# taz.de -- Die Wahrheit: Die Makrone in der Rhone | |
> Die Sieger des Jieper-Preises im Wahrheit-Unterbringwettbewerb 2017 | |
> stehen fest. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an … | |
Bild: Das Lieblingsgebäck des Herrn im Élysée-Palast | |
Die altehrwürdige Jury hat getagt, und auch 2017 gibt es wieder einen | |
Sieger im Wahrheit-Unterbringwettbewerb. Dabei muss jedes Jahr ein neuer | |
Nonsenssatz passend zum Gastland der Buchmesse in einem publizistischen | |
Medium untergebracht werden, das als Transportmittel des höheren Nonsens | |
taugt. Diesmal lautete die passende Aufgabe: „Plumpst die Makrone in die | |
Rhone, diniert Monsieur Macron halt ohne.“ Oder auf Französisch: „Tombe le | |
macaron dans le Rhône, Monsieur Macron commande touron.“ | |
An die französische Version hat sich niemand herangetraut. Dennoch haben | |
sich erneut viele bedeutende, vor allem aber auch randständige Medien an | |
dem Wettbewerb beteiligt. Sie alle zu nennen, würde uns und ihnen | |
schmeicheln, aber wir bevorzugen es, das Scheinwerferlicht auf die | |
kleineren Organe zu richten, auch um an ihnen didaktisch aufzuzeigen, wie | |
man es nicht machen sollte, wenn man den Jieper-Preis gewinnen möchte. | |
So hat der Regental-Anzeiger aus der Oberpfalz eigentlich alles richtig | |
gemacht, als er den Satz in eine Theaterkritik einer „Jedermann“-Aufführung | |
einbaute. Aber in das ausgelassen rezensierte „Pomp und Gloria“-Stück passt | |
das „heilige Motto“ fast zu gut hinein. | |
## Zu nah am Thema | |
Ähnliches trifft auf Daniela Wakonigg zu, die in einem Kommentar des | |
Humanistischen Pressedienstes zur Bundestagswahl von einem „spöttischen | |
Motto“ schreibt, unter dem in Frankreich Zehntausende gegen die | |
Arbeitsreform von Präsident Macron demonstriert hätten. Ja, so hätte es | |
gewesen sein können, aber das ist zu nah am Thema. | |
Carsten Beckmann begeht in einer Glosse der Oberhessischen Presse den | |
ältesten Unterbring-Fehler. Er fragt sich, was er denn nach der | |
Bundestagswahl noch kommentieren solle, da gebe es ja nichts als ein | |
„Schwarzes Loch“. Er könne da ja gleich „publizistischen Unsinn verzapfen | |
und beim ‚Unterbringwettbewerb‘ der taz-Kollegen mitmachen“. Und – schw… | |
– hat er schon teilgenommen. Ironisch zu werden, haben schon viele | |
versucht, aber letztlich ist es doch nur selbstreferentiell. | |
Was gar nicht funktioniert, ist, die Wahrheit-Redaktion anzumosern – wie | |
Bernd Ellinghoven vom herrlich abseitigen Magazin Feenschach, einer laut | |
Selbstbeschreibung „Problemschachzeitschrift“. Das Problem ist, das sich | |
der Autor erst einmal beschwert, dass er seit Jahren am Wettbewerb | |
teilnimmt, aber nie gewonnen hat: „Ihr wählt wohl nach Prominenz!?“ Aber | |
selbstverständlich! Dafür werden Preise doch ausgerufen, damit man sich in | |
der Bekanntheit der Preisträger widerspiegeln kann. | |
Und deshalb kommen hier zusammengefasst fünf Grundregeln, wie man den | |
Jieper-Preis im Wahrheit-Unterbringwettbewerb garantiert gewinnen kann: | |
Verwenden Sie erstens im Anschreiben keinen weinerlich-aggressiven | |
Opfertonfall, wie wir ihn zuletzt in politischen Diskussionen zur Genüge | |
erlebt haben. Verfassen Sie zweitens keine selbstverliebten Stücke. | |
Versuchen Sie sich drittens nicht in Ironie. Vermeiden Sie viertens | |
inhaltliche Nähe zum Gastland. Und betten sie fünftens den Nonsens-Satz | |
nicht in überschwängliche Szenarien ein. Was Nonsens braucht, ist | |
Nüchternheit als Hintergrund und Folie, um zu blühen. Je sachlicher ein | |
neutraler Nachrichtentext ist, desto höher sind die Chancen, den | |
Jieper-Preis nach Hause tragen zu dürfen. | |
## 100 Jahre nach Gründung | |
Und deshalb gewinnt in diesem Jahr eine eher nicht prominente Institution, | |
die allerdings im Hintergrund um so intensiver in ihrem Aufgabenbereich | |
wirkt: das Institut für Auslandsbeziehungen ifa in Stuttgart. Gegründet vor | |
genau 100 Jahren im Kriegsjahr 1917, hat es die Abgründe deutscher | |
Geschichte begleitet und auch in der Nazizeit kein Ruhmesblatt beschrieben. | |
Aber heute ist es allein der Friedensarbeit zwischen den Kulturen | |
verpflichtet. | |
In einer eher drögen Nachricht zum „Übersetzerwettbewerb der Europäischen | |
Kommission“ hat die Redaktion, um das „eigene poetische Feingefühl zu | |
testen“, den Makronen-Satz untergebracht. Für diese Leistung geht der | |
Jieper-Preis 2017 zum 100. Geburtstag des Instituts für Auslandsbeziehungen | |
an Siri Gögelmann vom ifa. | |
Die Begründung der Wahrheit-Jury lautet: „Im oft trockenbrotigen | |
Nachrichtenumfeld entfaltet der Nonsens eines Makronen-Satzes erst sein | |
ganzes Flair. Man möchte diesen Satz zu gern von dem im ifa-Text erwähnten | |
EU-Kommissar Günther Oettinger in vielen Sprachen gesprochen hören.“ | |
Der Preis – eine Flasche edler Brandy der Marke Gran Duque d’Alba, genannt | |
„die große Ente“ – wird am Samstag, dem 14. Oktober 2017, um 14 Uhr beim | |
Wahrheitklubtreffen auf der Frankfurter Buchmesse am taz-Stand (Halle 4.1, | |
D28) überreicht. Die Wahrheit gratuliert ganz herzlich dem Institut für | |
Auslandsbeziehungen ifa und wünscht allen Teilnehmern am diesjährigen | |
Jieper-Preis eine nonsensige Zeit bis zum nächsten | |
Wahrheit-Unterbringwettbewerb im Jahr 2018. | |
6 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Ringel | |
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