# taz.de -- Zulassungen zur Bundestagswahl 2021: Daumen runter für die Pogo-Pa… | |
> Der Bundeswahlausschuss entscheidet, welche Parteien im Herbst antreten | |
> dürfen. Die DKP scheitert an Formularen, die GRAL daran, dass sie wohl | |
> nur vier Mitglieder hat. | |
Bild: Das Motto der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands | |
Berlin dpa | Bis zur Bundestagswahl sind es zwar noch elf Wochen hin – für | |
die DKP ist sie aber schon fast gelaufen. Denn die Deutsche Kommunistische | |
Partei – 1968 gegründet und damit fast schon „traditionsreich“ zu nennen… | |
hat kaum noch Chancen, daran teilnehmen zu können. Der Bundeswahlausschuss | |
verweigerte ihr am Donnerstag die Anerkennung als Partei, was die | |
Voraussetzung für die Wahlteilnahme wäre. | |
Zuzuschreiben hat sich die DKP dies selbst: Seit Jahren reicht die Partei | |
ihre Rechenschaftsberichte mit langer Verzögerung ein und missachtet die | |
gesetzlichen Vorgaben. „Fristen sind Fristen“, kommentierte | |
Bundeswahlleiter Georg Thiel. | |
Bis Freitag noch kämpft sich der Bundeswahlausschuss durch die Anmeldungen | |
von 87 kleineren Parteien und Gruppierungen zur [1][Bundestagswahl am 26. | |
September]. Das Gremium mit dem Bundeswahlleiter an der Spitze, dem unter | |
anderem auch zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichts angehören, muss | |
prüfen, ob die Bewerber die Kriterien des Parteiengesetzes erfüllen und als | |
Parteien anerkannt werden können. | |
Das Gesetz definiert Parteien als „Vereinigungen von Bürgern, die dauernd | |
oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die | |
politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes | |
im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen“. Voraussetzung: | |
Sie müssen „nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, | |
insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl | |
ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine | |
ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten“. | |
## „In erster Linie geht es um Inhalte.“ | |
Umfang und Festigkeit der Organisation – da kamen dem Ausschuss manchmal | |
doch erhebliche Zweifel. Etwa bei der Gruppierung GRAL (Ganzheitliches | |
Recht auf Leben). Deren Vorsitzender Gerhard Olinczuk versicherte zwar, | |
GRAL habe inzwischen ein paar mehr Mitglieder als die bislang bekannten | |
vier. | |
Trotzdem musste er sich von Ausschussmitglied Michael Brenner fragen | |
lassen: „Wie wollen Sie denn mit unter zehn Mitgliedern an der politischen | |
Willensbildung des Volkes mitwirken, wie es ja Artikel 21 des Grundgesetzes | |
vorsieht?“ Olinczuks Antwort: „In erster Linie geht es um Inhalte. Und dass | |
alles seine Zeit braucht. Es geht nicht um die Zahl der Mitglieder.“ Das | |
sah der Bundeswahlausschuss dann doch etwas anders und senkte den Daumen – | |
keine Anerkennung als Partei. | |
Dieses Prozedere bleibt etablierten Parteien erspart. Denn wer im Bundestag | |
oder in einem Landtag ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten | |
vertreten ist, kann seine Wahlvorschläge direkt bei den Landes- und | |
Kreiswahlleitungen einreichen. Das gilt diesmal für CDU, CSU, SPD, FDP, | |
Linke, Grüne, AfD, Freie Wähler und die Brandenburger Vereinigten | |
Bürgerbewegungen/Freie Wähler. | |
Für alle anderen gibt es nach der Anerkennung als Partei durch den | |
Bundeswahlausschuss eine weitere Hürde, um wirklich auf den Wahlzettel zu | |
kommen. Sie müssen genügend Unterstützer-Unterschriften vorlegen. | |
Allerdings gab es in diesem Punkt coronabedingt im Juni noch eine | |
Erleichterung: Die Mindestzahl wurde auf ein Viertel des bisherigen Wertes | |
gesenkt. Für Landeslisten sind es jetzt maximal 500, für | |
Kreiswahlvorschläge einheitlich 50 Unterschriften. | |
## Die Dänen dürfen antreten | |
Darüber muss sich freilich die APPD – die Anarchistische Pogo-Partei | |
Deutschlands – keine Gedanken mehr machen. Denn auch diese Gruppierung, die | |
mit dem Slogan „Arbeit ist Scheiße“ im Internet auftritt, erhielt keine | |
Zulassung. Der üppig im Gesicht gepiercte Vorsitzende Andreas Reiter fiel | |
aus allen Wolken, als ihm der Bundeswahlleiter mitteilte, dass die | |
Ankündigung, an der Wahl teilnehmen zu wollen, nur online eingetroffen sei. | |
Was nicht ausreicht. Er habe alles fristgerecht eingereicht, versicherte | |
Reiter in breitem bayerischen Akzent, um sich nach der Entscheidung motzig | |
zu verabschieden: „Und für den Scheiß hab' I jetzt nüchtern bleiben müsse… | |
Danke dafür.“ | |
Eine Chance bleibt der APPD noch, genauso wie der DKP: Gegen die | |
Entscheidungen des Bundeswahlausschusses können sie binnen vier Tagen | |
Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Der DKP-Vorsitzende | |
Patrik Köbele kündigte diesen Schritt umgehend an und erklärte: „Wir sind | |
sicher, dass dieser Versuch, uns kalt zu verbieten, scheitern wird.“ | |
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) bekommt indes die Chance, einen | |
Abgeordneten ins Parlament zu schicken. Der Bundeswahlausschuss ließ | |
[2][die Partei der Dänischen Minderheit in Schleswig Holstein] offiziell | |
zur Bundestagswahl zu. | |
Im Jahr 1949 schaffte mit Hermann Clausen der bislang einzige Abgeordnete | |
des SSW den Sprung in den Bundestag. Rund 70 Jahre später versucht es der | |
41-jährige Spitzenkandidat Stefan Seidler nun erneut für den SSW. Eine | |
Chance hat er, denn die Partei ist bei der Wahl von der Fünfprozenthürde | |
ausgenommen. Nach eigenen Angaben könnten dem SSW bereits 45.000 bis 50.000 | |
Zweitstimmen zum Einzug in den Bundestag reichen. | |
8 Jul 2021 | |
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