# taz.de -- Tote bei Rettungsaktion vor Libyen: Küstenwache beschuldigt Sea-Wa… | |
> Ein Flüchtlingsboot, zwei Rettungsschiffe – am Ende waren fünf Menschen | |
> tot. Libyens Küstenwache macht eine deutsche NGO dafür verantwortlich. | |
Bild: Was genau ist hier passiert? Ein von Sea-Watch zur Verfügung gestelltes … | |
BERLIN taz | Libyens Küstenwache hat den [1][Vorwurf der deutschen | |
Hilfsorganisation Sea-Watch] zurückgewiesen, für den Tod von fünf | |
Flüchtlingen im Mittelmeer verantwortlich zu sein. Sie beschuldigte | |
ihrerseits Sea-Watch, eine Rettungsaktion gestört und so das Unglück vor | |
der Küste des nordafrikanischen Landes ausgelöst zu haben. | |
Ein Schiff der Hilfsorganisation sei während einer Rettungsaktion am Montag | |
aufgetaucht und habe unter den Flüchtlingen Chaos ausgelöst, hieß es am | |
Dienstag in einer Erklärung der Küstenwache. Viele Menschen seien ins Meer | |
gesprungen, um auf das Schiff „Sea-Watch 3“ zu gelangen. Dieses habe die | |
Anweisung der Küstenwache ignoriert, sich zu entfernen. | |
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unterdessen am Dienstag von ihr | |
vorliegenden Videoaufnahmen der Situation. Auf dem von den Libyern | |
aufgenommenen Video sei zu sehen, dass einige Migranten versuchten, während | |
der Rettungsaktion vom libyschen Patrouillenboot abzuspringen, um die | |
Sea-Watch zu erreichen. Einige Migranten hätten geschrien, um von den | |
Libyern freigelassen zu werden, als sich das deutsche Schiff näherte. | |
In dem Agenturbericht kommt eine der Geretteten aus Nigeria zu Wort, die | |
nach Libyen zurückgebracht wurde. „Ich wollte Italien erreichen. Ich weiß | |
nicht, was ich jetzt tun soll“, sagte Dora Onoruyi, eine 23-Jährige aus dem | |
südnigerianischen Benin. Migranten, die nach Libyen zurückgebracht werden, | |
werden dort in Lagern interniert. | |
## „Es hätte niemand sterben müssen“ | |
Die „Sea-Watch 3“ sei von der zentralen Seenotrettungsleitstelle in Rom mit | |
der Rettung der Migranten beauftragt worden und gleichzeitig mit einem | |
libyschen Boot bei dem Schlauchboot eingetroffen, sagte eine Sprecherin der | |
italienischen Küstenwache. Damit bestätigte sie die Angaben der NGO. „Die | |
libyschen Behörden haben die Koordination des Einsatzes übernommen“, sagte | |
die Sprecherin. Sea-Watch nahm 58 Gerettete an Bord. Die Libyer brachten 45 | |
Menschen zurück in das Bürgerkriegsland. | |
„Es hätte heute sehr wahrscheinlich niemand sterben müssen, wenn wir die | |
Möglichkeit gehabt hätten, den Rettungseinsatz ruhig und besonnen | |
durchzuführen“, sagt Sea-Watch Einsatzleiter Johannes Bayer. „Anstatt die | |
Rettung mit den anwesenden Schiffen zu koordinieren, zu denen auch ein | |
französisches Kriegsschiff gehört, haben die Libyer versucht, möglichst | |
viele Menschen zurück nach Libyen zu verschleppen und dabei Tote in Kauf | |
genommen“, so „Diese Toten gehen auf das Konto der sogenannten Libyschen | |
Küstenwache.“ | |
## Lage der vergangenen Tage besonders dramatisch | |
In diesem Jahr sind nach Angaben der Internationalen Organisation für | |
Migration (IOM) bereits 2.925 Migranten bei der Flucht über das Mittelmeer | |
gestorben. Zuletzt sei die Lage besonders dramatisch gewesen, berichtete | |
die Organisation am Dienstag in Genf. In nur vier Tagen seien fast 2.600 | |
vor dem Ertrinken gerettet worden. 34 Menschen konnten nur noch tot | |
geborgen werden, 50 gelten als vermisst. Es sei eine der „härtesten Woche | |
für die Rettungskräfte“ gewesen, so IOM-Sprecher Flavio Di Giacomo. Im | |
Vorjahr starben bis Anfang November fast 3.200 Männer, Frauen und Kinder. | |
Bis Anfang November nahmen laut IOM über 154.000 Migranten die gefährliche | |
Überfahrt auf sich. Der Großteil der Flüchtlinge kommt weiterhin in Italien | |
an, ein Viertel verteilt sich auf Griechenland, Zypern und Spanien. Die | |
meisten Männer, Frauen und Kinder stammen aus Westafrika. 80 Prozent aller | |
Frauen und Mädchen aus Nigeria sind nach einer jüngsten Studie der IOM | |
Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Flüchtlinge aus | |
Bangladesch, Eritrea, Ägypten, dem Sudan, Marokko, Syrien und Libyen wurden | |
ebenfalls in der Statistik erfasst. | |
7 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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