# taz.de -- Putin und Assad zur Zukunft Syriens: Friedensordnung der Sieger | |
> Syriens Präsident Baschar al-Assad und Wladimir Putin treffen sich in | |
> Sotschi – und definieren, was eine „politische Lösung“ sein könnte. | |
Bild: Ohne Putins Hilfe sähe die Welt für Assad anders aus | |
Kairo taz | Was der syrische Präsident Baschar al-Assad und der russische | |
Präsident Wladimir Putin nach ihrem Treffen [1][im russischen Sotschi] zu | |
sagen hatten, klingt zunächst wie ein Schritt zu einer Friedenslösung in | |
Syrien. Die militärische Operation nähere sich nun dem Ende, sagte Putin. | |
„Ich glaube, das Wichtigste ist jetzt, sich zu den politischen Fragen zu | |
bewegen, und ich bemerke mit einer gewissen Befriedigung Ihre Bereitschaft, | |
mit denen zusammenzuarbeiten, die Frieden und eine Lösung in diesem | |
Konflikt sehen wollen“, erklärte Putin gegenüber Assad. | |
„In diesem Stadium, besonders nachdem wir über die Terroristen einen Sieg | |
errungen haben, ist es in unserem Interesse, den politischen Prozess | |
vorwärtszubringen. Wir glauben, dass die Situation, wie sie im Moment am | |
Boden herrscht, und die politische Lage es uns erlauben, im politischen | |
Prozess Fortschritte zu erwarten“, erklärte Assad. „Wir können auf die | |
Unterstützung Russlands zählen, dafür zu sorgen, dass sich keine Kräfte von | |
außen in den politischen Prozess einmischen“, fügte er hinzu. | |
Der letzte Satz macht die Widersprüche von Assads Siegerpropaganda | |
deutlich. Denn seine militärischen Erfolge wären ohne die massive | |
Unterstützung Russlands und der [2][vom Iran kontrollierten] | |
Hisbollah-Miliz nicht möglich gewesen. Assad kann sich genauso wenig das | |
Etikett syrischer Souveränität anheften wie die Rebellen, die ebenfalls von | |
außen unterstützt wurden. | |
Sowohl Putin als auch Assad sprachen von einem Sieg über die Terroristen. | |
Es ist die übliche Vermengung, den Überresten des IS in Syrien, der | |
al-Qaida-nahen ehemaligen Al-Nusra-Front und allen anderen Opponenten des | |
Regimes das Etikett „Terroristen“ überzustülpen – und damit alle Gegner… | |
Regimes in Damaskus zu diskreditieren. | |
## Zu viele Rechnungen offen | |
Was die Frage aufwirft, mit wem da eigentlich noch eine politische Lösung | |
gefunden werden soll? Es ist die politische Lösung der Sieger, die in | |
Syrien durchgesetzt werden soll. Genau deswegen kann sie zwar kurzfristig | |
erfolgreich, langfristig aber sicherlich nicht politisch nachhaltig sein. | |
Zu viele Menschen wollten in Syrien Veränderung, und zu viele haben nach so | |
vielen Toten eine bittere Rechnung [3][mit dem Regime offen]. Assad | |
herrscht über ein Gebiet, das er militärisch von all seinen Gegnern | |
gesäubert hat. Die sind deshalb aber nicht von der politischen Landkarte | |
verschwunden. | |
Die Putin-Assad-Siegerlösung dient auch dazu, die wesentlich breiter | |
aufgestellten, von der UNO gesponserten [4][Genfer Friedensgespräche] zu | |
marginalisieren, die Russland und Assad immer sabotiert hatten und die auch | |
deshalb nie zu greifbaren Lösung geführt hatten. Offiziell fordern die USA, | |
Deutschland, Großbritannien, Frankreich und die EU immer noch den Rücktritt | |
Assads, um den Weg für eine politische Lösung in Syrien freizumachen. | |
Nun gibt es diese Woche gleich an zwei Orten Gespräche über die Zukunft | |
Syriens, die zeigen, dass die internationale Gemeinschaft in der Frage | |
Syriens immer noch zutiefst gespalten ist. In der russischen | |
Schwarzmeerstadt Sotschi finden am Mittwoch Gespräche mit Russland, dem | |
Iran und der Türkei statt. Zwei der vermeintlichen Siegermächte also und | |
eine Türkei, die einst die Rebellen unterstützt hatte und sich jetzt | |
zunehmend den militärischen Realitäten in Syrien beugt. | |
Am gleichen Tag werden sich in der saudischen Hauptstadt Riad 30 | |
Gruppierungen drei Tage lang treffen, um ein Verhandlungsteam der syrischen | |
Opposition für die Genfer Gespräche zu formen, die am 28. November wieder | |
aufgenommen werden sollen. Führende Oppositionelle haben in den letzten | |
Monaten das bisherige Verhandlungskomitee aus Protest gegen den | |
internationalen Druck verlassen, eine Verhandlungsplattform zu akzeptieren, | |
in der Assad an der Macht bleibt. | |
## Diktat wird dominieren | |
Damit ist die Genfer Verhandlungs-Schiene ziemlich lahmgelegt. Und so ist | |
es im Moment eher wahrscheinlich, dass die von Russland und dem Iran | |
diktierte Lösung für eine Zukunft Syriens dominieren wird. Ob die | |
allerdings nachhaltig ist, ist mehr als fraglich. | |
21 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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