# taz.de -- Kommentar Rohingya in Birma: Opfer ihrer Retter | |
> Nichts rechtfertigt die Vertreibung der Rohingya. Doch ihr Leid wird von | |
> Radikalen instrumentalisiert, um für die „islamistische Sache“ zu | |
> mobilisieren. | |
Bild: Kofi Annan wollte den birmesischen Rohingya mehr Rechte einräumen, um ei… | |
Dass Angehörige der Rohingya [1][zu den Waffen greifen], ist auf den ersten | |
Blick nachvollziehbar. Die in Westbirma lebende muslimische Ethnie führte | |
als Folge von Kolonialismus und Diktatur jahrzehntelang ein Leben in | |
systematischer Diskriminierung und und Rechtlosigkeit. Endlich nicht mehr | |
wehrlose Opfer sein, scheint nun das Motto einiger, die sich zu einer Miliz | |
zusammen geschlossen haben. | |
Trotzdem ist der bewaffnete Kampf der selbsternannten Arakan Rohingya | |
Salvation Army (Arsa) – lokal Harakah al-Yaqin oder Glaubensbewegung | |
genannt – eine große Dummheit und Mitursache von hundertausendfachem Leid | |
und Flüchtlingselend. | |
Denn die Überfälle der obskuren Arsa am 25. August auf birmesische | |
Polizeiposten lieferten Birmas Militär und seinen | |
buddhistisch-nationalistischen Handlangern den Vorwand, hunderttausende | |
Rohingya [2][gewaltsam nach Bangladesch zu treiben]. Die Arsa-Angriffe | |
lassen sich auch propagandistisch gut ausschlachten: Seht her, die Rohingya | |
sind nicht Opfer, sondern Terroristen. | |
Arsa hat den Kampf auf Kosten der Zivilbevölkerung aufgenommen. Besonders | |
perfide war das Timing der Angriffe, weil sie wenige Stunden nach der | |
Vorstellung eines Berichts einer Kommission unter Vorsitz des früheren | |
UN-Generalsekretärs Kofi Annan erfolgten. Dessen zentrale Forderung war, | |
den Rohingya mehr Rechte zu geben, auch um ihre Radikalisierung und eine | |
Eskalation des Konflikts zu verhindern. | |
Die Angriffe lieferten den kontraproduktiven Vorwand, die Empfehlungen der | |
Annan-Kommission zu ignorieren. Über diese spricht heute denn auch niemand | |
mehr. Stattdessen kam es zur Eskalation, jetzt droht eine Radikalisierung | |
einiger Rohingya. | |
Das Timing der Angriffe legt den Verdacht nahe, dass es in erster Linie gar | |
nicht um die Rohingya selbst geht, sondern um deren Instrumentalisierung | |
und womöglich um eine Mobilisierung für die „islamistische Sache“. | |
Natürlich rechtfertigt das nicht die Vertreibung der Rohingya aus Birma. | |
Aber sie sind jetzt leider auch Opfer ihrer selbsternannten Retter. | |
19 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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