Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bergpartei in Berlin: Irgendwann Anarchie
> Die Bergpartei stellt sich zur Wahl, will aber in kein Parlament rein.
> Was sie möchte: Zum Nachdenken anregen und das Parlament abschaffen.
Bild: Kein Geld und für Anarchie: Die Bergpartei stellt ihre Plakate selbst her
Die Bergpartei will nicht ins Parlament, sie will uns grundsätzlich zum
Nachdenken anregen. Auf ihren Plakaten steht: „Lasst euch nicht die Szene
putzen“, „Naturgesetze verschärfen“ oder „Mentalverschiebung gegen
Zentralverriegelung“. Die Berliner Bergpartei, die Überpartei (B*) hat
die am liebevollsten gestalteten Plakate von allen; Siebdruck, alles
Handarbeit.
Das ist nicht nur geschickte PR, sondern auch eine ökonomische
Entscheidung: „Wir genießen keine Parteifinanzierung, können auf keinen
Wahletat zurückgreifen“, sagt die Spitzenkandidatin Rhaffi Hadizadeh
Kharazi, „das nutzen wir so kreativ wie möglich.“
Gerade auf die pfiffigen Slogans will sie sich aber nicht reduzieren
lassen. „Für uns ist das kein Spaß, wir nehmen jede einzelne Forderung
ernst“, sagt die 43-Jährige. Die B* bezeichnet sich als ökoanarchistisches,
realdadaistisches Sammelbecken, „eigentlich wollen wir das Parlament
abschaffen“, sagt Kharazi.
Esoterisch, skurril, satirisch – die überwiegend aus Künstlern bestehende
Partei fühlt sich oft missverstanden. Ihr Ansatz: Kunst beschäftigt sich
mit den Menschen und der Gesellschaft. Kunst müsse also zwangsläufig
politisch sein, findet Rhaffi Hadizadeh Kharazi, „solange das Leben auf
diesem Planeten verbesserungswürdig ist“.
## Die missverstandene Partei
Ihr Einsatz gegen „Zentralverriegelung“, die sie nicht nur auf die
europäischen Grenzen, sondern den gesamtgesellschaftlichen Geisteszustand
bezieht, kommt aus der Familie. Kharazis Mutter hat den Vater, einen
Iraner, nur geheiratet, weil der sonst ausgewiesen worden wäre. „Die Hälfte
meines Lebens habe ich auf Demonstrationen verbracht“, sagt sie. Viel
rumgekommen sei dabei zwar nicht. „Was wäre, wenn wir nicht gegangen
wären“, will sie sich aber auch nicht ausmalen.
Eine ihrer zentralen Forderungen im aktuellen Wahlkampf ist daher auch das
Wahlrecht für alle, die hier leben. „Wir können ja alle nicht viel
mitentscheiden“, sagt Kharazi, „aber an den wenigen Sachen sollten dann
schon alle beteiligt sein, die hier die Gesellschaft bilden und Steuern
zahlen.“ Stolz ist man in der B* auch darauf, als Erste aller Parteien
schon 2005 ein bedingungsloses Grundeinkommen gefordert zu haben.
## Visionen stärken
Das wünscht sich Kharazi, die arbeitslose Musik- und Medienmanagerin, auch
persönlich besonders. Wenn sie spricht, ist echte Frustration
herauszuhören: „So viel Zeit geht drauf, weil ich mich vor dem Jobcenter
für die Zahnspange meiner Tochter rechtfertigen muss.“ Viel lieber würde
sie währenddessen den Menschen Mut zu Utopien machen. Kharazi sagt: „Wir
würden gern bewirken, dass die Menschen ihre eigenen Visionen nicht sofort
als undurchführbar abstempeln.“
21 Sep 2017
## AUTOREN
Thilo Adam
## TAGS
Auf verlorenem Posten
Kleinparteien
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Parteienfinanzierung
Dada
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zulassungen zur Bundestagswahl 2021: Daumen runter für die Pogo-Partei
Der Bundeswahlausschuss entscheidet, welche Parteien im Herbst antreten
dürfen. Die DKP scheitert an Formularen, die GRAL daran, dass sie wohl nur
vier Mitglieder hat.
Parteienfinanzierung sinkt: Deutlich weniger Großspenden
Spenden sind für die Parteien eine wichtige Einnahmequelle – besonders aus
der Industrie. Doch von der kam 2019 viel weniger Geld als sonst.
Debutalbum von Pastor Leumund: Dada ganz im Ernst
Nach 25 Jahren Subkultur hat der Realdadaist Pastor Leumund sein erstes
Album fertig. Es ist nichts weniger als die Platte zum Nerv der Zeit.
PARTEI wählen ist das Letzte: Elitär, bourgeois und amoralisch
Sie machen auf aufgeklärt, sind zynisch und wählen die PARTEI. Sie denken,
das sei Protest. Mit diesen Schnupsis ist kein Staat zu machen.
Wen wählen bei der Bundestagswahl?: Ganz im Ernst
SPD zu unsozial, Linke außenpolitisch indiskutabel, Grüne auch falsch.
Warum ein taz-Redakteur für die Satirepartei Die PARTEI stimmt.
Kleinparteien bei der Bundestagswahl: V hoch 3 buhlt um grüne Stimmen
Auch in diesem Jahr kämpfen wieder diverse Kleinparteien um Wählerstimmen.
Und nicht alle sind auf allen Wahlzetteln zu finden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.