# taz.de -- Kommentar Macron und Europa: Vision statt Technokratie | |
> Patriot mit Weitblick: Vor Studierenden wirbt der französische Präsident | |
> für einen neuen Anlauf zu einem wirklich geeinten Europa. | |
Bild: Ein Mann und seine Vision im Rücken | |
„Ich bin gekommen, um von Europa zu sprechen“, sagte Emmanuel Macron [1][in | |
der Sorbonne leise und bescheiden]. Sehr rasch wurde am Dienstagnachmittag | |
der Kontrast deutlich zwischen der Einleitung und der politischen Ambition, | |
mit der der französische Präsident im historischen Hörsaal die mehrheitlich | |
jungen ZuhörerInnen faszinierte. | |
Er hätte, wie vor ihm Martin Luther King, ihnen zurufen können: „I have a | |
dream!“ Sie hatten eine Vorlesung erwartet, Macron aber sprach von einer | |
Vision, die er hat. Diese ist nicht neu, aber in Europa hatte man sie | |
vergessen oder bereits in den Mülleimer der Geschichte entsorgt. | |
Man hatte sich zu sehr an langweilige, technokratisch wirkende Äußerungen | |
über die EU gewöhnt, und auch an die wie ein Refrain kommende Resignation, | |
dass alle Einigungsbemühungen am nationalen Egoismus scheitern müssten. | |
Macron aber schlägt keine kleinen Kompromisse vor, um allen denkbaren | |
Einwänden Rechnung zu tragen, sondern einen europäischen Quantensprung. Die | |
Zeit der übervorsichtigen Trippelschritte ist vorbei: Macron will | |
angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel und Globalisierung | |
gemeinsam mit absehbar größerem Erfolg zu machen, was jeder Mitgliedstaat | |
heute eher schlecht als recht versucht. | |
Eine europäische Nation? Das hat er so nicht gesagt, aber letztlich | |
gemeint, und für einen französischen Patrioten ist das eine erstaunliche | |
Form der Selbstüberwindung. Macron stellt alle Partnerregierungen, und | |
allen voran Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, vor ihre Verantwortung. | |
Dass Merkel vor heiklen Verhandlungen mit zum Teil euroskeptischen | |
Koalitionsparteiführern steht, ist nicht sein Problem. Die Herausforderung, | |
jetzt entweder die Europa-Idee abzuschreiben oder wirklich damit Ernst zu | |
machen, geht alle an. Macron jedenfalls möchte seinen „Traum“ teilen, damit | |
dieser ein Projekt wird. Die „Alternative“, der aggressive Nationalismus in | |
Form des Rechtspopulismus, trampelt bereits in die Realpolitik. | |
27 Sep 2017 | |
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[1] /Rede-des-franzoesischen-Praesidenten/!5448050 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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