Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Diskussion um muslimischen Feiertag: Warum nicht Freitag statt Sonn…
> Innenminister de Maizière schlägt einen muslimischen Feiertag vor – aber
> vor allem theoretisch. Dabei gäbe es einen ganz praktischen Vorschlag.
Bild: Ein Feiertag mehr wäre doch was Feines, oder? (Denken auch diese Briten …
Kein Muslim hatte ihn darum gebeten. Dennoch hat Bundesinnenminister Thomas
de Maizière kürzlich aus heiterem Himmel die Idee eines muslimischen
Feiertags ins Spiel gebracht. Die Phantomdebatte brachte das Internet zum
Glühen, das Ergebnis stand aber von vorneherein fest. Nein, es wird in
Deutschland auf absehbare Zeit keinen muslimischen Feiertag im Kalender
geben. Und ja, unsere Feiertage sind christlich geprägt, und das wird auch
so bleiben. Der letzte Satz stammt ebenfalls von de Maizère, der damit die
von ihm sebst angestoßene Debatte schleunigst wieder zu beenden versucht.
Bei einer Veranstaltung in Wolfenbüttel hatte de Maizière kürzlich gesagt,
in jenen Regionen Deutschlands, in denen viele Muslime leben, könne über
die Einführung eines muslimischen Feiertags nachgedacht werden. Feiertage
wie Allerheiligen gebe es schließlich auch nur dort, wo viele Katholiken
leben, so der CDU-Politiker. An welche deutschen Regionen der
Bundesinnenminister gedacht hat bleibt sein Geheimnis. Sachsen oder Bayern
werden es aber wohl eher nicht gewesen sein.
Scharfen Widerspruch erntete de Maizière dafür aus der eigenen Partei, vor
allem die Schwesterpartei sah prompt mal wieder das christliche Abendland
bedroht. Das christliche Erbe Deutschlands sei „nicht verhandelbar“, tönte
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in der Bild-Zeitung.
Der publizistische Rechtsausleger [1][Hugo Müller-Vogg behauptete auf
Twitter sogar], ein muslimischer Feiertag „wäre ein Affront gegenüber
unseren jüdischen Mitbürgern“, warum auch immer. Und auch das CDU-Urgestein
Wolfgang Bosbach versuchte, auf seine Weise das Judentum gegen Muslime ins
Stellung zu bringen, indem er sagte: „Wir haben eine christlich-jüdische
religiöse Prägung, keine islamische.“
## Feiertage sind Ländersache
Einen jüdischer Festtag in den offiziellen deutschen Feierttagskalender
aufzunehmen wäre natürlich auch eine schöne Geste, auf die leider noch kein
prominenter Politiker gekommen ist – auch nicht der Innenminister. Der hat
aber sowieso nicht über die Anerkennung von religiösen Feiertagen zu
befinden. Das ist eine Sache der Bundesländer.
In mehreren Bundesländern können sich muslimische Schüler bereits jetzt zum
Opferfest oder Ramadanfest vom Unterricht befreien lassen, so wie jüdische
Schüler an jüdischen Feiertagen auch. Mancherworts gilt das auch für andere
Minderheiten wie die Aleviten. Damit trägt man den multireligiösen
Realitäten hierzulande bereits Rechnung. Mehr ist nicht unbedingt
notwendig, denn jüdische oder muslimische Feiertage lassen sich auch gar
nicht so einfach im Feiertagskalender verankern, weil sie sich nicht nach
dem christlich-gregorianischen Kalender richten, sondern von Jahr zu Jahr
auf ein anderes Datum fallen.
Doch eine rationale Debatte über solche Fragen ist in Deutschland gar nicht
möglich. De Maizière hätte wissen müssen, dass er mit seiner Vorschlag nur
die antimuslimische Paranoia anheizt, seine Äußerung war wohl bestenfalls
unbedacht. Die Diskussion um einen muslimischen Feiertag geht auch an den
aktuellen Notwendigkeiten angesichts einer erstarkenden Rechten eher
vorbei.
## Warum nicht Freitag statt Sonntag?
Die Debatte zeigt aber auch, wie stark das christliche Erbe hierzulande
immer noch fortwirkt, aller Säkularisierung zum Trotz. Denn zumindest dem
Feiertagskalender nach ist Deutschland immer noch ein zutiefst christliches
Land. Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind als Feiertage völlig
unumstritten. Auch in Sachsen, wo die Mehrheit der Bevölkerung keiner
Kirche angehört, ist der Buß- und Bettag ein gesetzlicher Feiertag. Und
selbst beinharte Atheisten haben nichts dagegen einzuwenden, sich am
Ostermontag frei zu nehmen.
Wirklich revolutionär wäre wohl eher der Vorschlag, statt dem Sonntag den
Freitag zum wöchentlichen Ruhetag zu erklären. Das würde religiösen
Muslimen und Juden entgegenkommen und müsste Konfessionslose und Atheisten
nicht stören. Aber so unchristlich ist Deutschland noch lange nicht.
Deswegen wird der Sonntag wohl ein Feiertag bleiben.
15 Oct 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/HugoMuellerVogg/status/919143328393912320
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Feiertage
Thomas de Maizière
Religion
Islam
Lesestück Meinung und Analyse
Reformation
Weihnachten
antimuslimischer Rassismus
taz.gazete
Judentum
Istanbul
Niedersachsen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Reformationstag: Von stillen und lauten Feiertagen
Das Reformationstheater und der Streit um einen muslimischen Feiertag
zeigen, dass es mit der religiösen Neutralität des Staates nicht weit her
ist.
Studierendenwerk will Weihnachtsfrauen: Lektionen unterm Tannenbaum
Die Weihnachtsmannvermittlung des Studierendenwerks kann nicht mehr alle
Anfragen von Eltern erfüllen. Deshalb dürfen jetzt auch Frauen den Job
machen.
Aiman Mazyek über AfD und Muslimhass: „Wir setzen auf das Grundgesetz“
Teile von Medien und Politik haben der AfD den Boden bereitet, sagt der
Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. Jetzt wird es für Muslime noch
schwerer.
Erfindung von Feiertagen: Wie hätten Sie Ihre Tradition denn gern?
Nationalhymne beim Fußball, Woche der „Heiligen Geburt“. Viele Rituale, die
wir für steinalt halten, sind eigentlich sehr jung. Wieso also nicht den
15. Juli feiern?
Jüdisches Lichterfest Chanukka: Verborgene Geschichte
Chanukka fällt in diesem Jahr auf Weihnachten. Gefeiert wird der Aufstand
der Juden gegen ihre Unterdrücker. Doch der lief anders ab als überliefert.
Säkularisierung an türkischen Schulen: Der Kulturkampf im Unterricht
Weit mehr als eine Posse: Im Weihnachtsstreit am Istanbul Lisesi geht es
keineswegs nur um christliche Festtagsbräuche.
Ministerin zu Muslim-Staatsverträgen: „Es nutzt nichts, Gräben aufzureißen…
Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) erklärt, warum
die Regierung trotz Mehrheit die Staatsverträge mit den muslimischen
Verbänden nicht unterzeichnet
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.