Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verschleierungsverbot in Quebec: So, wie Trudeau es nicht will
> Kanadas Provinz Quebec verbietet Niqab und Burka im Staatsdienst. Auch
> nach über zwei Jahren kontroverser Debatte bleibt das Gesetz hoch
> umstritten.
Bild: Der liberale Premier der kanadischen Provinz Quebec will mehr vom Gesicht…
Vancouver taz | In Montreals Einwanderungsviertel Côte-des-Neiges reihen
sich Restaurants, Kulturzentren und Gotteshäuser von über 200 verschiedenen
migrantischen Gemeinschaften aneinander. In Taxen und Bussen trifft man
Menschen in Trachten und Kostümen aus aller Welt.
Doch schon bald könnte es auf den Straßen von Côte-des-Neiges wie auch der
gesamten Stadt weniger vielfältig zugehen. Denn das Parlament der
überwiegend frankokanadischen Provinz Quebec hat am Mittwoch mit 66 zu 51
Stimmen ein Gesetz beschlossen, das religiöse Gesichtsschleier aus dem
öffentlichen Dienst verbannen soll. Es ist das erste Gesetz dieser Art in
Nordamerika.
Danach dürfen Angestellte und Bürger keinen religiösen Gesichtsschleier
tragen, wenn sie staatliche Leistungen anbieten oder nutzen. Dies betrifft
zum Beispiel Lehrer, Ärzte oder Busfahrer – genauso aber auch Schüler,
Patienten oder Pendler, während sie öffentliche Dienste in Anspruch nehmen.
Das neue Gesetz nennt zwar keine spezifischen Gruppen oder Religionen. In
der Praxis ist es aber vor allem gegen Frauen gerichtet, die einen
muslimischen Gesichtsschleier wie einen Niqab oder eine Burka tragen.
„Wir leben in einer freien und demokratischen Gesellschaft,“ erklärte der
liberale Premierminister der Provinz Quebec, Philippe Couillard. „Ich
sollte daher dein Gesicht sehen können und du meines“, sagte er am Mittwoch
bei einer Debatte im Parlament in Quebec City.
## Warnung vor politischer Stimmungsmache
Auch nach über zwei Jahren kontroverser Debatte bleibt das Gesetz hoch
umstritten. Premierminister Justin Trudeau etwa gilt als Gegner der
Neuregelung. Denn in Kanada sind Multikulturalismus und Religionsfreiheit
in der Verfassung verankert, und das Land rühmt sich seiner liberalen
Einwanderungspolitik. Bis zu 300.000 Menschen kommen jedes Jahr legal ins
Land, gemessen an seiner Einwohnerzahl ist das eine der höchsten Quoten
weltweit.
Der Verband kanadischer Muslime verurteilte das Gesetz scharf und warnte
vor hässlicher politischer Stimmungsmache. Zugleich erinnerten deren
Vertreter an den blutigen Anschlag auf eine Moschee in Quebec City Anfang
des Jahres. Dort hatte ein frankokanadischer Nationalist im Januar wild um
sich geschossen und dabei sechs betende Muslime getötet und 19 zum Teil
schwer verletzt.
Es ist nicht der erste Versuch, den Gesichtsschleier zu verbieten. Die
ehemalige separatistische Regierung Quebecs wollte vor einigen Jahren alle
religiösen Symbole inklusive Schleier aus staatlichen Einrichtungen
verbannen, wurde aber vorher abgewählt. Der ehemalige konservative Premier
Kanadas, Stephen Harper, wollte den Schleier von Einbürgerungszeremonien
fernhalten, wurde aber von den Gerichten zurückgepfiffen.
Bürgerrechtsgruppen wollen auch das neue Gesetz vor Gericht stoppen – mit
guten Aussichten auf Erfolg. In den sozialen Netzwerken protestieren viele
Kanadier derweil landestypisch: Sie vermummen ihr Gesicht mit Wollmützen
und Schals.
19 Oct 2017
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Burka-Verbot
Quebec
Kanada
Justin Trudeau
Niqab
Islam
Burka-Verbot
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Burka-Verbot
Burka-Verbot
Burka
Österreich
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kieler Studentin über Nikabverbot: „Ich ziehe bis vors Verfassungsgericht“
Wegen Katharina K. hat die Uni Kiel ein Nikabverbot erlassen. Nun äußert
sich die betroffene Studentin zum Entschluss der Hochschule.
„Burka-Verbot“ in Dänemark: Frauen müssen Gesicht zeigen
Das dänische Parlament hat ein Verschleierungsverbot beschlossen.
Ausgenommen sind Bedeckungen, die einem „anerkennenswerten Zweck“ dienen.
Diskriminierung von LGBTQ in Kanada: Trudeau entschuldigt sich
Nach dem 2. Weltkrieg wurden viele wegen ihrer sexuellen Orientierung aus
dem Staatsdienst entlassen. Premierminister Trudeau bedauert das.
Österreich und die Burka: Mummenschanz und Haifischmann
Seit dem 1. Oktober ist das Verhüllen in der Öffentlichkeit in Österreich
verboten. Ein Geschäftsmann will die Strafen für die Frauen zahlen.
Ganzkörperverschleierung in Dänemark: Konsens in Sachen Burkaverbot
Im dänischen Parlament gibt es eine Mehrheit für den Gesetzesvorstoß der
Rechtspopulisten. Als Vorbild gilt das österreiche Verschleierungsverbot.
Nach österreichischem Vorbild: CSU fordert Burka-Verbot
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will Vollverschleierung in Deutschland
verbieten. Das Verbot solle am besten auf ganz Europa ausgeweitet werden.
Vermummungsverbot in Österreich: Gefahr gebannt
Ab Oktober sind Burkas und andere Gesichtsverhüllungen in Österreichs
Öffentlichkeit verboten. Die Tourismusbranche macht sich Sorgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.