# taz.de -- Wahl in Österreich: ÖVP stärkste Partei | |
> Bei der Parlamentswahl in Österreich gewinnt die konservative ÖVP. Die | |
> SPÖ verliert, liegt aber knapp vor der rechtspopulistischen FPÖ. | |
Bild: Österreich hat gewählt | |
WIEN taz/dpa | Der neue Kanzler, er heißt voraussichtlich Sebastian Kurz. | |
31-Jahre jung. Bisheriger Außenminister und selbsternannter „Erneuerer“, | |
der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und bald wahrscheinlich der jüngste | |
Kanzler, den Österreich je hatte. | |
6,4 Millionen Stimmberechtigte konnten seit heute morgen um 6 Uhr über ein | |
neues Parlament abstimmen. Und ihre Wahl ist nach ersten Hochrechnungen | |
eindeutig: Mit 30,2 Prozent der Stimmen wählten die Österreicher die ÖVP | |
auf Platz eins der Parteienlandschaft. Und damit Kurz zu ihrem Kanzler. | |
Erst seit diesem Mai im Amt des Parteivorsitzenden schafft es Kurz in nur | |
wenigen Tagen, die ÖVP auf neuen Kurs zu bringen. Auf seinen Kurs. Zur | |
Nationalratswahl trat er dann auch mit neuem Namen an: der „Liste Sebastian | |
Kurz – die Neue Volkspartei.“ Aus Schwarz wurde Türkis und aus der ÖVP die | |
neue „Liste Sebastian Kurz – die Neue Volkspartei“. Eine Wandlung mit | |
Erfolg. | |
„Ich hoffe natürlich auf ein gutes Ergebnis, damit eine echte Veränderung | |
in Österreich möglich ist“, sagt der 31-jährige heute morgen während sein… | |
Stimmabgabe in Wien. Und in Richtung seiner Anhänger twitterte er: „Ganz | |
gleich, wie das Ergebnis heute Abend aussieht. Bin stolz auf unsere | |
#Bewegung.“ Seine Anhänger dankte es ihm mit ihrem Kreuzchen – und das | |
trotz des grellen Wahlkampf der letzten Wochen. | |
## Sieger auf Platz 3: FPÖ und Strache | |
Die Stimmung in den letzten Tagen vor der Wahl: schon fast hysterisch. Eine | |
wahrer Informationssturm fegte die SPÖ und ÖVP in den letzten Wochen vor | |
sich her. Da wurden Informationen geleakt, die Kurz als eitlen | |
Kontrollfreak entlarvten. Die Kanzlergattin wurde beschattet, und die SPÖ | |
warf der ÖVP Spionage vor. | |
Der eigentliche Gewinner des Abends ist neben Kurz Heinz-Christian Strache | |
und seine Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ). Laut ersten Prognosen | |
liegt die FPÖ mit 25,9 Prozent der Stimmern auf dem dritten Platz – damit | |
ist eine Koalition aus ÖVP und FPÖ am wahrscheinlichsten. | |
Inhaltliche Überschneidungen gibt es vor allem beim Thema Migration. Im | |
Jahr 2015 erhob Kurz die Flüchtlingsfrage zu seinem Thema und fischte dabei | |
auch bei den Kollegen von der FPÖ. Quasi im Alleingang schloss er im | |
Februar 2015 die Balkanroute. Er fordert das „Abdichten“ der zentralen | |
Mittelmeerroute und will islamische Kindergärten verbieten lassen. Größter | |
Spaltpunkt von ÖVO und FPÖ: die EU-Politik. Während die FPÖ sich krass | |
antieuropäisch gibt, unterstützte Kurz zuletzt die EU-Reformplänen des | |
französischen Präsidenten Emmanuel Macron. | |
## Gewonnen, aber verloren: SPÖ mit 27 Prozent | |
Enttäuschend auf Platz zwei der Wählergunst: Christian Kern und seine | |
Sozialdemokratische Partei Österreich (SPÖ). Mit 27,1 Prozent fuhren die | |
Sozialdemokraten sogar ein besseres Ergebnis als 2013 ein, eine Koalition | |
aus SPÖ und ÖVP wäre damit zwar rechnerisch möglich, ist aber fast | |
auszuschließen. Dazu müssten aus Christian Kern und Sebastian Kurz, die | |
zuletzt auf aufs Schärfste um das Kanzleramt konkurriert hatten, Verbündete | |
werden. Das die SPÖ Kurz ins Kanzleramt verhilft: wenig vorstellbar – und | |
wenn, wohl nur mit neuem Spitzenpersonal. | |
Und das könnte wohl bald antreten. Es ist zu erwarten, das Kern, sollte die | |
SPÖ in die Opposition gehen, in den nächsten Tagen seinen Rücktritt als | |
Parteivorsitzender einreicht. | |
Als mögliche Nachfolger Kerns werden unter anderem der | |
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil gehandelt, Vertreter des rechten | |
SPÖ-Parteiflügels und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, Vertreter des | |
linken Flügels, gehandelt. | |
## Grüne stürzen ab | |
Alternative: Knapp war es für die drei kleineren Parteien. Die Grünen, die | |
liberalen NEOS und der Grünen-Abtrünniger Peter Piltz, der im Juli 2017 | |
seine eigene Partei gründete, haben knapp den Sprung ins Parlament | |
geschafft. | |
Nach ihrem Rekordergebnis von 12,4 Prozent vor vier Jahren stürzen die | |
Grünen diesmal in der Gunst der Wähler ab. Sie kommen laut Hochrechnung nur | |
noch auf 4,9 Prozent. Die liberalen Neos erreichen den Angaben zufolge 5,3 | |
Prozent (2013: 5 Prozent). Die erstmals angetretene Liste des | |
Grünen-Abtrünnigen Peter Pilz sehen die Demoskopen bei 4,3 Prozent. | |
Die Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek sagte am Mittag gegenüber der | |
Presse: „Ich bin zuversichtlich, dass das Ergebnis besser wird, als es in | |
den letzten Tagen und Wochen in den Umfragen war.“ Eine Hoffnung, sie sich | |
bewahrheitet hat. Mit 4,9 Prozent werden die Grünen wahrscheinlich ins | |
Parlament einziehen. | |
Endgültige Gewissheit über die Wahlergebnisse der Nationalratswahl 2017 | |
werden am Donnerstag erwartet. Dann werden auch die letzten Stimmen der | |
Briefwahl ausgezählt sein. | |
Was mit dem heutigen Tag aber deutlich wird: Österreich ist weiter nach | |
rechts gerückt – und damit, nach Ungarn und Polen, ein weiteres | |
europäisches Land auf dem Weg nach rechtsaußen. | |
15 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Gesa Steeger | |
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