vorschrift erst 1974 von der | |
| sozialliberalen Koalition im Zuge der „Fristenlösung“, als Abtreibung bis | |
| zur 12. Woche grundsätzlich straffrei gestellt wurde. Dabei blieb die | |
| „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ aber im Wesentlichen | |
| strafbar. Begründung der SPD-geführten Koalition: Es soll verhindert | |
| werden, „dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas | |
| Normales dargestellt und kommerzialisiert wird“. | |
| Immerhin wurde die Vorschrift etwas entschärft. Strafbar ist die Werbung | |
| nur noch, wenn sie wegen eines „Vermögensvorteils“ oder „in grob anstö�… | |
| Weise erfolgt“. Das heißt: Der Arzt, der gegen Honorar legal Abtreibungen | |
| vornimmt, darf darüber nicht informieren. Andere Ärzte, Beratungsstellen | |
| und Behörden dürfen Frauen aber mitteilen, welche Praxen legal | |
| Schwangerschaften abbrechen. | |
| ## Gelegentlich neue Paragrafennummer | |
| Diese sozialliberale Vorschrift gilt bis heute. Sie blieb auch bestehen, | |
| nachdem das Bundesverfassungsgericht 1976 die Fristenregelung kippte und | |
| als 1993 die heutige Beratungslösung eingeführt wurde. Die Vorschrift | |
| erhielt nur gelegentlich eine andere Paragrafennummer, 219a heißt sie seit | |
| 1993. | |
| 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht: „Wenn die Rechtsordnung Wege | |
| zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte eröffnet, muss | |
| es dem Arzt auch ohne negative Folgen für ihn möglich sein, darauf | |
| hinzuweisen, dass Patientinnen seine Dienste in Anspruch nehmen können.“ | |
| Dabei ging es aber nicht um Paragraf 219 a, sondern um einen | |
| Abtreibungsgegner, dem verboten worden war, vor einer Klinik Flugblätter | |
| gegen einen Arzt zu verteilen. | |
| 29 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Paragraf 219a | |
| Schwerpunkt Abtreibung | |
| Schwerpunkt Paragraf 219a | |
| Schwerpunkt Abtreibung | |
| Lesestück Meinung und Analyse | |
| Kristina Hänel | |
| Kristina Hänel | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kommentar Paragraf 219a: Schluss mit der Schikane! | |
| Die Abschaffung des § 219a ist überfällig. Er verhindert nicht nur, dass | |
| Frauen sich informieren können. Er ist auch eine Einladung für | |
| Strafanzeigen. | |
| Gastkommentar Paragraf 219a: Weg damit! | |
| Das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Staates und sollte sich nicht | |
| gegen Informationen richten. Der Paragraf 219a ist verfassungswidrig. | |
| Abschaffung von §219a: Ein Paragraf aus Absurdistan | |
| Der §219a verbietet nicht nur Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, sondern | |
| auch Infos. Grüne, SPD, Linke und FDP wollen das ändern. | |
| Werben für Schwangerschaftsabbruch: Worauf wartet ihr noch? | |
| Nach dem Urteil gegen eine Ärztin ist eine Mehrheit im Bundestag gegen | |
| Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs. Ihn abzuschaffen wäre jetzt möglich. | |
| Kommentar Abtreibungswerbung: Das ewige Tabu | |
| Die Ärztin Kristina Hänel muss 6.000 Euro zahlen, weil sie Abtreibungen als | |
| Leistung auf ihrer Homepage anbietet. Das Urteil ist leider keine | |
| Überraschung. | |
| Geldstrafe wegen „Abtreibungswerbung“: „Ein Schlag in die Magengrube“ | |
| Im Prozess um „Werbung“ für Abtreibungen ist die Ärztin Kristina Hänel | |
| schuldig gesprochen worden. Sie soll 6.000 Euro Geldstrafe zahlen. |