# taz.de -- Unglück im Mittelmeer vor Libyen: Sea Watch erhebt Vorwurf | |
> Ein sinkendes Schlauchboot setzt vor der libyschen Küste einen Notruf ab. | |
> Die libysche Küstenwache rückt aus – und fünf Flüchtlinge sterben. | |
Bild: Sea Watch beim Einsatz vor der libyschen Küste am Montag | |
Im Mittelmeer nördlich der libyschen Hauptstadt Tripolis sollen am Montag | |
mindestens fünf Menschen bei einem Schiffsunglück gestorben sein. Die | |
deutsche Seenotrettungs-NGO Sea Watch macht dafür die libysche Küstenwache | |
verantwortlich. | |
Nach Angaben der Organisation ereignete sich das Unglück am | |
Montagvormittag. Die italienische Rettungsleitstelle MRCC in Rom habe den | |
Notruf eines sinkenden Schlauchbootes empfangen. Sowohl das zu jener Zeit | |
einige Meilen südöstlich kreuzende Rettungsschiff Sea Watch III als auch | |
ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache erreichten den Unglücksort | |
gegen 9 Uhr. Die Crew habe begonnen, Schiffbrüchige an Bord zu nehmen. | |
Auch die Küstenwache habe sich dem Schlauchboot genähert und Menschen an | |
Bord genommen, diese jedoch „geschlagen und bedroht“, sagt Sea | |
Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Dadurch sei Panik ausgebrochen, Passagiere | |
seien ins Wasser gefallen. Zwar habe die Besatzung des libyschen Schiffes | |
zunächst Menschen aus dem Wasser gezogen. Dann sei es jedoch „mit großer | |
Geschwindigkeit losgefahren, obwohl sich noch Menschen von außen am Boot | |
festklammerten und so mitgeschleift wurden“, erklärt Sea Watch. Ein | |
Hubschrauber der italienischen Marine habe eingegriffen und das libysche | |
Schiff gestoppt. | |
Mindestens fünf Menschen seien bei der Havarie des Schlauchbootes ums Leben | |
gekommen, darunter ein Kind. Ein weiteres Kleinkind werde vermisst. | |
Ingesamt befanden sich offenbar rund 100 Menschen an Bord des | |
Schlauchboots. | |
## Die libysche Küstenwache schweigt | |
Nach Zählung der Sea Watch nahm die libysche Küstenwache etwa 45 Menschen | |
mit. 58 nahm die Sea Watch an Bord. Drei der Leichen übernahm ein | |
französisches Kriegsschiff, das tote Baby blieb zunächst an Bord der Sea | |
Watch. Über die Staatsangehörigkeit der Schiffbrüchigen konnte Sea Watch | |
keine Angaben machen. | |
Eine Stellungnahme von offizieller libyscher Seite gab es zunächst nicht. | |
Die öffentlich einsehbaren Positionsdaten der Sea Watch III zeigen, dass | |
das Schiff zur fraglichen Zeit, wie von der Organisation angegeben, etwa 30 | |
Meilen nördlich von Tripolis kreuzte, also in internationalen Gewässern. | |
Auf einem von Sea Watch veröffentlichten Video ist ein großer | |
Militärhubschrauber zu sehen, der bis auf wenige Meter über dem | |
Wasserspiegel absinkt und ein Patrouillenboot umkreist – offenbar um es | |
aufzuhalten. Bilder zeigen, dass es sich bei dem libyschen Patrouillenboot | |
um eines jener Schiffe handelt, die Italien Libyen kürzlich zur Verfügung | |
gestellt hat. | |
6 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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