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# taz.de -- Gastkommentar Paragraf 219a: Weg damit!
> Das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Staates und sollte sich
> nicht gegen Informationen richten. Der Paragraf 219a ist
> verfassungswidrig.
Bild: Wenn die Politik beim Paragrafen 219a nicht handelt, wird es das Bundesve…
Im Prozess [1][gegen die Ärztin Kristina Hänel vor dem Amtsgericht Gießen]
wurde am letzten Freitag eine große Chance verpasst. Der § 219a
Strafgesetzbuch, welcher die „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche
verbietet, hätte dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Überprüfung
vorgelegt werden können. In Karlsruhe ließe sich geltend machen, dass §
219a die Berufsfreiheit aus Artikel 12 Grundgesetz verletzt.
Strafrecht ist das schärfste Schwert des Staates, die Ultima Ratio
staatlicher Macht. Sein Einsatz gegen Ärzt*innen, die darauf hinweisen,
dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, ist unverhältnismäßig. 1998
hat das BVerfG bekräftigt, dass die Vornahme von Abtreibungen, auch wenn
sie von der Rechtsordnung grundsätzlich missbilligt werden, der ärztlichen
Berufsfreiheit unterliegt. 2006 hat es konsequent geurteilt, es müsse
Ärzt*innen „ohne negative Folgen“ möglich sein, auf diese medizinische
Dienstleistung hinzuweisen. Genau das stellt § 219a jedoch unter Strafe.
Nun wird vorgebracht, Abtreibung solle nicht kommerzialisiert werden. Die
Gebührensätze hierfür sind normiert, ein Geschäft lässt sich damit nicht
machen – gerade der medikamentöse Abbruch ist angesichts des bürokratischen
Aufwandes finanziell gar nicht lohnend. Dass reißerische Werbung und
Geschäfte Dritter mit der Notsituation ungewollt Schwangerer vermieden
werden sollen, ist ja richtig. Aber doch nicht durch Strafrecht!
Unter § 219a leiden nicht nur Ärzt*innen, sondern vor allem auch die
Frauen, denen der Zugang zu Informationen und freie Arztwahl vorenthalten
werden. Mit § 219a wird in Kauf genommen, dass die Arztsuche im Internet
bei Bildern zerstückelter Föten endet – das beeinträchtigt das Recht auf
reproduktive Gesundheit und auf Gleichberechtigung. In Frankreich dagegen
informiert die Regierung sogar selbst.
§ 219a Strafgesetzbuch ist verfassungswidrig und muss nach Karlsruhe. Noch
besser wäre allerdings, [2][wenn der Gesetzgeber handelt] und diese
Strafnorm endlich aufhebt.
30 Nov 2017
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## AUTOREN
Ulrike Lembke
## TAGS
Schwerpunkt Abtreibung
Schwerpunkt Paragraf 219a
Bundesverfassungsgericht
Dirk Behrendt
Schwerpunkt Paragraf 219a
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Paragraf 219a
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