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# taz.de -- Bericht zum Terroranschlag von Berlin: „Da wurde alles falsch gem…
> Lange vor dem Terroranschlag in Berlin kannte die Polizei Anis Amri. Ein
> neuer Bericht listet noch einmal die Fehler der Polizei in dem Fall auf.
Bild: Hält mit der Kritik nicht zurück: Sonderermittler Bruno Jost
Berlin dpa | Die Festnahme des islamistischen Attentäters Anis Amri vor
seinem Terroranschlag scheiterte einem Sonderermittler zufolge mehrfach an
Fehlern verschiedener Polizeibehörden bundesweit. Zu diesem Ergebnis kommt
der Abschlussbericht von Bruno Jost, der am Donnerstag vorgestellt wurde.
Der vom Berliner Senat eingesetzte Sonderermittler kritisierte sowohl die
Berliner Kriminalpolizei, aber auch die Polizei in Nordrhein-Westfalen und
Baden-Württemberg. Auch die schlechte Zusammenarbeit der Behörden in ganz
Deutschland rügte er. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) forderte
gleichzeitig einen Untersuchungsausschuss des Bundestags zu dem
Terroranschlag.
Amri hatte am 19. Dezember 2016 bei seinem Terroranschlag auf dem
Weihnachtsmarkt zwölf Menschen getötet – obwohl er der Polizei lange als
potenzieller Islamist und Drogenhändler bekannt war und auch mehrfach
festgenommen wurde. Jost, der im Auftrag des Senats arbeitete, sagte: „Man
kann einen Fall wie Amri nicht 08/15 behandeln. Das geht nicht. Amri war
einer der Gefährder, die im GTAZ (Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum) so
oft und intensiv besprochen wurden wie kaum ein anderer. Und dann kann man
nicht so tun, als ob man da einen Eierdieb festgenommen hätte.“
Die meisten Kritikpunkte in dem 72-seitigen Bericht waren schon länger
bekannt. Jost analysierte sie aber noch einmal in vielen Details. Zugleich
räumte er ein, dass es für die Polizei viel schwerer geworden sei, Täter
wie Amri rechtzeitig zu erkennen. Die islamistischen Terroranschläge würden
inzwischen mit einem geringen Aufwand verübt, es gebe kaum Vorbereitungen
und daher auch viel schlechtere Chancen für die Polizei, früh genug etwas
zu merken.
Allerdings hätte Amri wegen seines Drogenhandels und gefälschter Ausweise
mit einer „reelen Chance“ verhaftet und in Untersuchungshaft gesperrt
werden können, stellte Jost fest. Besondere Vorwürfe erhob er gegen die
Kripo in Berlin. Sie hätte Amri im Sommer 2016 viel länger observieren
müssen, um mehr Erkenntnisse zu sammeln, anstatt die Observation nach sechs
Wochen wieder zu beenden. Die Zusammenarbeit der Drogenfahnder und der
Terrorismusexperten sei dabei fehlerhaft gewesen und die Ergebnisse
entsprechend schlecht. Auch die Generalstaatsanwaltschaft hätte da „ein
Auge drauf haben müssen“. Jost betonte: „Da lag wirklich einiges im Argen.…
Das LKA Berlin habe zudem Amri im Februar 2016 kurz festgehalten und sein
Handy beschlagnahmt. Das Vorgehen sei bis dahin völlig korrekt gewesen –
aber anschließend seien die Daten aus dem Handy nicht ausgewertet worden,
obwohl möglicherweise wichtige Kontakte zu islamistischen Unterstützern
daraus hervorgegangen wären.
## Vieles lief schief
Auch als Amri am 30. Juli 2016 von der Bundespolizei in Friedrichshafen bei
der geplanten Ausreise in die Schweiz festgenommen wurde, lief vieles
schief. „Da wurde fast alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“,
sagte Jost. Die Vernehmung Amris sei oberflächlich und nicht an seinem
Status als islamistischer Gefährder orientiert gewesen. Die Polizei habe
sein Handy nicht beschlagnahmt. Außerdem hätte sich sowohl die
Kriminalpolizei Berlin als auch die in NRW einschalten müssen und Amri dort
befragen müssen. „Es gab eine realistische Chance, ihn dort aus dem Verkehr
zu ziehen.“
Innensenator Geisel sagte zur Begründung seiner Forderung nach einem
Untersuchungsausschuss im Bundestag, die Fehler vor dem Anschlag seien
länderübergreifend und auch auf Bundesebene begangen worden. Daher müsse
auch die Rolle des Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums und des
Bundeskriminalamtes (BKA) hinterfragt werden. Die neuen Formen der
Anschläge mit LKWs, Autos oder Messern verlangten nach neuen Methoden der
Analyse, der Zusammenarbeit und des Schutzes.
Jost hatte im Auftrag Geisels Mitte April seine Arbeit begonnen, um die
Ermittlungen der Kriminalpolizei und der anderen Behörden zu Amri zu
untersuchen und Fehler aufzudecken. In seinem Zwischenbericht hatte er
schon Versäumnisse und Aktenmanipulationen von Polizisten bestätigt, aber
zugleich auch die Arbeit gegen pauschale Verurteilungen verteidigt.
12 Oct 2017
## TAGS
Anis Amri
Terrorismus
„Islamischer Staat“ (IS)
Berlin
Polizei
Dschihadismus
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
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Anis Amri
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Polizei Berlin
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