# taz.de -- Nach der Bundestagswahl: Der AfD-Effekt | |
> Der Schock über das Wahlergebnis der AfD sitzt bei vielen Menschen tief. | |
> Davon profitieren insbesondere die linken Parteien, die sich über einen | |
> Mitgliederansturm freuen. | |
Bild: Wütende DemonstrantInnen bei den Protesten zur AfD-Wahlparty | |
Auf diesen Andrang war die Partei selbst nicht vorbereitet: Während der | |
Party der Linken am Abend der Bundestagswahl gingen die | |
Mitgliedschaftsformulare aus, die vor Ort im Festsaal Kreuzberg auslagen. | |
Eine Beobachtung, die zu einer allgemeinen Tendenz passt: Schon seit | |
Jahresbeginn können sich die Parteien über wachsende Mitgliederzahlen | |
freuen. Seit der Bundestagswahl hat sich dieser Trend nun noch einmal | |
deutlich verstärkt, wie eine aktuelle Recherche der taz zeigt. Ähnlich wie | |
in den USA, wo man im letzten Jahr ein verstärktes Interesse an politischem | |
Engagement als Trump-Effekt bezeichnete, führt auch hierzulande der Schock | |
über das Wahlergebnis der rechten AfD offenbar bei vielen Menschen zu dem | |
Wunsch, sich stärker als bisher politisch einzubringen. | |
In Berlin können davon besonders Grüne und Linke profitieren. 586 Menschen | |
traten der Linkspartei in diesem Jahr bis zur Bundestagswahl bei, seit der | |
Wahl kamen noch einmal 251 hinzu. „Für viele Neumitglieder waren die | |
Bundestagswahl und das Ergebnis der AfD ein Weckruf“, sagt | |
Landesgeschäftsführer Sebastian Koch. Viele der Neuen würden explizit | |
angeben, sich gegen Rechts engagieren zu wollen. | |
Die Grünen haben zwar jeweils etwas weniger Mitglieder gewonnen, die Zahl | |
der Neueintritte zog dort nach der Bundestagswahl jedoch ähnlich stark an | |
wie bei den Linken. 149 Anträge auf Mitgliedschaft seien dort seit der Wahl | |
eingegangen, sagt der Mitarbeiter Janosch Raßmann, davon mehr als drei | |
Viertel am Wahlsonntag und den beiden darauffolgenden Tagen. Ähnlich wie | |
bei den Linken sind damit seit der Wahl noch einmal fast die Hälfte der | |
Mitgliedschaftsanträge dazu gekommen, die die Parteien in den ersten neun | |
Monaten des Jahres für sich verbuchen konnten. | |
Die CDU konnte bis Redaktionsschluss keine Zahlen vorlegen. Bei der FDP | |
gibt es ebenfalls einen verstärkten Zulauf. Hier würden Neumitglieder | |
allerdings nur vereinzelt äußern, das Erstarken der AfD habe ihr Interesse | |
an Politik geweckt, sagt Helmut Metzner, Sprecher des Landesverbands. Er | |
führt den Anstieg eher auf das Tegel-Volksbegehren zurück, mit dem die | |
Partei einen „intensiven Bürgerdialog“ eröffnet habe. | |
„Wir können seit der Wahl eine Entwicklung beobachten, die an den | |
Schulz-Effekt erinnert“, sagt die SPD-Sprecherin Birte Huizing. 349 | |
Mitglieder sind hier seit der Wahl hinzugekommen, der Wunsch, etwas gegen | |
die AfD zu tun, spiele bei vielen Neumitgliedern ebenfalls eine große | |
Rolle. Außerdem profitiert die Partei von ihrer eigenen Schwäche: Auch das | |
schlechte Abschneiden der SPD sei ein Grund für die Welle von | |
Neueintritten, sagt Huizing. | |
Laut Huizing sind besonders viele junge Leute unter den Neuen, die sich | |
sehr aktiv in die Partei einbringen wollen. „Das ist super, und | |
gleichzeitig stellt es uns auch vor die Herausforderung Wege zu finden, die | |
neuen Mitglieder wirklich gut einbinden zu können“, sagt sie. | |
Dieser aktuelle Trend steht gegenläufig zur generellen Entwicklung: Seit | |
1990 hat sich die Zahl der Parteimitglieder insgesamt halbiert, wie eine | |
aktuelle Studie des Politikwissenschaftlers Oskar Niedermayer zeigt. Im | |
Juli hatte Niedermayer in der taz noch gewarnt, angesichts der wieder | |
steigenden Zahlen von einer Trendwende zu sprechen – Wahljahre seien | |
generell Mobilisierungsjahre. | |
Dank des AfD-Schocks ist dieser Trend nun mit dem Wahltermin nicht vorbei, | |
im Gegenteil. Dafür gibt es allen Grund – nicht zuletzt kann sich | |
schließlich auch diese Partei über wachsende Mitgliederzahlen freuen. Wie | |
viele genau hinzugekommen sind, vermag die AfD momentan allerdings nicht zu | |
beziffern. Man komme mit dem Bearbeiten der Anträge kaum hinterher, heißt | |
es dazu aus der Landesgeschäftsstelle. | |
6 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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