# taz.de -- Vermummungsverbot in Österreich: Gefahr gebannt | |
> Ab Oktober sind Burkas und andere Gesichtsverhüllungen in Österreichs | |
> Öffentlichkeit verboten. Die Tourismusbranche macht sich Sorgen. | |
Bild: Und die? Britische Urlauber bei einem Skiwettbewerb in Österreich (Archi… | |
WIEN taz | Am 1. Oktober tritt in Österreich das sogenannte Burkaverbot in | |
Kraft. Da es die in Afghanistan gebräuchliche Ganzkörperverhüllung dort | |
kaum gibt, wird das „Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des | |
Gesichts in der Öffentlichkeit (Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, AgesVG) | |
eher Frauen mit dem Gesichtsschleier Nikab betreffen – und noch so manch | |
anderen. Die Regelung ist Teil eines Integrationspakets, das außerdem den | |
verpflichtenden Besuch von Deutschkursen für Asylbewerber und Hindernisse | |
für Koranverteilungsaktionen enthält. Doch um einen Verstoß gegen die | |
verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit zu vermeiden, ist das | |
Gesetz in schönstem Juristendeutsch neutral formuliert: | |
„Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszü… | |
durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder | |
verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, begeht eine | |
Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 150 Euro zu | |
bestrafen.“ | |
Nun werden Kinder, die zu Halloween als Hexen oder Gespenster durch die | |
Straßen ziehen, wohl ebenso wenig mit Strafverfolgung zu rechnen haben, wie | |
die Narren am Faschingsdienstag. Aber was ist mit Menschen auf dem Weg zu | |
einem Maskenfest? Darf Ronald McDonald weiter auf der Straße für die | |
Kalorienbomben im Fast-Food-Lokal werben? Werden uns Horror-Clowns in | |
Zukunft erspart bleiben, weil sie damit rechnen müssen, angehalten und zur | |
Demaskierung aufgefordert zu werden? | |
Das neue Gesetz schließt in seinem Paragrafen 2, Absatz 2 die Anwendung | |
aus, wenn die Verhüllung „im Rahmen künstlerischer, kultureller oder | |
traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt | |
oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat“. So werden wohl der | |
Krampuslauf in Osttirol und das Tragen von Perchtenmasken bei lokalen | |
Festen weiterhin straffrei sein. Auch erlaubt wäre allerdings, so meinen | |
etwa die Spaßvögel der Kabarettsendung „Die Tagespresse“, dass ein Clown | |
chirurgische Eingriffe vornimmt. | |
Sicher ist, dass Motorradfahrer auch künftig einen Helm tragen müssen und | |
weder Schweißer noch das Personal auf der Seuchenstation auf ihre Masken | |
verzichten müssen. Anders Touristen, die sich vor Keimen schützen wollen: | |
Atemschutzmasken sollen nur mehr dann erlaubt sein, wenn Feinstaubalarm | |
ausgerufen wurde oder die betreffende Person ein ärztliches Zertifikat | |
vorweisen kann. | |
Schon ab dem kommenden Sonntag werden Polizistinnen und Polizisten die | |
heikle Aufgabe haben, Verschleierte anzuhalten. Der Polizeigewerkschafter | |
Hermann Greylinger klagte, man habe von der Umsetzung des Gesetzes erst aus | |
der Zeitung erfahren und nicht – wie üblich – schon vorab. So habe es keine | |
Möglichkeit gegeben, wichtige Details zu klären. „Die betroffene Person hat | |
die Gesichtsverschleierung auf Aufforderung vor Ort abzunehmen“, heißt es | |
in einer Begleitbroschüre. Weigert sie sich und lässt sie ihre Identität | |
nicht feststellen, „kann sie durch den Polizisten auf die Polizeistation | |
gebracht werden“. Und was dann? | |
Gegner des Gesetzes wenden zudem ein, dass betroffene Frauen wohl eher zu | |
Hause bleiben werden, als den Schleier abzulegen. Das würde weder den | |
Frauen noch den Zielen der Integration weiterhelfen. Die Tourismusbranche | |
fürchtet um die betuchten Gäste aus den Golfstaaten, die in den Wiener und | |
Salzburger Einkaufsstraßen ihre Petrodollars ausgeben oder in Zell am See | |
in den besten Häusern absteigen. | |
Sorgen um die Unrechtmäßigkeit des Gesetzes macht der österreichische | |
Gesetzgeber sich nicht: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte | |
urteilte 2014 bereits für Frankreich, das Tragen einer Burka stelle eine | |
Barriere dar, „die das Recht von anderen auf friedliches Zusammenleben in | |
einem sozialen Raum verletzt“. Ein Verbot derselben sei daher „auch im | |
Lichte der Religionsfreiheit verhältnismäßig“. | |
Anders sieht das der eigentlich säkular orientierte algerische | |
Immobilienmogul Rachid Nekkaz. Er kündigte an, im Namen der | |
Religionsfreiheit alle eventuell anfallenden Strafen für österreichische | |
Nikab-Trägerinnen zu übernehmen. Die Probe aufs Exempel steht auch schon | |
an: Eine Gruppe lädt für den 1. Oktober über Facebook zum | |
[1][„traditionellen Wiener Vermummungsfest“] ein – natürlich eine | |
„künstlerische, kulturelle und traditionelle Veranstaltung nach dem | |
Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz § 2. Abs 2“. | |
30 Sep 2017 | |
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[1] https://www.facebook.com/events/300769140330286/ | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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