Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Massenüberwachung in Großbritannien: Regierung muss sich rechtfer…
> Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Großbritannien
> verteidigt die Massenüberwachung gegen die Klagen von Bürgerrechtlern.
Bild: Hauptquartier der Abhörer: die GCHQ-Zentrale im englischen Cheltenham
Strassburg taz | Haben die Sorgen von Edward Snowden doch noch Folgen? Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag über
Klagen gegen das englische Programm zur Massenüberwachung verhandelt.
Der englische Geheimdienst GCHQ zapft mit dem Programm Tempora die
Glasfaser-Kabel zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten an und
speichert alles ab. Das hat Whistleblower Edward Snowden 2013 aufgedeckt.
Dabei werten die Briten auch die Inhalte aus und seien damit, so Snowden,
schlimmer als der US-Geheimdienst NSA, der sich meist auf die
Verbindungsdaten konzentriere. Das Tempora-Programm hatte seine gesetzliche
Grundlage im RIPA-Gesetz (Regulation on Investigatory Powers).
Gegen dieses Gesetz klagten insgesamt 14 britische und internationale
Organisationen von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Journalisten, unter
anderem Big Brother Watch. Als Einzelperson klagte auch die Berlinerin
Constanze Kurz, Sprecherin des deutschen Chaos Computer Clubs.
Anlasslose Massenüberwachung führe zur Einschüchterung von Aktivisten,
Journalisten und politisch interessierten Bürgern. Die Kläger sehen das
Recht auf Privatheit verletzt, das in der Europäischen
Menschenrechtskonvention geschützt ist. Überwachung solle sich nur gegen
Verdächtige richten.
## „Brauchen den Heuhaufen, um die Nadel zu finden“
Das wies James Eadie, Vertreter der englischen Regierung, zurück: „Wer nur
Verdächtige überwacht, kann keine unbekannten Bedrohungen erkennen“. Das
RIPA-Gesetz sei angesichts der sich verschärfenden terroristischen
Bedrohung unverzichtbar. „Wir brauchen den Heuhaufen, um die Nadel zu
finden“, sagte der Regierungsanwalt. Mindestens ein Selbstmord-Attentäter
konnte so bereits identifiziert werden.
Zwar werde zunächst wirklich sehr viel gespeichert, so Eadie, teilweise
auch inner-britische Kommunikation, die über ausländische Computer fließt.
Dann aber fänden mehrstufige Selektionsprozesse statt; nur ein kleiner Teil
der gespeicherten Daten werde am Ende wirklich angeschaut. „Wenn sich in
London eine Gruppe Freunde verabreden, wird das sicher nicht ausgewertet.“
Es gebe als Sicherung auch einen Regierungs-Beauftragten und ein spezielles
Gericht, das Investigatory Powers Tribunal.
Dinah Rose, die Anwältin der Kläger, ließ das nicht gelten. Es gebe keine
wirklich unabhängige Kontrolle der Regierung. Diese sage immer nur:
„Vertraut uns, dann beschützen wir Euch“. Dass die terroristische Bedrohung
groß sei und die Daten nützlich sein könnten, genüge jedoch nicht als
Rechtfertigung für die massive Überwachung, so die Bürgerrechts-Anwältin.
Rose betonte, dass die rechtstaatlichen Sicherungen in anderen europäischen
Staaten wirkungsvoller seien, etwa in Deutschland.
Die EGMR-Richter stellten ungewöhnlich viele Fragen, auch zur Kontrolle von
Daten, die die Briten von ausländischen Geheimdiensten wie der NSA
erhalten. Wie sich herausstellte, sind die Sicherungen hier noch geringer.
Das Urteil wird in einigen Monaten verkündet.
7 Nov 2017
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Edward Snowden
GCHQ
BND
Investigativer Journalismus
NSA-Untersuchungsausschuss
NSA-Untersuchungsausschuss
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Massenüberwachung: BND handelt illegal
BND gerüffelt: Die Metadaten von Telefongesprächen in Deutschland
abzufangen und zu speichern, ist nicht rechtens – weil ein Gesetz dazu
fehlt.
ZDF-Film über Whistleblower: Der Preis der „Menschengeschichten“
Daniel Harrich will zeigen: Whistleblower zu sein ist nicht einfach. Leider
verschenkt er diesmal das Potenzial des Themas.
Spionage des US-Geheimdienstes: Keine konkreten Hinweise gefunden
Die Bundesanwaltschaft hat ihre Untersuchungen zur Erhebung von
Telekommunikationsdaten durch den US-Geheimdienst NSA abgeschlossen.
Zoff um NSA-Aufklärung: Ende mit Schrecken
Wurden die Deutschen massenhaft ausgespäht? Der NSA-Untersuchungsausschuss
des Bundestags hat sich über diese Frage heillos zerstritten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.