Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Unsicherheit bei Stromausfall
> Es wird draußen unruhig, als in der ganzen Nachbarschaft das Licht
> ausgeht. Und wir gehen erst ins Bett, wenn der Strom wieder da ist.
Bild: Stromausfall ist manchmal Alltag: In Puerto Rico stellt ein Geschäft ein…
Als der Stromausfall passiert, sitze ich abends bei meiner Mutter im
Wohnzimmer mit dem Computer auf dem Schoß. Auf einmal ist alles dunkel. Ich
denke: Jetzt hat das stümperhaft geflickte Laptopkabel einen Kurzschluss
ausgelöst. Meine Mutter blickt mit ernster Miene aus dem Fenster auf die
düstere Nachbarschaft. „Ein großer Ausfall“, presst sie heraus.
Wir gucken auf die Straße. Fenster öffnen sich und Taschenlampen leuchten
heraus, als würden sie die Ursache für den Stromausfall auf dem Bürgersteig
finden können. „Wie erfahren wir jetzt ohne Internet, was passiert ist?“,
fragt mich meine Mutter. Ich hebe das Smartphone: „Aber 30 Sekunden nach
dem Stromausfall wird es online noch keine Infos geben.“ Also gucken wir
wie alle Nachbarn auch weiter aus dem Fenster.
Als ich eine halbe Stunde später die Seiten der örtlichen Lokalzeitung,
Polizei und Feuerwehr durchsuche, gibt es noch immer nichts. Guck mal bei
RWE bei Facebook, fordert mich meine Mutter auf. „Da schreiben die so was
doch nicht hin“, sage ich. „Und da arbeitet um die Uhrzeit auch keiner
mehr.“
Und ich bekomme Zweifel, dass es nach 22 Uhr noch jemand bei der
Lokalzeitung oder der Pressestelle der Polizei tut. Die
Social-Media-Postings kleinerer Unternehmen werden an den Randzeiten des
Tages in der Regel vorgeplant. Ich schalte mit dem Handy das Lokalradio an,
aber auch dort läuft über die Nacht hinweg nur ein vorproduziertes
Programm.
## Informationen sind Sicherheit
Eilmeldungen in Fernsehen, Social Media oder Pushbenachrichtigungen auf dem
Handy geben uns das Gefühl, über jede Katastrophe noch in dem Moment ihres
Geschehens informiert zu werden. Meldungen der Warn-App NINA vom Bundesamt
für Bevölkerungsschutz lassen uns annehmen, die Behörden kümmern sich
aktuell.
Aber ein Blackout ohne jegliche Nachricht erweckt den Eindruck: Hier stimmt
etwas nicht und Unruhe kommt auf. So auch bei meiner Mutter an dem Abend:
„Jetzt können wir die Handys nicht mal aufladen. Wir haben keine Heizung,
keinen Kühlschrank. Zum Glück waren die Rollos vorhin noch oben, sodass wir
zumindest noch rausschauen können. Man muss alle Uhren neu einstellen.
Nicht, dass gegenüber bei Edeka geplündert wird!“
Ich google weiter nach Informationen und finde [1][stromausfall.org]. Auf
einer Karte kann man seinen Stromausfall melden. Und wenn das auch die
Nachbarn tun, weiß man zumindest, wie groß ungefähr das betroffene Gebiet
ist. „Ganz dunkel“, lautet die Meldung aus der Straße nebenan. Fünf Ecken
weiter: „Ohne Strom. Nachbarn laufen mit Taschenlampen ums Haus.“ Sonst
nichts. Es ist banal, aber die erste Information, die wir bekommen können:
Es ist wohl nicht die ganze Stadt betroffen.
Meine nun etwas entspanntere Mutter und ich sitzen im dunklen Wohnzimmer
und schweigen uns an. Nach genau zwei Stunden ohne Strom um kurz vor 24 Uhr
geht das Licht wieder an. Das ist die einzige Information, die wir
brauchen, um das Licht wieder auszumachen und schlafen zu gehen.
18 Oct 2017
## LINKS
[1] https://stromausfall.org/
## AUTOREN
Svenja Bednarczyk
## TAGS
Stromausfall
Nullen und Einsen
Informationen
Friedrichshain-Kreuzberg
Nullen und Einsen
Berlin-Wedding
Essen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Stromausfall in Berlin: Plötzlich dunkel
Zweimal ist am Sonntag in Teilen Berlins der Strom weg. Viele Haushalte
sind betroffen, in der Columbiahalle wird ein Konzert abgebrochen.
Kolumne Nullen und Einsen: Wie man das Internet schön bebildert
Es sind Fotos ohne Verstand. Warum sich Onlineredaktionen trotzdem für
abgedroschene Symbolfotos entscheiden.
Schrottimmobilien in Berlin: Ein dreckiges Geschäft
In verwahrlosten Häusern vermieten gewissenlose Eigentümer Zimmer zu
horrenden Preisen. Ein Besuch in einem Weddinger Haus.
Kolumne Nullen und Einsen: Das Gegenteil von Foodporn
Es ist nicht alles verstreuselter Amaranth und Sepia in der
Essensfotografie. Warum hässliche Gerichte jedoch bald verschwinden werden.
Tourismus: Wohnungen bleiben im Dunkeln
Seit Anfang Mai müssen alle Ferienwohnungen in Berlin gemeldet werden. 500
solcher Meldungen sind bis dato eingegangen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.